Ralf Westhoff

Wie gut ist deine Beziehung?

Carola (Julia Koschitz) und Steve (Friedrich Mücke) beim gemeinsamen Einkauf. Foto: X Verleih
(Kinostart: 28.2.) Noch besser wirken, bevor es ein anderer tut: In seiner neuen Sittenkomödie nimmt Regisseur Ralf Westhoff den Zwang zur Selbstoptimierung aufs Korn. Genau beobachtet und pointiert formuliert, rutscht der Film manchmal etwas ins Boulevardeske ab.

Mit seinem Debüt-Spielfilm „Shoppen“ (2006) über Singles auf Partnersuche hat sich Regisseur und Autor Ralf Westhoff einen Namen als genauer Beobachter menschlichen (Balz-)Verhaltens und brillanter Dialogschreiber einen Namen gemacht. Zuletzt war er 2014 mit der Mehr-Generationen-Komödie „Wir sind die Neuen“ erfolgreich. Sein neuer Film knüpft thematisch wieder an seinen Erstling an.

 

Info

 

Wie gut ist deine Beziehung?

 

Regie: Ralf Westhoff,

101 Min., Deutschland 2018;

mit: Julia Koschitz, Friedrich Mücke, Bastian Reiber

 

Weitere Informationen

 

Allerdings sind Carola (Julia Koschitz), die mit „Shoppen“ ihren Durchbruch erlebte, und Steve (Friedrich Mücke) über das Stadium des Kennenlernens schon lange hinaus. Seit fünf Jahren ein Paar, haben sie es sich gemütlich miteinander eingerichtet. Für Steve könnte es ewig so weitergehen – aber Carola fühlt sich in ihrer Routine nicht mehr wirklich wohl.

 

In jeder Hinsicht an sich arbeiten

 

Als dann Steves Freund und Kollege Bob (Bastian Reiner) überraschend von seiner Freundin Yvonne für einen wesentlich älteren Mann verlassen wird, überfällt Steve Panik, dass ihm Ähnliches blühen könnte; sein Ego ist ohnehin durch impertinente Jungspunde in seiner Firma angekratzt ist. Er beschließt, das vorauseilend zu verhindern und in jeder Hinsicht an sich zu arbeiten – an der Fitness, an der Spontaneität, am Sex.

Offizieller Filmtrailer


 

Treue-Probe mit dem Tantra-Lehrer

 

Diese unvermittelt auftauchenden Veränderungen rufen natürlich Carolas Misstrauen hervor, die nun ebenfalls an sich und ihrer im Grunde prima funktionierenden Beziehung zweifelt. Gut gemeinte Ratschläge von Single-Freundin Anette (Maja Beckmann) verunsichern sie noch mehr, so dass sie sogar auf Avancen fremder Männer eingeht. Was sie nicht weiß: Steve hat alles arrangiert, um ihre Treue auf die Probe zu stellen. Dabei ist sein Komplize ausgerechnet Bobs Nachfolger, Tantra-Lehrer Harald (Michael Wittenborn): Er lässt sich dafür aus einer Mischung von schlechtem Gewissen und Mitleid einspannen. Das kann eigentlich nicht gut ausgehen.

 

In seinen Sittenkomödien greift Filmemacher Westhoff gerne aktuelle gesellschaftliche Trends auf. In „Shoppen“ war es das veränderte Flirtverhalten von Großstädtern; „Der letzte schöne Herbsttag“ (2010) drehte sich um Paarprobleme von ganz unterschiedlichen Partnern, „Wir sind die Neuen“ um den Streit von Jungspießern mit ergrauten Alternativ-Freaks.

 

An US-Screwball-Komödien geschult

 

Nun geht es Westhoff um die allenthalben geforderte Selbstoptimierung gut situierter Großstädter, die eine Beziehung ins Wanken bringen kann, obwohl das eigentlich gar nicht notwendig wäre. Die Protagonisten fühlen sich miteinander ganz wohl; sie müssten nur mehr miteinander reden, was im Alltagsstress zu oft untergeht. Also alles ganz normal.

 

Um aus dieser Ausgangslage eine gut getaktete Komödie zu machen, braucht man dramaturgisches Geschick, das Westhoff schon mehrfach bewiesen hat. Seine Stärke sind aber vor allem pointierte Dialoge, offenkundig an amerikanischen Screwball-Komödien geschult. Möglicherweise heißen deshalb die männlichen Hauptfiguren auch Steve und Bob, denn in der deutschen Generation um die 40 gibt es kaum Träger solcher Namen.

 

Mehr Musical, bitte!

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Wir sind die Neuen" – amüsante Generationen-Komödie über Alt-68er versus Jung-Spießer von Ralf Westhoff

 

und hier einen Bericht über den Film "Toni Erdmann" - ausgezeichnete Familien-Dramödie von Maren Ade

 

und hier einen Beitrag über den Film "Der Vorname" - Tragikomödie von Sönke Wortmann

 

Damit gelingt Allrounder Westhoff, der neben der Regie auch Drehbuch und Produktion übernahm, eine clever konstruierte Beziehungskomödie; in ihren besten Momenten erinnert sie an ähnliche französische Kino-Lustspiele, in denen die Komik aus normalen Alltagssituationen heraus entsteht. Etwa wenn Carolas Lieblingspullover von Anette verspottet wird, weil sie ihn schon viele Jahre trägt – oder wenn sich Carola beim Friseur die Haare blond färben lassen will, um mit Steves rasanter Veränderung mitzuhalten.

 

Allerdings ist in solchen Szenen das Timing nicht immer optimal, und manche Dialoge werden boulevardartig ausgewalzt. Zudem stimmt die Chemie zwischen Julia Koschitz und Friedrich Mücke nicht hundertprozentig. Das mag vielleicht an der Zurückhaltung liegen, mit der beide Figuren angelegt sind: Etwas mehr Temperament oder Poesie hätte ihnen sicher gut getan. Welches Potential diese Komödie haben könnte, erahnt man in einer kurzen Musical-Reminiszenz, die aber leider so schnell abbricht, wie sie angefangen hat – charmant und realistisch ist der Film dennoch.