Jakob Lass

So was von da

Oskar Wrobel (Niklas Bruhn.) und seine Ex-Freundin Mathilda (Tinka Fürst) vergnügen sich im Hamburger Nachtleben. Foto: © DCM / Gordon Timpen
(Kinostart: 16.8.) Feierlaune und Hirntumor: Regisseur Jakob Lass verfilmt einen Roman von Tino Hanekamp und erzählt von einer durchfeierten Nacht in einem Club auf St. Pauli. Authentische Partyszenen verläppern sich in einem Nichts an Handlung.

Feiern und Film gehen nur selten gut zusammen. Schon oft genug saß man im Kinosessel und schämte sich fremd. Was in euphorisierten Nächten passiert, in denen Menschen sich irgendwo zwischen Dancefloor und jenen Nebenschauplätzen verlieren, die das Salz in der Suppe jeder anständigen Party sind, wird selten überzeugend auf die Leinwand gebracht. Entweder das Ganze wirkt anbiedernd – oder einfach nur hölzern.

 

Info

 

So was von da

 

Regie: Jakob Lass,

89 Min., Deutschland 2018;

mit: Martina Schöne-Radunski, Niklas Bruhn, Mathias Bloech

 

Website zum Film

 

In „So was von da“, einem atemlos daherkommenden Film über eine letzte Nacht in einem Underground-Club in Hamburg St. Pauli, ist das anders. Und das verdanken wir einem eigentlich nahe liegenden Kniff: Der auf Improvisationsterrain sehr versierte 37-jährige Regisseur Jakob Lass, der auch bei seinen bisherigen Arbeiten („Tiger Girl“, „Love Steaks“) mit einem minimalistischen Drehbuch und ohne geschriebene Dialoge arbeitete, ließ vier Nächte lang eine echte Party steigen.

 

Flirrende Partyatmosphäre

 

Was er dabei an flirrenden Bildern einfing, macht einen Großteil der Faszination an der Verfilmung des gleichnamigen und ziemlich tollen Romans von Tino Hanekamp aus, der selbst in den 2000er Jahren die Hamburger Subkulturläden „Weltbühne“ und „Übel & Gefährlich“ leitete. Erzählt wird von der letzten Party in einer Silvesternacht  aus der Perspektive von Clubbetreiber Oskar (Niklas Bruhn).

Offizieller Filmtrailer


 

Energie der Nacht

 

Der muss an diesem Tag einiges wegstecken: Schon morgens treten ihm die Schuldeneintreiber des Kiezkriminellen Kalle „Kiezkalle“ Schwensen (der sich hier selbst spielt) zuhause die Tür ein. Später gibt es ein Wiedersehen mit seiner großen Liebe Mathilda (Tinka Fürst). Und dann offenbart ihm seine gute Freundin und Lieblingsmitarbeiterin Nina (Martina Schöne-Radunski) auch noch, dass sie einen Hirntumor hat. Die Party will Oskar sich trotzdem nicht vermiesen lassen.

 

Geerdet wird die nervöse Energie der Nacht durch eine Erzählerstimme, die dem Roman entliehen ist. Diese „erste improvisierte Adaption eines Romans“ (so wird „So was von da“ beworben) erweist sich als durchaus interessantes Experiment, das allerdings am Ende doch nicht richtig aufgeht. Denn der Film erinnert nur bedingt an Hanekamps Roman.

 

Golf mit dem Hirntumor

 

Die trockene Ironie der Vorlage kippt bisweilen ins Alberne, der Film schlägt hier einen durchaus anderen Ton an. Und auch wenn es sympathisch wirkt, dass nicht jeder Handlungsstrang aufgelöst wird und dass widerstreitende Gefühle auch einfach mal nebeneinander stehen bleiben dürfen, erscheint es doch mehr als merkwürdig, dass jegliche Dramatik in diesem Film einfach verpufft.

 

Nichts, was hier passiert, hat irgendeinen Einfluss auf die – sowieso minimalistische – Handlung oder kann den Strom von Emotionen umlenken, der die Protagonisten durch diese Nacht spült. Immerhin sorgt wenigstens Ninas Hirntumor für den Höhepunkt des Films: eine surreale, drogenverstrahlte und visuell großartig umgesetzte Szene, in der Oskar Ninas Schädel öffnet und dort ein leuchtendes Stück Gewebe herausholt, mit dem die beiden dann Golf spielen – auf dass sich die Zellwucherung einfach in Konfetti verwandelt.

 

Sinnbild für das Clubsterben

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films „Love Steaks“ – rasant realistischer Film über Amour-Fou-Jugendliebe von Jakob Lass

 

und hier einen Bericht über den Film "Tiger Girl" - improvisierte Coming-Of-Age-Story von Jakob Lass

 

Manch andere Nebenhandlung endet hingegen im Klamauk. Etwa wenn die die Hamburger Innensenatorin (Corinna Harfouch) plötzlich in Oskars Laden steht und erst einmal in den Fahrstuhl eingesperrt wird. Die Frau steht für alles Unsympathische – den Überwachungswahn, die Gentrifizierung, das Verschwinden gesellschaftlicher Freiräume, kurzum: all das, was Clubs immer wieder den Garaus macht.

 

An diesem Abend ist sie jedoch auf der Suche nach ihrem Mann (Dirk Felsenheimer alias Bela B. von den Ärzten), einem ehemaligen Rockstar, den es – gerade ist er aus einer Art Wachkoma erwacht – noch einmal auf die Bühne zieht. Der Sohn der beiden ist übrigens Oskars Kumpel Rocky (Mathias Bloech), dessen Aufstieg als Musiker mit dem Ruhm des Clubs verbunden ist. Mittlerweile jedoch hadert Rocky mit dem Dasein als Rockstar.

 

Beim Feiern unter die Räder gekommen

 

Die Tragikomik, die aus einer solchen Konstellation entstehen könnte, bekommt in Lass‘ Adaption nicht viel Raum. Ambivalenzen jeder Art kommen beim Feiern unter die Räder. Und so funktioniert dieser Film tatsächlich am besten, wenn gar nicht erst versucht wird, etwas über die Welt jenseits der Clubmauern zu vermitteln. Es bleiben jene Momente, in denen die Party ein hermetischer, sich selbst genügender Raum ist. Das allerdings trägt auf Spielfilmlänge nur bedingt.