Chris Foggin

Fisherman’s Friends

Danny (Daniel Mays) mit seinen Stars im Friesennerz. Foto: © Splendid Film, 2019
(Kinostart: 8.8.) Vorhang auf für weiße alte Männer: Regisseur Chris Foggin lässt Fuzzis der Musikindustrie auf einen Shanty-Chor in Cornwall treffen. Diese Culture-Clash-Komödie bereitet viel Vergnügen – auch wenn sie sehr in britischem Lokalpatriotismus schwelgt.

Mit dem angeblich Ursprünglichen und Unverfälschten lässt sich viel Geld verdienen – ob es um Konsumartikel vom Ende der Welt geht oder den neuesten Reise-Geheimtipp. Angelockt durch solche Versprechen, versammeln sich dort bald Massen von Individualreisenden, während die Einheimischen ihren Alltag längst anderswo leben.

 

Info

 

Fisherman's Friends

 

Regie: Chris Foggin,

112 Min.,  Großbritannien 2019;

mit: James Purefoy, Daniel Mays, Tuppence Middleton

 

Weitere Informationen

 

Das landschaftlich eindrucksvolle Cornwall im Südwesten Englands ist zwar touristisch weitgehend erschlossen, doch auch hier gibt es noch unberührte Ecken. Im beschaulichen Städtchen Port Isaac feiern drei hippe Londoner, die in der Musikbranche arbeiten, einen Junggesellenabschied. Für die wenigen Touristen werden kaum Vergnügungen angeboten; also misslingt ihre Sause gründlich.

 

Zu doof zum Paddeln

 

Als ihretwegen zudem die Seenotrettung ausrücken muss, weil die drei nicht einmal richtig paddeln können, sinkt die Achtung der Einheimischen für das Trio auf Null. Das ändert sich auch nicht, als Musikmanager Danny (Daniel Mays), angestiftet von seinen Kumpels, den lokalen Shanty-Gesangsverein „Fisherman’s Friends“ unter Vertrag nehmen will.

Offizieller Filmtrailer


 

Shanty-Boygroup als Marketing-Gag

 

Dass sich seine Freunde mit dieser Idee nur einen Scherz erlaubt haben, merkt er gar nicht. Von den Fähigkeiten der singenden Pulloverträger ist er ziemlich überzeugt; außerdem sucht er verzweifelt nach dem nächsten heißen Ding. Danny mietet sich im „Bed & Breakfast“ der Tochter des Chorleiters Jim Alwyn (Tuppence Middleton) ein. Immerhin unterstützt sie ihn bei seinem Vorhaben, die komischen Seebären ins Studio zu bekommen.

 

Ein Fischerchor, dessen Name sich von kratzigen Halsbonbons ableitet, und der Seemannslieder anstimmt – also den „Rock’n’Roll von 1752“, wie Alwyn es nennt – wirkt wie eine Kopfgeburt aus der Marketingabteilung. Doch tatsächlich hatte eine solche „Shanty-Boygroup“ aus gestandenen Männern 2010 einen Top-Ten-Hit in den britischen Charts.

 

Lokalkolorit bei gutem Wetter

 

Da dies allein noch keine Geschichte ergibt, erzählt Regisseur Chris Foggin in seiner Culture-Clash-Komödie nicht nur vom Weg der Seemänner zu ihrem kurzen Ruhm, sondern flicht auch noch erwartbare Spannungen zwischen oberflächlichen Großstadtschnöseln und heimatverbundenen Ureinwohnern ein. Dabei geht es ihm kaum um ein realistisches Abbild des Fischerlebens an der englischen Küste.

 

„Fisherman’s Friends“ will vor allem unterhalten; und das gelingt dem Film auch mit seiner wunderschönen Kulisse. Zuweilen hat man das Gefühl, das Fremdenverkehrsamt habe die Kamera geführt, um möglichst viele malerisch zerklüftete Felsen abzulichten. Regnen tut es im Übrigen auch kaum. Das Lokalkolorit wird dennoch mit einer bunten Auswahl an Seemannspullis und Gummistiefeln hübsch inszeniert.

 

Einschwören auf den Brexit

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Swimming with Men" - skurrile britische Komödie um Synchronschwimmer von Oliver Parker

 

und hier einen Bericht über den Film "The Party" – britische schwarzhumorige Gesellschafts-Komödie von Sally Potter

 

und hier einen Beitrag über den Film "The Guard – Ein Ire sieht schwarz"  – schwarzhumorige Krimi-Komödie aus Irland mit Brendan Gleeson von John Michael McDonagh.

 

Völlig im luftleeren Raum schwebt die Geschichte dennoch nicht. So wird zum Beispiel die prekäre finanzielle Situation der einst stolzen Fischer dargestellt; inzwischen haben sie selten genug Fang in ihren Netzen. Ob beabsichtigt oder nicht: Angesichts des drohenden Brexits hat dieses Loblied auf die guten, alten Zeiten in Großbritannien ein Geschmäckle; mehr als einmal ist man versucht, darin eine politische Aussage zu sehen.

 

Von solchen aktuellen Konnotationen abgesehen ist „Fisherman’s Friends“ vor allem eine leicht konsumierbare, etwas vorhersehbare Komödie – allein schon, weil das Ende der Geschichte klar ist. Das schmälert den Unterhaltungswert jedoch kaum. Immerhin wartet der Film mit Schauwerten und einer Riege toller Schauspieler auf, denen das Shanty-Schmettern sichtlich Spaß macht.

 

Ohne Business-Plan in den Pub

 

Darüber hinaus nutzt Regisseur Foggin den Plot für unterhaltsame Spitzen gegen das Musikgeschäft und Casting-Shows. Nett anzusehen ist etwa die Szene, in der der Chor, statt sich auf einen Termin beim Plattenlabel vorzubereiten, lieber in einen Pub geht und dort die anderen Gäste zum Mitsingen animiert.

 

Die Reibereien zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen erhalten durch amouröse Verwicklungen eine zusätzliche Dynamik; das wäre aber in der Uckermark oder dem Emsland wohl kaum anders. Sozialkritik oder ein differenziertes Gesellschaftspanorama bietet der Film nicht – doch wen die wiederholte Beschallung mit munteren Volksweisen nicht stört, der wird sich gewiss gut unterhalten fühlen.