Sofern man sich nicht eingehend für US-Politikgeschichte interessiert, dürften einem die so genannten „Pentagon Papers“ nur wenig oder gar nichts sagen. Es handelte sich um eine umfangreiche Dokumentation über Beginn und Ausweitung des Vietnamkriegs, die der damaligen US-Verteidigungsminister Robert McNamara 1967 in Auftrag gegeben hatte.
Info
Die Verlegerin
Regie: Steven Spielberg,
117 Min., USA/ Großbritannien 2017;
mit: Meryl Streep, Tom Hanks, Sarah Paulson
Pressefreiheit sticht Sicherheit
Die Administration des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon wollte die Veröffentlichung dieser brisanten Informationen sofort durch ein Bundesgericht verbieten lassen, was ihr bei der „New York Times“ zunächst gelang. Als jedoch wenige Tage später die „Washington Post“ ebenfalls Auszüge der Studie veröffentlichte, kam der Fall vor den Obersten Gerichtshof der USA. Dort gewichteten die Richter mit 6 zu 3 Stimmen die Pressefreiheit höher als die nationalen Sicherheits-Interessen, auf die sich die Regierung berufen hatte.
Offizieller Filmtrailer
Ins liberale Establishment verstrickt
Die Frage nach Bedeutung und Reichweite der Pressefreiheit steht im Mittelpunkt von Steven Spielbergs jüngstem Film. Darin schildert der Regisseur die Vorgeschichte der Veröffentlichung der „Pentagon Papers“ aus Sicht der Verantwortlichen bei der Hauptstadt-Zeitung; so heißt der Film im Original auch lapidar „The Post“. Gegen den gegenwärtigen Aufstieg von Autokraten und ihren Anhängern, die einerseits überall „Lügenpresse“ wittern und andererseits ihre eigenen Desinformationen als „alternative Fakten“ verkaufen, tritt Spielberg geschickt für unabhängigen Journalismus als eine Grundsäule der Demokratie ein.
Sein Film konfrontiert nicht einfach liberale Journalisten mit einer zynischen Regierung. Stattdessen erzählt er, wie sich „Post“-Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) und seine Verlegerin Katharine Graham (Meryl Streep) erst einmal selbst aus den recht engen sozialen Banden befreien müssen, die sie mit den liberaleren Kreisen der US-Politik verbinden. Schließlich wird die Publikation der Geheimdokumente die Demokraten und Republikaner gleichermaßen blamieren – gelogen haben sie alle.
Bedächtige Streep vs. Draufgänger Hanks
Dazu müssen viele Hintergrund-Informationen recht lang und breit erklärt werden, weshalb der Film zu Beginn etwas schwer in Gang kommt. Dann gewinnt er jedoch deutlich an Fahrt, sobald er das Stadium der tatsächlichen journalistischen Arbeit und ihrer möglichen Konsequenzen erreicht.
Hintergrund
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Kein Recht auf eigene Fakten
Am Ende ging alles gut aus: Nach Veröffentlichung der „Pentagon Papers“ florierte die „Washington Post“ wirtschaftlich. Wenig später wurde das Blatt mit der Aufdeckung des Watergate-Affäre, die 1974 zu Nixons Rücktritt führte, zum Synonym für investigativen Journalismus. Ein Klassiker wie Alan J. Pakulas berühmtes Watergate-Drama „Die Unbestechlichen“ („All the President’s Men“) von 1976 wird Spielbergs ungleich zahmerer Film allerdings kaum werden.
Was auch an seinem Hang zum Pathos liegen dürfte, den der erfolgreichste Regisseur der Welt in seinen Filmen nie so ganz unterdrücken kann. Doch „Die Verlegerin“ ist zugleich unterhaltsames, geschickt gemachtes Hollywood-Starkino, das sich für etwas einsetzt, das heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Wie sagte Tom Hanks kürzlich in einem Interview so schön: „Natürlich haben die Leute ein Recht auf ihre eigene Meinung, aber nicht auf ihre eigenen Fakten.“