Jennifer Lopez

Hustlers

Sie wissen wo’s langgeht – nicht nur an der Stange: Destiny (Constance Wu) und Ramona (Jennifer Lopez). Foto: Universum Film
(Kinostart: 28.11.) Softcore-Show ab zwölf Jahren: Eine Betrügerinnen-Bande aus dem Stripclub-Milieu porträtiert Regisseurin Lorene Scafaria als Frauenpower-Vorkämpferinnen, die Mackern schmutziges Geld abknöpfen. So sieht Emanzipation im Trump-Zeitalter aus.

Auch eine Methode, die Folgen der Finanzkrise von 2008 zu bewältigen: Nachdem Aktienkurse und Broker-Boni in den Keller gerauscht sind, bleiben in den High-Class-Stripclubs von New York zahlungskräftige Kunden aus. Also verlegen sich Stripperinnen um die charismatische Ramona (Jennifer Lopez) auf ein anderes Geschäftsmodell: Mit Drogen und K.o.-Tropfen machen sie reiche Männer willenlos, zerren sie in ihren Club, entwenden ihnen die Kreditkarten und räumen ihre Konten bis zum Limit leer.

 

Info

 

Hustlers

 

Regie: Lorene Scafaria,

104 Min., USA 2019;

mit: Jennifer Lopez, Constance Wu, Keke Palmer

 

Weitere Informationen

 

Eigentlich eine ganz normale Gauner-Geschichte, die zudem auf einem realen Fall beruht; 2014 berichtete die „New York Times“ darüber. Doch fünf Jahre später, nach der #MeToo-Debatte und ihren Folgen, liegt es nahe, diese Animierdamen zu Musterbeispielen weiblicher Selbstermächtigung hochzujazzen: Anstatt ihre Körper von Männern ausbeuten zu lassen, beuten sie männliche Ausbeuter aus.

 

Karrierestrategie für Benachteiligte

 

Genau so geht Regisseurin Lorene Scafaria vor: Sie stattet ihre Protagonistinnen mit leichten Schuldgefühlen aus, damit ihr Film nicht als skrupellose Verbrechens-Verherrlichung dasteht – um ihr Treiben umso hymnischer als raffinierte Karrierestrategie für Benachteiligte abzufeiern. Nach dem Motto: Was kann eine gut aussehende Unterschichtsfrau ohne höhere Schulbildung besseres tun, als den Anzugträger-Mackern all die Kohle abzuknöpfen, die sie zuvor anderen geraubt haben?

Offizieller Filmtrailer


 

Wie R’n’B-Superstar-Videoclips

 

Solche Doppelmoral bemühen Kriminelle gern zur Selbstrechtfertigung: Sie würden nur andere Missetäter um ihr schmutziges Geld erleichtern und damit für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen. Was sich Scafaria zueigen macht und optisch perfekt umsetzt: Sie inszeniert die zahlreichen Strip-Einlagen so opulent wie Musik-Videoclips von R’n’B-Superstars, etwa Beyoncé. All die Reizwäsche, Tanzeinlagen und moves sind so aufreizend wie möglich, und zugleich jugendfrei aseptisch – damit jedes US-Mainstreamkino den Film zeigen kann.

 

In diesem Tabledance-Frauenpower-Kosmos kommen Männer nur als geifernde Lüstlinge oder jämmerliche Wichte vor, die mit Dollarbündeln um sich werfen. Und die Objekte ihrer Begierde nur als smarte Betrügerinnen, die sich Scheine in den Ausschnitt stopfen, aber physische Liebesdienste trickreich verweigern: Anders als hierzulande sind Stripclubs in den USA auch häufig Kontakthöfe für Prostitution. Da diese in den meisten Bundesstaaten verboten ist, wird sie oft informell in legalen Etablissements angebahnt.

 

Manifest des Raffzahn-Feminismus

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "The Kitchen: Queens of Crime" - weibliches Mafia-Epos von Andrea Berloff mit Melissa McCarthy

 

und hier eine Besprechung des Films "Widows – Tödliche Witwen" – fesselnder Thriller über Gangsterbräute + illegale Geschäfte von Steve McQueen

 

und hier einen Beitrag über den Film "Molly`s Game - Alles auf eine Karte" - komplexer Thriller im Glücksspiel-Milieu von Aaron Sorkin

 

und hier einen Bericht über den Film "Magic Mike" - über männliche Stripper von Steven Soderbergh mit Channing Tatum.

 

Für solche Niederungen sind Ramona, ihr Protegé Destiny (Constanze Wu) und all die langbeinigen Schönheiten um sie herum viel zu clever. Sie machen die Beine nur im Rampenlicht und Geldregen breit, was die Kamera wollüstig auskostet. Jede Genderforscherin dürfte sich zurecht über diese Fleischbeschau ereifern, die Frauen zu Lustobjekten für männliche Blicke degradiert – aber wenn diese sich selbstbestimmt zur Schau stellen, um abzukassieren, ist das natürlich schwer progressiv.

 

Die darin zum Ausdruck kommende Mentalität könnte man als Raffzahn-Feminismus beschreiben: Männer sind Schweine, also müssen Frauen es ihnen gleichtun. Denn sie handeln für edle Zwecke wie weibliche Solidarität und Sorge um den Nachwuchs – Ramona und Destiny sind allein erziehende Mütter, weil verantwortungslose Typen sie sitzen ließen.

 

Sexy Augenpulver

 

Zum Höhepunkt ihres Familiensinns wird eine Rotlicht-Weihnachtsfeier mit Nikolausmützen, bei der sie sich gegenseitig mit Luxusmode und ihre Kinder mit Barbie-Puppen beschenken. Im Konsum-Overkill kommt diese Form von Emanzipation zum Bewusstsein ihrer selbst.

 

Und in frivolen Oberflächenreizen, mit denen Regisseurin Scafaria nicht geizt: Kaum eine real existierende Tabledance-Bar dürfte so üppige Strip-Shows bieten wie dieser Film. Als sexy Augenpulver ist er uneingeschränkt zu empfehlen; der wohl laszivste Softcore-Erotikstreifen der Saison, den sich Teenies schon ab zwölf Jahren anschauen dürfen – also die Zielgruppe für das nächste Dancepop-Album von Latino-Queen Jennifer Lopez.