1981 hält sich Romy Schneider (Marie Bäumer) zur Entwöhnungskur in einem mondänen bretonischen Kurhotel auf. Sie soll vor allem von Alkohol- und Medikamenten-Missbrauch wegkommen. Doch die Schauspielerin hat ihre Schlaftabletten im Gepäck, und Wein ist im Städtchen Quiberon zu haben. Als ihre beste Freundin Hilde (Birgit Minichmayr) zu einem Besuch eintrifft, findet sie Romy im Tiefschlaf vor. Dabei steht weiterer Besuch an: Ein Journalist und ein Fotograf vom „Stern“-Magazin warten schon in der Lobby. Romy hat ein Interview zugesagt. Hilde ist entsetzt: Es ist doch gerade die Presse, die ihrer prominenten Freundin seelisch so sehr zusetzt.
Info
3 Tage in Quiberon
Regie: Emily Atef;
115 Min., Deutschland 2018;
mit: Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek
Die Nerven liegen blank
Schon am ersten Abend landet das Quartett in der Kneipe und feiert mit lokalen Romy-Schneider-Fans. Der Wein fließt, der französische Schauspieler Denis Lavant hat einen Gastauftritt, und man erfährt mehr über die Herren vom „Stern“: Fotograf Robert Lebeck (Charly Hübner) kennt und mag die Schneider von früher; Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) gefällt sich als provokantes Arschloch. Das Interview findet in der Katerstimmung des nächsten Tages statt und wird, befeuert von noch mehr im Wein, zur irritierenden Selbstentblößung der Schauspielerin. Ihre Nerven liegen blank, weil sie vergeblich versucht, aus der Ferne mit ihrem 14-jährigen Sohn David zu kommunizieren. Von Erholung am Meer keine Spur.
Offizieller Filmtrailer
Keine Kontroverse
Nach dem Interview plätschert der Schwarzweiß-Film recht orientierungslos seinem Ende entgegen. Hilde will abreisen, tut es aber nicht. Stattdessen diniert sie gegen ihren erklärten Willen mit Michael Jürgs. Fotograf Lebeck verbringt die Nacht mit seiner alten Bekannten und macht in den Dünen Fotos, die später berühmt werden sollten. Romy Schneider verknackst sich den Fuß. Alle reisen ab, doch wegen des Unfalls wird ein Filmdreh verschoben. So hat Romy noch ein paar Tage Erholung rausgeboxt. Beim Abspann steht die Frage bleischwer im Raum: Was zur Hölle sollte das eben?
Die Quellen für dieses unentschlossene Künstlerporträt von Regisseurin Emily Atef sind Lebecks Fotografien und das flankierende Interview mit Jürgs; es aber wurde von Romy Schneider autorisiert. Eine wirkliche Kontroverse findet also nicht statt. Die Figuren im Film verharren in einem Zustand von Übergriffigkeit und Komplizenschaft; sie gehen dem Betrachter schon nach kurzer Zeit auf die Nerven.
Alles dreht sich nur um Romy
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Life" - gelungenes Biopic über den Schauspieler James Dean + seinen Fotografen Dennis Stock von Anton Corbijn
und hier einen Bericht über den Film "Don't blink - Robert Frank" – Dokumentation über den Fotografen von Laura Israel
und hier eine Besprechung des Films "Die Wolken von Sils Maria" – Film-Reflexion über das Drama des Lebens einer Schauspielerin mit Juliette Binoche von Olivier Assayas
und hier einen Beitrag über den Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" – fantasievolle Komödie über einen Foto-Archivar des "Life Magazine" von + mit Ben Stiller.
Ihre zu dramaturgischen Zwecken erfundene Freundin Hilde hat keinen eigenen Willen; sie ist allein Romy zu Diensten, aber darin nicht besonders erfolgreich. Die Männer sind noch schlimmer. Lebeck wackelt Schneider in masochistischer Zuneigung hinterher. Sein Lächeln soll Wärme signalisieren, wirkt aber nach einer Weile angestrengt. Von einer Entwicklung des eher sadistischen Jürgs kann gar keine Rede sein; sie darzustellen wurde dem Schauspieler Robert Gwisdek offenbar nicht aufgebürdet.
Verheddert im Personenkult
„3 Tage in Quiberon“ verheddert sich in Personenkult, hübscher Ausstattung und redundantem Gerede. Vor allem gibt der Film den Zuschauern kaum etwas, für das es sich zu interessieren lohnt. Am Ende bleibt das unbefriedigende Gefühl, dass Lebeck und Jürgs damals mit ihrem „Stern“-Interview samt Fotostrecke schon alles gesagt haben.