Oliver Parker

Swimming with Men

Die Synchron-Schwimmer-Truppe in Pose. Foto: Alamode Filmverleih
(Kinostart: 7.6.) Synchronschwimmen gegen die Midlife-Crisis: Ein britischer Buchhalter findet mit einem eher skurrilen Hobby wieder Halt im Leben. Regisseur Oliver Parker inszeniert seine flotte Komödie mit Sinn für Situationskomik und pointierte Dialoge.

Männer mittleren Alters, die ihre Durchschnittskörper in Badehosen zwängen, besitzen an sich schon tragikomisches Potenzial. An Skurrilität kaum zu überbieten ist es, wenn diese Männer dann auch noch Schwimmbrillen und Nasenklammern anlegen, um im Wasser graziöse Figuren im Stile der Hollywood-Nixe Esther Williams (1921-2013) aufzuführen.

 

Info

 

Swimming with Men

 

Regie: Oliver Parker

94 Min., Großbritannien 2018;

mit: Rob Brydon, Jim Carter, Rupert Graves,

 

Website zum Film

 

Entsprechend konsterniert zeigt sich auch der stocksteife Buchhalter Eric Scott (Rob Brydon), als er während seiner Schwimmrunde nach Feierabend im Becken plötzlich auf eine Herrengruppe trifft, die sich zwar eifrig, aber nur mit mäßigem Erfolg an Hebe- und Tauchfiguren versucht. Natürlich dauert es nicht lange, und Eric wird selbst Teil der Truppe.

 

Protest gegen sinnloses Leben

 

„Swimming with Men“ steht ganz in der großen Tradition britischer Komödien wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ (1994) oder „Ganz oder gar nicht“ (1997): mit lebensnahen Figuren, staubtrockenem Humor, pointierten Dialogen, ausgefeilter Situationskomik und einem Schuss Tragik. Immerhin haben alle Herren an etwas zu knabbern – sei es am Verlust der Ehefrau, ihres Selbstwertgefühls oder ihrer Illusionen im Allgemeinen. Ihr Schwimmclub sei „ein Protest gegen die Sinnlosigkeit des Lebens, gegen das, was aus uns geworden ist“, verkünden sie.

Offizieller Filmtrailer


 

Gegen die Routine des Lebens

 

Auch Eric hat zu kämpfen. Seinen Buchhalterjob in der Londoner City erfüllt der farblose Anzugträger zwar pedantisch, aber ohne innere Überzeugung. Zahlen und Routinen bestimmen sein Leben. Dass seine Ehefrau Heather (Jane Horrocks) in den Gemeinderat gewählt wurde und ganz begeistert von ihrem neuen Amt ist, erfüllt Eric vor allem mit Misstrauen.

 

Er wittert eine Affäre von Heather mit ihrem attraktiven Chef (Nathaniel Parker). Auch sein pubertierender Sohn wird ihm zusehends fremd. Als das von der Midlife-Crisis gebeutelte Team schließlich an der inoffiziellen Weltmeisterschaft der Synchronschwimmer in Mailand teilnehmen will, vernachlässigt Eric seinen Job, und die Situation mit seiner Familie läuft völlig aus dem Ruder.

 

Eigentlich eine Frauen-Domäne

 

Männliche Synchronschwimmer sind wohl noch exotischer als weibliche Gewichtheberinnen. Dabei wurde der Sport in seinen Anfängen gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunächst ausschließlich von Männern ausgeübt – wie die meisten  Sportarten. Schnell jedoch eroberten die Frauen diese Domäne. Bis heute gibt es für Synchronschwimmen der Männer keinen olympischen Wettbewerb.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "The Party" – britische schwarzhumorige Gesellschafts-Komödie von Sally Potter

 

und hier eine Besprechung des Films "A Bigger Splash" – luxuriöser Lebemann-Krimi am Urlaubs-Pool von Luca Guadagnino mit Ralph Fiennes + Tilda Swinton

 

und hier einen Bericht über den Film "Parked – Gestrandet" – eindrucksvolles Kammerspiel über schwimmende Obdachlose in Irland von Darragh Byrne

 

und hier einen Beitrag über den Film “The Guard – Ein Ire sieht schwarz”  – schwarzhumorige Krimi-Komödie aus Irland mit Brendan Gleeson von John Michael McDonagh.

 

Die Vorlage für „Swimming with Men“ lieferte der Dokumentarfilm „Men Who Swim“ (2010) von Dylan Williams. Er begleitete eine Gruppe schwedischer Männer bei ihren sportlichen Bemühungen im Becken. Unklar bleibt, ob diese Truppe wiederum vom schwedischen Spielfilm „Männer im Wasser“ (2008) von Måns Herngren inspiriert war.

 

Auf dem Weg zur WM

 

Oliver Parkers Variation des Themas erfindet das Genre nicht neu: Über den Sport und vor allem durch das Beisammensein mit den neuen Kameraden überwindet der Held seine inneren Blockaden und findet den Weg zurück zu sich selbst. Zuvor wird unter Anleitung der smarten Synchronschwimmerin Susan (Charlotte Riley) hart trainiert; die „Underdogs“ müssen einige Rückschläge aushalten, bevor sie dann tatsächlich nach Mailand fahren.

 

Es dürfte niemanden überraschen, dass der Regisseur schließlich mit einem Happy End aufwartet. Das fällt allerdings ziemlich kitschig aus; es passt nicht recht zum ansonsten lakonischen Tonfall des Filmes. Spaß macht „Swimming with Men“ trotzdem.

 

Würdevolle Verlierer

 

Etwa aufgrund der verspielten Bildgestaltung: Hier fliegen schon mal Zahlen und Kalenderblätter über die Leinwand. Auch die Szenen im Schwimmbecken sind wunderbar choreographiert. Vor allem jedoch sorgt das bestens aufgelegte Schauspieler-Ensemble dafür, dass diese liebenswerten Verlierertypen bei aller Komik stets ihre Würde behalten.