Kanwal Sethi

Once Again – Eine Liebe in Mumbai

Amar (Neeraj Kabi) und Tara (Shefali Shah) beim gemeinsamen Kochen. Foto: Arsenal Filmverleih
(Kinostart: 16.5.) Superstar hofiert Köchin: In der Millionenmetropole verlieben sich zwei Menschen aus völlig verschiedenen sozialen Schichten. Regisseur Kanwal Sethi bietet in seinem Bollywood-Arthouse-Mix schöne Bilder, vernachlässigt aber Figuren und Handlung.

Tara (Shefali Shah) und Amar (Neeraj Kabi) leben in Mumbai, doch beide trennen Welten. Sie ist eine leidenschaftliche Köchin, Inhaberin eines kleinen Restaurants und aufopferungsvolle Mutter zweier erwachsener Kinder. Er hingegen residiert als Bollywood-Star in einem Haus an der Küste, für das der Begriff des Elfenbeinturms wie gemacht scheint. Aktuell hadert der Schauspieler mit den Tanzszenen in seinem neuen Film.

 

Info

 

Once Again –
Eine Liebe in Mumbai

 

Regie: Kanwal Seth,

98 Min., Indien/ Österreich/ Deutschland 2018;

mit: Shefali Shah, Neeraj Kabi, Rasika Dugal

 

Weitere Informationen

 

Die einzige Verbindung zwischen beiden sind die Gerichte, die sie für ihn kocht und ihm jeden Tag durch die Stadt schickt – und das Telefon: Aus einem Zufall heraus entwickeln sich lange Gespräche, die für diese einsamen Seelen bald zur Gewohnheit werden. Während Taras Mann vor langer Zeit gestorben ist, hat Amar sich erst kürzlich von seiner Frau getrennt.

 

Telefon statt WhatsApp

 

Ihre Telefonate sind geprägt von einer Nähe, die durch die räumliche und soziale Distanz überhaupt erst möglich wird – so wie man eben Fremden sein Herz mitunter eher ausschüttet als nahestehenden Menschen. Dass die beiden in Zeiten von WhatsApp und sozialen Medien ausgiebig miteinander telefonieren, liegt wohl auch an ihrem fortgeschrittenen Lebensalter.

Offizieller Filmtrailer


 

Atmosphäre ersetzt Spannung

 

Überhaupt verströmt „Once again“ altmodischen Charme. Sehr bedächtig, mit Tendenz zur Langatmigkeit erzählt Kanwal Sethi, seit langem in Leipzig lebender Regisseur mit indischen Wurzeln, diese Geschichte einer vorsichtigen Annäherung. Natürlich ist das Telefonieren den beiden auf Dauer nicht genug: Eine persönliche Begegnung wird unerlässlich. Dramaturgisch ebenso naheliegend folgen auf die erste Verliebtheit bald Ernüchterung und Befremden.

 

Sethi geht es in seinem zweiten Spielfilm, für den er auch das Drehbuch schrieb, scheinbar nicht vordringlich darum, einen Spannungsbogen zu schaffen. Er interessiert sich vielmehr für Atmosphäre und das Erkunden von Orten. Ob die Kamera nun einen Markt voller Blumen und Gewürze einfängt, die nächtlichen Straßen der pulsierenden Megametropole Mumbai oder Amars Luxuswohnung mit Blick auf das schimmernde Meer – immer prägt Sinnlichkeit die sorgfältig komponierten Bilder.

 

Wenig glaubwürdige Protagonisten

 

Dieser sensible Blick für Schauplätze war auch schon die Stärke von Sethis erfrischenden Spielfilmdebüt „Fernes Land“ (2010), in dem er einen Deutschen und einen Pakistani auf eine turbulente Odyssee durch Leipzig schickte. Diesmal vernachlässigt der Regisseur jedoch über seiner Freude an ästhetischen Bildern die Figurenzeichnung und den Aufbau der Geschichte, die als Variation des Aschenputtel-trifft-Prinz-Themas nicht sonderlich originell daher kommt.

 

Hintergrund

 

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und hier eine Besprechung des Films "Der Stern von Indien - Viceroy's House" - faszinierend bildgewaltiges Historien-Drama über Indiens Unabhängigkeit von Gurinder Chadha

 

und hier einen Bericht über den Film "Ein Junge namens Titli" – brillantes indisches Kleingangster-Drama in Neu-Dehli von Kanu Behl.

 

Zumal die Konstellation seines Filmes stark an den Independent-Kino-Hit „Lunchbox“ (2013) von Ritesh Batra erinnert, allerdings ohne dessen Reiz: Auch dort geht es um eine Liebesgeschichte, die über die – in diesem Fall falsche – Zustellung eines Mittagsessens ins Rollen kommt. Schwerer als die mangelnde Originalität der Handlung wiegt noch, dass die zwei Hauptfiguren wenig glaubwürdig wirken.

 

Bollywood-Arthouse-Hybrid

 

Amars Figur entspricht dem Klischee des erfolgreichen, aber einsamen Stars, der selbst während eines Filmdrehs über sehr viel freie Zeit zu verfügen scheint. Derweil hat die selbstbewusste Tara zwar Schwierigkeiten, einen Kredit für ihr Restaurant zu bekommen, richtet ihrem Sohn aber zugleich eine teure Hochzeit aus. Und erscheint zudem immer wieder in eleganten, neuen Saris.

 

Insgesamt wirkt „Once again“ wie ein seltsamer Hybrid aus Bollywood- und Arthouse-Kino, bei dem sich die Frage stellt, auf welches Publikum er zielt: Für Bollywood-Liebhaber dürfte er deutlich zu nüchtern inszeniert sein – schließlich wird weder gesungen noch getanzt. Dagegen dürfte Arthouse-Kinogänger befremden, dass etwa in den Dialogen arg dick aufgetragen wird.

 

Fade Faszination für Herkunftsland

 

Mit offenkundiger Faszination schaut der im nordindischen Amritsar geborene Kanwal Sethi auf sein Herkunftsland. In seinem Blick offenbart sich dieselbe Mischung von Nähe und Fremdheit, mit der sich auch seine Figuren konfrontiert sehen. Leider ist das Ergebnis alles in allem eher fad als würzig geraten.