Meryl Streep

Die Verlegerin

Katharine Graham (Meryl Streep), Verlegerin der "Washington Post", muss eine schwierige Entscheidung treffen. Fotoquelle: Universal Pictures International Germany
(Kinostart: 21.2.) Eine Powerfrau trotzt dem Weißen Haus: 1971 veröffentlichte die Chefin der "Washington Post" Geheimdokumente zu Lügen der US-Regierungen im Vietnam-Krieg. An diese journalistische Sternstunde erinnert Regisseur Spielberg mit einem Star-Duo.

Sofern man sich nicht eingehend für US-Politikgeschichte interessiert, dürften einem die so genannten „Pentagon Papers“ nur wenig oder gar nichts sagen. Es handelte sich um eine umfangreiche Dokumentation über Beginn und Ausweitung des Vietnamkriegs, die der damaligen US-Verteidigungsminister Robert McNamara 1967 in Auftrag gegeben hatte.

 

Info

 

Die Verlegerin

 

Regie: Steven Spielberg,

117 Min., USA/ Großbritannien 2017;

mit: Meryl Streep, Tom Hanks, Sarah Paulson

 

Website zum Film

 

Als die geheime Studie 1971 in Auszügen von der „New York Times“ und der „Washington Post“ veröffentlicht wurde, war sie ein ganz heißes Eisen. Sie belegte, dass mehrere US-Regierungen ihre Bürger schamlos belogen hatten: sowohl über die Gründe, warum sich die USA in Indochina einmischten, als auch über die geringen Aussichten auf Erfolge in dem sich permanent ausweitenden Konflikt.

 

Pressefreiheit sticht Sicherheit

 

Die Administration des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon wollte die Veröffentlichung dieser brisanten Informationen sofort durch ein Bundesgericht verbieten lassen, was ihr bei der „New York Times“ zunächst gelang. Als jedoch wenige Tage später die „Washington Post“ ebenfalls Auszüge der Studie veröffentlichte, kam der Fall vor den Obersten Gerichtshof der USA. Dort gewichteten die Richter mit 6 zu 3 Stimmen die Pressefreiheit höher als die nationalen Sicherheits-Interessen, auf die sich die Regierung berufen hatte.

Offizieller Filmtrailer


 

Ins liberale Establishment verstrickt

 

Die Frage nach Bedeutung und Reichweite der Pressefreiheit steht im Mittelpunkt von Steven Spielbergs jüngstem Film. Darin schildert der Regisseur die Vorgeschichte der Veröffentlichung der „Pentagon Papers“ aus Sicht der Verantwortlichen bei der Hauptstadt-Zeitung; so heißt der Film im Original auch lapidar „The Post“. Gegen den gegenwärtigen Aufstieg von Autokraten und ihren Anhängern, die einerseits überall „Lügenpresse“ wittern und andererseits ihre eigenen Desinformationen als „alternative Fakten“ verkaufen, tritt Spielberg geschickt für unabhängigen Journalismus als eine Grundsäule der Demokratie ein.

 

Sein Film konfrontiert nicht einfach liberale Journalisten mit einer zynischen Regierung. Stattdessen erzählt er, wie sich „Post“-Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) und seine Verlegerin Katharine Graham (Meryl Streep) erst einmal selbst aus den recht engen sozialen Banden befreien müssen, die sie mit den liberaleren Kreisen der US-Politik verbinden. Schließlich wird die Publikation der Geheimdokumente die Demokraten und Republikaner gleichermaßen blamieren – gelogen haben sie alle.

 

Bedächtige Streep vs. Draufgänger Hanks

 

Dazu müssen viele Hintergrund-Informationen recht lang und breit erklärt werden, weshalb der Film zu Beginn etwas schwer in Gang kommt. Dann gewinnt er jedoch deutlich an Fahrt, sobald er das Stadium der tatsächlichen journalistischen Arbeit und ihrer möglichen Konsequenzen erreicht.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Spotlight" - brillanter Medien-Thriller von Tom McCarthy, Oscar: bester Film 2016

 

und hier eine Besprechung des Films "Der Moment der Wahrheit - Truth" - Polit- und Medien-Thriller um gefeuerten TV-Moderator von James Vanderbilt mit Cate Blanchett + Robert Redford

 

und hier einen Beitrag über den Film "Bridge of Spies - Die Unterhändler" – authentischer Agenten-Thriller im geteilten Berlin von Steven Spielberg mit Tom Hanks

 

und hier einen Beitrag über den Film "Die eiserne Lady"  - Biopic über Margaret Thatcher  von Phyllida Lloyd mit Meryl Streep.

 

Dabei sorgen die unterschiedlichen Charaktere der Hauptfiguren für Spannung: Graham, damals die einzige Verlegerin in der Medien-Männerwelt, agiert eher bedächtig und zurückhaltend – neben ihrer persönlichen Freiheit steht auch die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens auf dem Spiel. Dagegen sieht Bradlee die Sache sportiver und draufgängerischer: Neben seinen journalistischen Idealen, denen er sich verpflichtet fühlt, will er auch in der harten Konkurrenz mit der „New York Times“ bestehen.

 

Kein Recht auf eigene Fakten

 

Am Ende ging alles gut aus: Nach Veröffentlichung der „Pentagon Papers“ florierte die „Washington Post“ wirtschaftlich. Wenig später wurde das Blatt mit der Aufdeckung des Watergate-Affäre, die 1974 zu Nixons Rücktritt führte, zum Synonym für investigativen Journalismus. Ein Klassiker wie Alan J. Pakulas berühmtes Watergate-Drama „Die Unbestechlichen“ („All the President’s Men“) von 1976 wird Spielbergs ungleich zahmerer Film allerdings kaum werden.

 

Was auch an seinem Hang zum Pathos liegen dürfte, den der erfolgreichste Regisseur der Welt in seinen Filmen nie so ganz unterdrücken kann. Doch „Die Verlegerin“ ist zugleich unterhaltsames, geschickt gemachtes Hollywood-Starkino, das sich für etwas einsetzt, das heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Wie sagte Tom Hanks kürzlich in einem Interview so schön: „Natürlich haben die Leute ein Recht auf ihre eigene Meinung, aber nicht auf ihre eigenen Fakten.“