Früher war mehr Zukunft: Als „2001: Odyssee im Weltraum“ 1968 ins Kino kam, näherte sich das Interesse der Menschheit am All seinem Zenith; den erreichte es im Juli 1969 mit der ersten Mondlandung. In Ost und West war Technik-Begeisterung ähnlich stark verbreitet und literarische Science-Fiction ein sehr populäres Genre. Seriöse Wissenschaftler spekulierten ebenso über die mögliche Auswanderung ins Weltall wie der LSD-Prophet Timothy Leary.
Info
Kubricks 2001 - 50 Jahre "A Space Odyssey"
21.03.2018 - 23.09.2018
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr,
mittwochs bis 20 Uhr
im Deutschen Filmmuseum, Schaumainkai 41, Frankfurt am Main
„Bester Science-Fiction aller Zeiten“
Da lohnt ein Blick zurück: auf denjenigen Film, der ihr ambivalentes Verhältnis zum Weltraum in zeitlos überwältigende Bilder gefasst hat. Zugleich verwob „2001“ die ersten und letzten Fragen des Homo Sapiens ans Universum zu einer Fabel, die so geradlinig abläuft und dabei vieldeutig schillert wie alle großen Menschheits-Epen – etwa Homers Odyssee. Deshalb kürte das „American Film Institute“ 2008 das Meisterwerk von Stanley Kubrick (1928-1999) zum „besten Science-Fiction-Film aller Zeiten“.
Impressionen der Ausstellung
Rundgang nicht ganz von dieser Welt
Wie berechtigt diese Auszeichnung ist, führt das Deutsche Filmmuseum in seiner Jubiläums-Schau eindrucksvoll vor. Ausstellungen über Filme sind schwierig, fast unmöglich: Starre Exponate und Vitrinen voller Flachware können kaum die synästhetische Faszination des Kinos vermitteln. Doch dieser Würdigung gelingt es, mit einer ausgetüftelten Inszenierung annähernd die einzigartige Atmosphäre von „2001“ heraufzubeschwören. Indem der Saal in zwei halbrunde Zonen unterteilt wird: in den „Inner Space“, der in Rot und Weiß gehalten ist, und den nachtblauen „Outer Space“ – für einen Rundgang nicht ganz von dieser Welt.
Kubricks konzipierte seine Weltraum-Oper als Panoptikum der Gegensätze: Urzeit-Affen, die Knochen als Waffe benutzen lernen, gegen Reisen ins All um die Jahrtausendwende. Erratisch makellose Monolithen als Indizien höherer Intelligenz gegen irdische Technik mit Fehlern und Schwächen. Unterkühlt perfekte Aufnahmen von Raketen und Planeten gegen Pathos und Schmelz der Melodien von Richard und Johann Strauss. Und das Duell zwischen Astronaut Dave Bowman und dem Supercomputer HAL 9000: Es ist vor allem dieser Kampf Mensch gegen Maschine, der „2001“ so visionär macht – längst hat er auf die Wirklichkeit übergegriffen.
Raumschiff-Zentrifuge als Hamsterrad
Wobei in der kollektiven Erinnerung eher der unnachahmliche Look des Films haften blieb: ausgefeiltes Design, elegante Kostüme und bis dato nie gesehene Effekte. Sie werden in der Schau anschaulich erklärt. Als kreisrundes Raumschiff „Discovery“ ließ Kubrick ein zwölf Meter hohes Riesenrad bauen; in dem 30 Tonnen schweren Koloss waren überall Kameras angebracht. Durch langsame Rotation dieser „Zentrifuge“ entstand Schwerkraft – wenn Astronaut Frank Poole darin joggte, lief er auf der Stelle wie in einem Hamsterrad.
Für die Gestaltung der Weltall-Ansichten und anderen fünf Raumtransporter beschäftigte der Regisseur Experten, die zuvor für die NASA gearbeitet hatten. Die Elektronik stammte von IBM und Honeywell; die Insassen fotografierten mit Nikon-Kameras, kommunizierten mit Bell-Bildtelefonen, lasen die „New York Times“ als E-Paper und schrieben mit Parker-Stiften. Solche Utensilien wurden von namhaften Herstellern entwickelt; durch ihr product placement wirkte die Ausstattung unheimlich vertraut und gleichzeitig zukunftsweisend.
Irrwitzig psychedelischer Farbenrausch
Wie revolutionär das war, wird im Vergleich deutlich: Zuvor sahen die meisten SciFi-Filme wie Guckkasten-Theater mit Märchen-Kulissen aus. Mehr als die Hälfte des für damalige Verhältnisse horrenden Budgets von über zehn Millionen US-Dollar gab Kubrick für Spezial- und Trickeffekte aus, die rund 200 Einstellungen und damit den halben Film prägen – eine völlige Neuheit.
Hintergrund
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Subjektive Intensiv-Erfahrung wie Musik
Als eines von nicht übermäßig vielen Original-Requisiten: Die meisten ließ der control freak Kubrick nach den Dreharbeiten zerstören, um unautorisierte Fortsetzungs-Filme zu verhindern. Doch das tut der Schau eher gut. Anstelle einer Memorabilia-Materialschlacht konzentriert sie sich auf den „2001“-Ideenkosmos – und zeigt dafür auch, was nicht im Film verwendet wurde. Etwa Skizzen von Außerirdischen „in einer Form, die an nichts erinnert; in einer Farbe, die nicht existiert“ – das wünschte sich Kubrick, bis er von seinem unmöglichen Ansinnen abließ.
Gerade dieser Verzicht machte seinen Film formvollendet: Im Kontrast zwischen einem bis zum Äußersten vorangetriebenen Naturalismus der Darstellung und einem nebulösen Erkenntnissuche-Plot, die der Regisseur und sein Drehbuch-Koautor Arthur C. Clarke als vage Allegorie auflösten.
„Ich wollte mit dem Film eine intensiv subjektive Erfahrung schaffen, die den Zuschauer auf einer inneren Bewusstseinsebene erreicht, genauso wie Musik; eine Symphonie von Beethoven zu ‚erklären‘, würde sie entzaubern“, sagte Kubrick im Interview. Dazu kreierte er visuelle Sphären-Musik – als „ultimativen Trip“ bewarb der Verleih MGM seinen Kassenschlager. Wie bewusstseinserweiternd er immer noch wirkt, führt das Filmmuseum glänzend vor.