Christian Vogel

Egal was kommt

Christian Vogel auf seinem Motorrad in Islamabad. Foto: © Busch Media Group
(Kinostart: 2.8.) Ich und mein Bike: Der Journalist und Regisseur Christian Vogel unternimmt eine Erdumrundung auf dem Motorrad. Der Film über seine Erlebnisse zeigt einen Filmemacher, der sich nur für sich selbst interessiert und die Welt kaum wahrnimmt.

Viele Menschen träumen von einer Weltreise: Einmal rund um den Globus zu reisen ist eine Sehnsucht, die wohl viele Leute kennen. Für den Großteil der Menschheit endet so ein Traum schnell, weil die Verhältnisse, in denen sie leben, solche Träume nicht zulassen: Ihre Pässe taugen nicht zum Reisen, ihre Währungen nicht als Devisen, und die Zwänge, in denen sie stecken, lassen keine Freiheiten zu.

 

Info

 

Egal was kommt

 

Regie: Christian Vogel,

121 Min., Deutschland 2018;

mit: Christian Vogel

 

Website zum Film

 

Glücklich, wer im reichen Deutschland aufgewachsen ist und über den Luxus verfügt, sich solchen Sehnsüchten hinzugeben. Noch glücklicher, wer schließlich Geld und Zeit genug besitzt, um aus den Träumen Realität werden zu lassen. Christian Vogel ist solch ein privilegierter Mensch mit jeder Menge Mut und Entschlossenheit. 

 

Im Angesicht der Abenteuer

 

Als Biker ist sein Traum folgerichtig klar: einmal mit dem Motorrad um die Welt. Der 34-jährige Journalist kündigt Wohnung und Job, kratzt seine Ersparnisse zusammen und startet per Flugzeug nach Orlando, Florida, um dort seine Tour zu beginnen. 333 Tage wird seine Reise dauern, er wird 22 Länder durchqueren und sich allen Abenteuern stellen, die dort auf ihn warten. Christian Vogel ist allein unterwegs und filmt sich selbst, während er 50 000 Kilometer auf seiner BMW GS 1200 ADV zurücklegt.

Offizieller Filmtrailer


 

Ein anderer Film

 

Beim Nachdenken über „Egal was kommt“ bleibt es nicht aus, sich an einen ähnlichen Film zu erinnern, einen sensationellen Überraschungserfolg. „Weit – Die Geschichte von einem Weg um die Welt“ erzählt von der gleichen Sehnsucht. Und doch könnten die beiden Filme nicht unterschiedlicher sein. Die beiden Freiburger, die sich in „Weit…“ vorgenommen hatten, so weit in den Osten zu laufen, bis sie aus dem Westen zurückkehren, haben mit ihrer Reisedokumentation 2017 ein kleines Meisterwerk geschaffen. 

 

Sympathisch, weltoffen, neugierig und sehr bescheiden, gelingt es dem Paar, den Zuschauer mit auf ihre Reise zu nehmen. Vor allem aber schaffen es die beiden, den Menschen, denen sie begegnen, näher zu kommen und dies auch in ihrem Film festzuhalten. Zum einen nehmen sie sich selbst nicht wichtig, und zum anderen gestalten ihre Route sehr flexibel. Die Reise entsteht im Augenblick, der Weg ist das Ziel. Der Blick auf die Außenwelt ist stimmig, relevant und weit.

 

Quälende Planerfüllung 

 

All das fehlt bei „Egal was kommt“ schmerzlich. Christian Vogel steht im Mittelpunkt seines Filmes: Wenn er während seiner Reise die Kamera in Betrieb nimmt, dann filmt er sich auf dem Bike und nicht seinen Blick vom Bike auf die Welt. Vogel und sein Motorrad sind der Fokus, die Reise dient offensichtlich nur als Kulisse für seine Befindlichkeiten. Und meist ist sein Befinden ziemlich angespannt.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Augenblicke: Gesichter einer Reise" - von und mit Agnès Varda und JR

 

und hier einen Bericht über den Film "Chamissos Schatten" – zwölfstündige Doku über "Eine Reise zur Beringsee in drei Kapiteln" von Ulrike Ottinger

 

Wenn Vogel das erste Mal ein Lächeln über die Lippen huscht, ist man schon fast 6 Monate voller Schinderei mit ihm unterwegs und fragt sich zusehends, was den Mann wohl antreibt, sich so zu quälen. Ständig hadert Vogel mit sich, kämpft er gegen die Uhr und seine Pläne, um ein Visum und fehlende Ersatzteile. Alles ist schwer, alles ist Wettkampf. Alles was ihm widerfährt, sind Hindernisse auf dem Weg zur Erfüllung eines Planes. So gerät der Film hektisch, getrieben und engstirnig.

 

Das Wichtige aus den Augen verloren

 

Vogel begegnet vielen hilfsbereiten Menschen, die sich für ihn einsetzen. Doch er hat nur sein Ziel im Kopf. Gelegentlich scheint es, als hätte er alle Relationen aus dem Blick verloren. Wenn er sich für 7000 Euro Ersatzteile für seine Maschine aus Deutschland schicken lässt, während er Armut und Elend in Indien dokumentiert, fällt es schwer, Mitleid mit dem Deutschen zu haben, der darüber klagt, dass sein Geld wahrscheinlich nicht mehr bis Portugal reicht.

 

Wie privilegiert er ist, entgeht ihm in all seinen Kämpfen offensichtlich komplett. Für Christian Vogel persönlich mag die Reise wichtig und wertvoll gewesen sein. Ansonsten hat sein Film keinerlei Relevanz und kaum Schauwert. Die erzählte Geschichte bleibt zu privat.