
Nachdem ein schwerer Sturz ihre olympische Ski-Karriere beendet hat, verschlägt es die amerikanische Jura-Studentin Molly Bloom (Jessica Chastain) nach Los Angeles, wo sie lernt, gegen üppige Trinkgelder Pokerrunden zu organisieren. Bald macht sie sich von ihrem ersten Arbeitgeber unabhängig und wird selbst zur Chefin eines lukrativen Untergrund-Unternehmens, das von der Spielsucht reicher Männer lebt. So lebt sie eine Weile in Saus und Braus auf Kosten von Filmstars und Investmentbankern.
Info
Molly’s Game –
Alles auf eine Karte
Regie: Aaron Sorkin,
140 Min., USA/ Kanada/ China 2017;
mit: Jessica Chastain, Idris Elba, Michael Cera
Eine von vielen Geschichten
Das kommt keineswegs dröge daher, weil der Film trotz aller Sprünge zwischen unterschiedlichen Zeitebenen flott und klar geschnitten ist. Jessica Chastain und Idris Elba geben ihren Protagonisten und Wortgefechten eine selbstironische Nonchalance, die zwar kaum glaubhaft ist, aber die Zuschauer bei der Stange hält. Auch mit dem mehrfachen Rückgriff auf ein Buch, das Molly Bloom über ihren Fall geschrieben hat; Anwalt Jaffey liest es widerwillig durch. Es erinnert daran, dass es mehrere Versionen dieser Geschichte gibt, die möglicherweise auch ganz anders abgelaufen sein könnte. Molly hat im Buch pikante Details ausgelassen.
Offizieller Filmtrailer
Punchline-Feuerwerk
Drehbuchautor Aaron Sorkin nimmt sich in seiner ersten Regiearbeit und alle Freiheiten, die in Rückblenden nachgestellten Poker-Abende und die Begegnungen von Anwalt und Klienten so zu schildern, wie er sich solche Situationen gerne ausmalt: als superschnelles, blitzgescheites Austauschen von Informationen, Verbalattacken und oberschlauen Witzen. Natürlich reden normale Menschen so nicht miteinander – aber solche an screwball comedies geschulten Dialoge verlockend zu verdichten, ist Sorkins Spezialität.
Das erinnert daran, wie er im Drehbuch von „The West Wing“, einer fiktiven TV-Serie über den US-Präsidenten, die Figuren zwischen Politischem, Persönlichem und reiner Klugscheißerei hin- und herzappen ließt. Oder wie er im brillanten Biopic über den Apple-Gründer „Steve Jobs“ (2015) die Innenwelt eines passiv-aggressiven Grüblers zeichnete. Bei „Molly’s Game“ trifft Debattierclub auf battle rap; die entscheidende Pointe wird im Amerikanischen nicht umsonst punchline genannt wird.
Zwischen Kanzlei und Pokertisch
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Steve Jobs" - Biopic über den "Apple"-Mitgründer von Danny Boyle nach einem Drehbuch von Aaron Sorkin
und hier eine Besprechung des Films "Die Erfindung der Wahrheit – Miss Sloane" - brillantes Porträt einer Polit-Lobbyistin von John Madden mit Jessica Chastain
und hier einen Bericht über den Film "Joy - Alles außer gewöhnlich" - Biopic einer US-Haushaltsgeräte-Königin von David O. Russell mit Jennifer Lawrence
und hier einen Beitrag über den Film "Mandela - Der lange Weg zur Freiheit" - episches Biopic über Nelson Mandela von Justin Chadwick mit Idris Elba.
Als Regisseur findet Sorkin in seinem Debüt für die Umsetzung dieses verbalen Dauerfeuers die passenden Bilder. Auch wenn er und Kamerafrau Charlotte Bruus Christensen dabei auch nur mit Thriller-Wasser kochen, gelingt es ihnen, zwei stark im Genrefilm verankerte Spielfelder – den Pokertisch und die Anwaltskanzlei – zur unterhaltsamen Arena für die Darsteller zusammenzuführen.
Weibliche Integrität siegt
Vor allem für Jessica Chastain, die in 90 Prozent aller Szenen zu sehen ist und dafür gefühlt 90 Kostüme auf den Leib geschneidert bekam, sowie für Idris Elba, der den rechtschaffenen Anwalt mit lässiger Gravitas gibt. Wer hätte ihn nicht gern auf seiner Seite? Auch die schrägen Charaktere in den Nebenrollen sind gut besetzt. Nur fördert der Film wenig neue Erkenntnisse zutage: Poker, ein Spiel, das so US-amerikanisch ist wie Baseball und Blues, bringt nicht gerade das Beste im Menschen zum Vorschein.
Und: Das amerikanische Rechtssystem ist erstaunlich flexibel. Schlusspointe des Films ist, dass Molly Bloom sich in dieser ziemlich verkommenen Männerwelt einen Rest Integrität bewahrt hat: Auf einen strafmildernden Deal mit dem Gericht lässt sie sich nicht ein. Die Computer-Festplatten, die etliche ihrer Kunden sehr kompromittiert hätten, bleiben bei ihr. Das reicht für ein Happy-End.