
Es sind Sommerferien in Florida unweit von Disneyland. Doch die sechsjährige Moonee (Brooklynn Kimberly Prince) und ihre Freunde werden keinen Fuß in den Freizeitpark setzen: Er ist für sie so unerrreichbar wie der Mond. Moonee kümmert das aber nicht. Abenteuer gibt es auch so genug zu erleben, zumal ihre junge Mutter Halley (Bria Vinaite) sie den ganzen Tag allein umherstreifen lässt.
Also drehen Moonee und ihre kleinen Freunde Scooty und Jancey schon mal dem Motel, in dem sie leben, den Strom ab, spielen mit Feuer in verlassenen Häusern oder stauben irgendwo ein Eis ab. Auf Vorhaltungen der Nachbarn oder des Motelmanagers Bobby (Willem Dafoe) wegen der Streiche ihrer Tochter reagiert Mutter Halley tiefenentspannt.
Teenie-Mutter als große Schwester
Info
The Florida Project
Regie: Sean Baker,
115 Min., USA 2017;
mit: Willem Dafoe, Brooklynn Prince, Bria Vinaite
Ein derart eigenwilliges, höchst charmantes Mutter-Tochter-Gespann jenseits aller Schubladen, wie es Regisseur Sean Baker in „The Florida Project“ vorführt, taucht im Kino selten auf. Angesiedelt ist der Film in der Welt der Billig-Motels, die für viele US-Amerikaner die letzte Station vor der Obdachlosigkeit sind. Offenbar ist es für sie leichter, rund 40 Dollar pro Nacht für ein einfaches Zimmer mit Bad und Kochnische zu zahlen, als die Monatsmiete für eine Wohnung aufzubringen − obwohl die insgesamt auch kaum mehr kosten dürfte. Diesem prekären Dasein entkommen nur wenige Motelbewohner.
Offizieller Filmtrailer OV
Arm, aber keine loser
Regisseur Baker, dessen Film mehr einer Alltagsbeobachtung ähnelt, erkundet dieses Milieu an realen Schauplätzen. Bis auf Willem Dafoe sind alle Darsteller Laien, die mehr oder weniger sich selbst verkörpern. Das macht „The Florida Project“ höchst authentisch. Die porträtierten Leute sind keine bedauernswerte Loser, sondern selbstbewusste, kämpfende Menschen. Da der Film aus der Perspektive der Kinder erzählt wird, bekommt die Realität einen märchenhaften Touch.
Hintergrund
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Faszinierende Lebenswelt
Newcomerin Bria Vinaite als Halley, die vom Regisseur durch ihr flippiges „Instagram“-Profil entdeckt wurde, besteht problemlos gegen dem brillanten und erfahrenen Schauspieler Willem Dafoe. Als Bobby mimt er den guten Geist des Hauses. Er ist eine Art Vaterfigur für all die vaterlosen Kinder des Motels; trotzdem muss er von den Gästen − insbesondere von Halley − einiges einstecken.
Neben den Darstellern spielen Setting und Architektur im Film eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Diese Unorte im Nirgendwo am Rande des Highways sind so hässlich, dass sie fast schon wieder pittoresk wirken. Ob das „Magic Castle Motel“ in schrillem Lila, in dem Halley und Moonee leben, der Geschenkeladen mit einer riesigen Zauberer-Figur auf dem Dach oder das Geschäft in Form einer halben Orange: Die Kamera verleiht ihnen eine ganz eigentümliche Alltagspoesie. Damit bietet „The Florida Project“, was Kino im besten Fall vermag: eine andere, faszinierende Lebenswelt zu zeigen.