Matthew McConaughey

Im Netz der Versuchung

Baker Dill (Matthew McConaughey) trifft sich mit seiner Geliebten Constance (Diane Lane). Foto: Universum Film
(Kinostart: 2.5.) Der nicht so alte Kriegsveteran und das Meer, Film-Noir-Referenzen und Science Fiction in der Südsee: An diesem wilden Genremix hat sich Regisseur Steven Knight, bekannt für die gelungene Umsetzung gewagter Filmkonzepte, gründlich verhoben.

Der Brite Steven Knight hat sich mit ungewöhnlichen Formaten einen Namen gemacht – ob als Schöpfer der im Gangster-Milieu der 1920er Jahre angesiedelten BBC-Serie „Peaky Blinders“ oder auch als Drehbuchautor und Regisseur des beklemmenden, während einer einzigen Autofahrt spielenden Kammerspiels „No Turning Back“ (2013). Diese One-Man-Show wurde allein durch das starke Skript und den um sein Leben telefonierenden Hauptdarsteller Tom Hardy getragen.

 

Info

 

Im Netz der Versuchung

 

Regie: Steven Knight,

106 Min., USA 2019

mit: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Diane Lane

 

Weitere Informationen

 

Auch mit „Im Netz der Versuchung“ geht der Filmemacher voll auf Risiko. Und scheitert kolossal – trotz einer illustren Besetzung mit Stars wie Matthew McConaughey und Anna Hathaway. Der Kriegsveteran Baker Dill (Matthew McConaughey) hat sich auf eine beschauliche Südseeinsel zurückgezogen. Auf seinem Boot „Serenity“ – so auch der Originaltitel des Film; übersetzen lässt sich das mit „Heiterkeit“ oder auch „Gelassenheit“ – fahren er und sein Maat Duke (Djimon Hounsou) zahlungskräftige Touristen zum Hochseefischen.

 

Besessen vom Thunfisch

 

Von einem riesigen Thunfisch ist Dill allerdings selbst derart besessen, dass er sich weigert, seine Kunden an die Angel zu lassen, sobald er spürt, dass „sein“ Fisch angebissen hat. Das tut weder seiner finanziellen Lage noch seinem Seelenfrieden gut; zumal er im Kampf mit „Justice“, wie er den Überfisch getauft hat, immer wieder den Kürzeren zieht.

Offizieller Filmtrailer


 

Wilde Genrewechsel

 

Trotz seiner selbstverschuldeten Misere, die er in viel Rum zu ertränken versucht, unterstützen ihn seine Geliebte Constance (Diane Lane), der loyale Duke und eine Handvoll weiterer Inselbewohner. Eines Tages tritt seine Ex-Frau Karen (Anna Hatheway) auf den Plan, als klischeehaft überzeichnete Femme fatale. Sie bittet ihn, ihren Mann Frank (Jason Clarke) mit auf das weite Meer zu nehmen und dort über Bord zu werfen – gegen ein mehr als großzügiges Honorar.

 

Von einer mit etwas Sex aufgepeppten Hochseefischer-Erzählung à la Ernest Hemingway wandelt sich „Im Netz der Versuchung“ damit zum Film-Noir-artigen Thriller. Zugleich wird schon der nächste Genrewechsel vorbereitet, durch zunächst nicht nachvollziehbare Szenen mit einem comicartig gezeichneten Anzugträger, sprunghaften Kamerafahrten und Traumsequenzen.

 

Alte Gefühle, neue Realitäten

 

Das Anliegen seiner Ex-Frau lehnt der wortkarge Einzelgänger jedoch erst einmal ab. Weder durch Geld noch durch Beschwörungen ihrer einstigen Zweisamkeit ist er zu erweichen. Sogar dann, als bei Franks erstem Auftreten klar wird: Der Mann ist tatsächlich ein Scheusal und schreckt zudem nicht vor körperlicher Gewalt zurück. Erst, als langsam klar wird, dass es bei Karens Vorhaben vor allem um das Wohl des gemeinsamen Sohns geht, den sie mit Dill hat, zieht der ihren Plan ernsthaft in Erwägung.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "No Turning Back (Locke)" - spannendes One-Man-Roadmovie von Steven Knight

 

und hier einen Bericht über den Film "Beach Bum" - durchgeknallte Freak-Groteske von Harmony Korine mit Matthew McConaughey

 

und hier einen Beitrag über den Film "Ocean's 8" - charmante Gaunerkomödie von Gary Ross mit Anne Hathaway.

 

Gleichzeitig verdichten sich die Hinweise darauf, dass die Verbindung, die Dill zu seinem Sohn spürt, nicht nur väterlichen Gefühlen geschuldet ist, sondern auf eine ganz andere Realität verweist. Ein weiteres Mal wechselt der Film Sujet und Genre und springt vom eher plakativen und recht klischeegesättigten Thriller auf eine Meta-Ebene.

 

Weder überraschend noch plausibel

 

Auf der soll es offenbar um philosophische Fragen über Realitätswahrnehmung und die Echtheit unserer Welt gehen. Theoretisch ist das ein durchaus interessanter Ansatz. Nur sind die Ideen für die praktische Umsetzung solcher Gedankenspiele leider aus Filmen wie „Matrix“ (1999) oder David Cronenbergs „eXistenZ“ (1999) sattsam bekannt – und wurden zudem in den beiden genannten Filmen deutlich feinfühliger umgesetzt. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto weniger passen die Elemente von „Im Netz der Versuchung“ zusammen. Irgendwann kommt man sich verschaukelt vor.

 

Selbst dass Matthew McConaughey sehr überzeugend spielt und auch dieses Mal seine bemerkenswerte Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt, tröstet kaum über die phrasenhaften und letztlich leeren Fragestellungen hinweg, die das Finale bereit hält – zumal der Film erwartungsgemäß nichts Weiterführendes oder irgendwie Überraschendes daraus entwickelt. Obwohl man eigentlich immer dankbar ist, wenn das Mainstream-Kino Wagnisse eingeht: Eine gewisse Plausibilität sollten sie schon für sich beanspruchen dürfen.