Sönke Wortmann

Der Vorname

René (Justus von Dohnányi), Stephan (Christoph Maria Herbst), Elisabeth (Caroline Peters), Anna (Janina Uhse) und Thomas (Florian David Fitz) wollen zusammen einen gemütlichen Abend verbringen. Foto: Constantin Film
(Kinostart: 18.10.) Darf man sein Kind Adolf nennen? Nach einem französischen Theaterstück inszeniert Regisseur Sönke Wortmann eine witzige, aber eher harmlose Tragikomödie um die Dekonstruktion eines selbstgefälligen bürgerlichen Milieus.

Bereits der Vorspann, bei dem man zur Offstimme von Elisabeth (Caroline Peters) einem Pizzakurier durch Bonner Straßen folgt und Erläuterungen zu deren Namen erhält, verdeutlicht die Stoßrichtung von Sönke Wortmanns neuem Film, der auf dem bereits 2012 in Frankreich verfilmten Theaterstück „Le Prénom“ von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte basiert. So erfährt man hier beispielsweise, dass die zentrumsnahe Schumannstraße nach dem Komponisten Robert benannt ist, während seine Frau Clara für ihre ebenso großen Verdienste nur einen kleinen Weg in einem Neubauviertel erhalten habe.

 

Info

 

Der Vorname

 

Regie: Sönke Wortmann,

91 Min., Deutschland 2018;

mit: Christoph Maria Herbst, Florian David Fitz, Iris Berben

 

Website zum Film

 

Als ersten im Reigen der Figuren lernt man nun Elisabeths vollbärtigen Mann Stephan (Christoph Maria Herbst) kennen. Er öffnet dem Pizzaboten die Tür, um ihn sogleich „aus Prinzip“ über zu hohe Preise und zu schlechte Qualität von Pizza-Lieferdiensten zu belehren – auch wenn die bestellte Pizza, wie sich schnell herausstellt, für die Nachbarn bestimmt ist. Stephan ist Literaturwissenschaftler, geltungssüchtig und rechthaberisch – und, wie in zwei aufeinanderfolgenden Szenen mit seinen Studenten gezeigt wird, in seiner Selbstgefälligkeit auch ein wenig einfallslos.

 

Dynamischer Aufsteiger

 

Er lebt mit Elisabeth in einer gutbürgerlichen Familienidylle, in der ausschließlich sie sich um die Kinder und die Zubereitung des Essens kümmert. Letzteres ist gerade eine größere Aufgabe, denn es werden Gäste erwartet. Als erste treffen der manierierte Klarinettist René (Justus von Dohnányi), ein Intimus von Elisabeth seit Kindertagen, und Elisabeths Bruder Thomas (Florian David Fitz) ein, ein jungdynamisch eloquenter Aufsteiger ohne Abitur.

Offizieller Filmtrailer


 

Ein Kind namens Adolf

 

Bereits vor dem ersten Gang kommt es – nach kleineren Vorgeplänkeln und einem spöttischen Betrachten der Bücher in Stephans Regal – zum handfesten Eklat. Der Grund ist die Ankündigung von Thomas, dass seine schwangere Freundin Anna (Janina Uhse) und er vorhaben, ihren Sohn Adolf zu nennen. Damit bringt er innerhalb von Minuten alle Anwesenden voller Wut gegen sich auf. Allerdings werden dabei auch sehr grundsätzliche Widersprüche zwischen den beteiligten Charakteren sichtbar.

 

Hintergrund

 

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Mit dem späten Eintreffen von Anna gewinnt der Film weiter an Dynamik. Die Situationen, in die sich die Personen manövrieren, werden mit jeder Wendung dramatischer, viele lang zurückreichende Verflechtungen enthüllen sich erst nach und nach. Selbst Elisabeth, deren Off-Kommentar die Figuren zunächst eingeführt hatte, muss bald erkennen, dass sie offenbar doch nicht ganz so umfassend über ihre Nächsten informiert ist, wie sie bisher angenommen hatte.

 

Die Bandbreite des bürgerlichen Milieus

 

Sehr vergnüglich gelingt es dem Film, mit fortschreitender Handlung immer neue Abgründe aufzureißen und seinen Protagonisten ein ums andere Mal den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Dabei sind die Personen – so sehr sie zunächst auch als Stereotype aktueller bürgerlicher Milieus angelegt sind – durchaus glaubhaft und entwickeln Tiefe. Ein gut aufgelegtes und geführtes Ensemble füllt das Kammerspiel mit Leben. Rhythmus und Geschwindigkeit stimmen, und die Pointen sitzen.

 

Alles in Allem gelingt Sönke Wortmann mit seinem nah am Original bleibenden Remake eine wirklich witzige Komödie. Schade ist vielleicht, dass der Ansatz zu sozialer Sprengkraft, der sich aus einer Dekonstruktion der charakterlichen Untiefen der Protagonisten ableiten ließe, am Ende zu versöhnlich in trivialen Lebensweisheiten verpufft. Aber auch das ist vielleicht der Realität geschuldet.