Ian McKellen + Helen Mirren

The Good Liar – Das alte Böse

Roy Courtnay (Ian McKellen) und Betty McLeish (Hellen Mirren). Fotoquelle: © 2019 Warner Bros. Entertaiment., Inc.,Foto Credit: Chiabella James
(Kinostart: 28.11.) Der betrogene Betrüger: Ein Hochstapler will eine harmlose Witwe ausnehmen, gerät aber an die Falsche. Ian McKellen und Helen Mirren glänzen im schwarzhumorigen Katz-und-Maus-Spiel von Regisseur Bill Condon, dem nur der letzte Schliff fehlt.

Selten sollte man so wenig über die Handlung verraten wie im Fall der schwarzhumorigen Romanverfilmung „Das alte Böse“ von Regisseur Bill Condon. Je weiter man ausholt, desto mehr bringt man die Zuschauer um das Vergnügen, diverse verzwickte Wendungen vorauszuahnen, oder sogar die alles entscheidende letzte Volte – und das macht den Spaß an diesem weitgehend gelungenen Thriller aus, der 2009 in London spielt.

 

Info

 

The Good Liar -
Das alte Böse

 

Regie: Bill Condon,

109 Min., USA 2019;

mit: Helen Mirren, Ian McKellen, Russell Tovey

 

Engl. Website zum Film

 

Die britische Starschauspielerin Helen Mirren gibt Betty McLeish, seit einem Jahr Witwe und ein wenig einsam. Deshalb sucht sie online nach neuen Bekannten und stößt dabei auf das Profil von Roy Courtnay, gespielt von Ian McKellen. Das erste Treffen der beiden verläuft so harmonisch, dass Betty Roy ihn in Windeseile in ihr beschauliches Vororthäuschen-Leben integriert. Schließlich kann man den armen Mann mit seinen Knieproblemen nicht alleine lassen.

 

Gemeinsame Geldanlage geplant

 

Sehr zum Unmut ihres misstrauischen Enkels Stephen (Russell Tovey) gründen Ray und Betty alsbald eine Art Sympathie-Zweck-WG; sie werden so sehr miteinander vertraut, dass sie ihrer beider Guthaben – Betty hat eine stattliche Summe geerbt – gemeinsam anlegen wollen. Dabei ahnt sie nicht, dass Rays Charme und vorgetäuschte Gebrechlichkeit nur dem Zweck dienen, sie nach Strich und Faden auszunehmen.

Offizieller Filmtrailer


 

Verfolger brutal erledigen

 

Der professionelle Hochstapler und Betrüger prellt gemeinsam mit seinem Kompagnon Vincent (Jim Carter) schon jahrzehntelang betuchte und habgierige Opfer um ihr Geld. Dass seine Methoden dabei keineswegs fein sind, zeigt sich, als ein Geschädigter ihm auf die Schliche kommt und Ray ohne Vorwarnung brutal zum letzten Mittel greift. Auch, um seinen letzten Coup nicht zu gefährden: Bettys Vermögen von drei Millionen Pfund soll seinen Ruhestand in der Sonne finanzieren. So einfach wie gedacht läuft das aber nicht, denn die vermeintlich naive Witwe verfolgt eine eigene, heimliche Agenda.

 

Bill Condon ist ein vielseitiger Regisseur. So hat er etwa ebenso das Broadway-Musical „Dreamgirls“ (2006) wie auch „Gods and Monsters“ verfilmt (1998), ein Biopic des „Frankenstein“-Regisseur James Whale, oder das fiktive Porträt des gealterten Super-Detektivs „Mr. Holmes“ (2015); in den beiden letzten Filmen spiele bereits Ian McKellen die Hauptrollen. Als betrügerischer Schwerenöter brilliert er auch in “ The Good Liar – Das alte Böse“, wobei er nicht der einzige Lügner ist.

 

Moderne „Ladykillers“-Version

 

Auch Betty hat mehr zu bieten als harmlosen Witwencharme und changiert gekonnt zwischen scheinbar ahnungslosem und durchtriebenem Auftreten. Beiden dabei zuzusehen, wie sie sich altersgerecht nonchalant umkreisen, um dann plötzlich aus der Rolle zu fallen, ist ein großes Vergnügen; hier ist nichts so, wie es scheint. Während Roys Absichten dem Zuschauer von vornherein klar sind, verraten Bettys verstohlene Seitenblicke, ihr Ausweichen oder etwas Nichtgesagtes, dass hinter ihrer biederen Fassade weit mehr steckt.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Mr. Holmes" - virtuos verschachtelte Detektiv-Geschichte von Bill Condon mit Ian McKellen

 

und hier einen Bericht über den Film "Trumbo" - gelungenes Biopic über den Drehbuch-Autor von Jay Roach mit Helen Mirren

 

und hier einen Beitrag über den Film "Ein Gauner & Gentleman" - lässig-bedächtige Gangster-Komödie von David Lowery mit Robert Redford.

 

Was als moderne Version der klassischen schwarzhumorigen Kino-Komödie „Ladykiller“ (1955) beginnt, entpuppt sich bald als verwickeltes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem nie ganz klar ist, wer das Opfer und wer die Beute sein wird. Dabei mangelt es der Geschichte nicht an vertrackten Haken und unterschwelligen Hinweisen auf Kommendes; so ist es kein Zufall, dass sich beide Quentin Tarantinos Nazi-Groteske „Inglourious Basterds“ (2009) im Kino anschauen.

 

Störende Rückblenden

 

Allerdings legt und verwischt der Film solche Fährten und Spuren nicht konsequent. Vor allem stören ausgiebige Rückblenden in die 1940er Jahre den Erzählfluss empfindlich, denn schauspielerisch können diese Passagen nicht mit dem zuvor gesetzten Niveau mithalten. Über das dramaturgische Auf und Ab lässt sich jedoch hinwegsehen.

 

Das eigentliche Pfund dieses keinesfalls betulichen Senioren-Thrillers sind nämlich die beiden Protagonisten; ihnen gibt Regisseur Condon die nötigen Freiräume, um ihren Figuren so viele Ecken, Kanten und Tiefenschichten zu geben, wie in einem langen Leben zusammenkommen. Dafür allein lohnt das Anschauen – und für den Knalleffekt am Ende, der ganz anders als erwartet ausfällt.