
Männer mittleren Alters, die ihre Durchschnittskörper in Badehosen zwängen, besitzen an sich schon tragikomisches Potenzial. An Skurrilität kaum zu überbieten ist es, wenn diese Männer dann auch noch Schwimmbrillen und Nasenklammern anlegen, um im Wasser graziöse Figuren im Stile der Hollywood-Nixe Esther Williams (1921-2013) aufzuführen.
Info
Swimming with Men
Regie: Oliver Parker
94 Min., Großbritannien 2018;
mit: Rob Brydon, Jim Carter, Rupert Graves,
Protest gegen sinnloses Leben
„Swimming with Men“ steht ganz in der großen Tradition britischer Komödien wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ (1994) oder „Ganz oder gar nicht“ (1997): mit lebensnahen Figuren, staubtrockenem Humor, pointierten Dialogen, ausgefeilter Situationskomik und einem Schuss Tragik. Immerhin haben alle Herren an etwas zu knabbern – sei es am Verlust der Ehefrau, ihres Selbstwertgefühls oder ihrer Illusionen im Allgemeinen. Ihr Schwimmclub sei „ein Protest gegen die Sinnlosigkeit des Lebens, gegen das, was aus uns geworden ist“, verkünden sie.
Offizieller Filmtrailer
Gegen die Routine des Lebens
Auch Eric hat zu kämpfen. Seinen Buchhalterjob in der Londoner City erfüllt der farblose Anzugträger zwar pedantisch, aber ohne innere Überzeugung. Zahlen und Routinen bestimmen sein Leben. Dass seine Ehefrau Heather (Jane Horrocks) in den Gemeinderat gewählt wurde und ganz begeistert von ihrem neuen Amt ist, erfüllt Eric vor allem mit Misstrauen.
Er wittert eine Affäre von Heather mit ihrem attraktiven Chef (Nathaniel Parker). Auch sein pubertierender Sohn wird ihm zusehends fremd. Als das von der Midlife-Crisis gebeutelte Team schließlich an der inoffiziellen Weltmeisterschaft der Synchronschwimmer in Mailand teilnehmen will, vernachlässigt Eric seinen Job, und die Situation mit seiner Familie läuft völlig aus dem Ruder.
Eigentlich eine Frauen-Domäne
Männliche Synchronschwimmer sind wohl noch exotischer als weibliche Gewichtheberinnen. Dabei wurde der Sport in seinen Anfängen gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunächst ausschließlich von Männern ausgeübt – wie die meisten Sportarten. Schnell jedoch eroberten die Frauen diese Domäne. Bis heute gibt es für Synchronschwimmen der Männer keinen olympischen Wettbewerb.
Hintergrund
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Auf dem Weg zur WM
Oliver Parkers Variation des Themas erfindet das Genre nicht neu: Über den Sport und vor allem durch das Beisammensein mit den neuen Kameraden überwindet der Held seine inneren Blockaden und findet den Weg zurück zu sich selbst. Zuvor wird unter Anleitung der smarten Synchronschwimmerin Susan (Charlotte Riley) hart trainiert; die „Underdogs“ müssen einige Rückschläge aushalten, bevor sie dann tatsächlich nach Mailand fahren.
Es dürfte niemanden überraschen, dass der Regisseur schließlich mit einem Happy End aufwartet. Das fällt allerdings ziemlich kitschig aus; es passt nicht recht zum ansonsten lakonischen Tonfall des Filmes. Spaß macht „Swimming with Men“ trotzdem.
Würdevolle Verlierer
Etwa aufgrund der verspielten Bildgestaltung: Hier fliegen schon mal Zahlen und Kalenderblätter über die Leinwand. Auch die Szenen im Schwimmbecken sind wunderbar choreographiert. Vor allem jedoch sorgt das bestens aufgelegte Schauspieler-Ensemble dafür, dass diese liebenswerten Verlierertypen bei aller Komik stets ihre Würde behalten.