Zum Auftakt von Malik Vitthals zweitem Spielfilm „Body Cam – Unsichtbares Grauen“ wird man sogleich mit verstörenden Parallelen zur Wirklichkeit konfrontiert: In einer Nachrichtensendung wird vom Freispruch eines Polizeibeamten berichtet, dem die Ermordung eines unbewaffneten Afroamerikaners zur Last gelegt wird. Unweigerlich denkt man an die schrecklichen Bilder von George Floyd, der im Mai 2020 in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme getötet wurde – ein Ereignis, das nicht nur in den USA, sondern weltweit wütende Massenproteste gegen systematischen Rassismus und Polizeigewalt provozierte.
Body Cam - Unsichtbares Grauen Regie: Malik Vitthal, 92 Min., USA 2019; mit: Mary J. Blige, Nat Wolff, David Zayas, Anika Noni Rose Weitere Informationen zum Film Info
Beweis löst sich auf
Dass hinter dem brutalen Ableben eines Streifenkollegen eine übernatürliche Macht steckt, erkennt die gewissenhafte Polizistin Renee (Mary J. Blige) sofort, als sie am Ort des Geschehens eintrifft. Der auf Video gebannte Beweis seines gewaltsamen Todes löst sich allerdings in Luft auf. Renee, die bis vor kurzem suspendiert war, will eigentlich nur in Ruhe ihren Dienst tun; weil am Vortag der mordende Polizist freigesprochen worden ist, liegt jedoch eine besondere Anspannung in der Luft. Dazu kommt, dass sie mit Danny (Nat Wolff) einen unerfahrenen Partner an ihrer Seite hat. Offizieller Filmtrailer
Halbherzig gezeichnete Figuren
Renee fühlt sich berufen, den seltsamen Ereignissen auf den Grund zu gehen. Schon bald stolpert sie über weitere grässlich zugerichtete Leichen. „Body Cam – Unsichtbares Grauen“ versagt nicht nur als Kommentar zu Polizeigewalt und toxischem Korpsgeist. Der Horrorthriller wird zudem seinem Anspruch kaum gerecht, eine unheimliche Geschichte spannend zu erzählen. Der Hintergrund der äußerst blutig in Szene gesetzten Attacken zeichnet sich bereits im Mittelteil deutlich ab.
Bei ihren Ermittlungen fallen Renee die Erkenntnisse oft allzu leicht in den Schoß. Ganz allgemein fehlt es dem Film an mehrdimensionalen Figuren, die auch Kanten haben. Renee bekommt zwar eine tragische Hintergrundgeschichte verpasst; emotionales Kapital schlagen die Macher jedoch nicht daraus, dass die Polizistin durch den Unfalltod ihres Sohnes traumatisiert ist. Noch halbherziger ist die Zeichnung Dannys, dessen aufgewühltes Innenleben viel zu spät in den Fokus rückt.
Perspektivwechsel fehlen
Angesichts solcher inhaltlicher Schwächen hätte Vitthal zumindest Mühe darauf verwenden können, atmosphärische Akzente zu setzen. Doch abgesehen von einer ungemütlichen Konfrontation in einem kleinen Supermarkt bietet „Body Cam – Unsichtbares Grauen“ auch in dieser Hinsicht wenig. Immer wieder stapft Renee gefühlte Ewigkeiten lang durch schummrige Gebäude, ohne dass jenseits formelhafter Geisterbahneffekte etwas Aufregendes passieren würde. Unfreiwillig demonstriert Vitthal vor allem, dass Dunkelheit, flackernde Lichter und ein plötzliches Anschwellen der Tonspur allein nicht für ein beklemmendes Kinoerlebnis sorgen.
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Verschenkte Aktualität
Immerhin darf man wohl froh sein, dass das Geschehen nicht durchgängig aus dem Sichtwinkel der titelgebenden Kameras gezeigt wird; die werden schließlich von Polizisten im Einsatz am Körper getragen. Zumindest ermüdendes Dauergewackel bleibt dem Zuschauer erspart. Vitthal hätte allerdings die zwischendurch immer wieder eingestreuten Body-Cam-Einstellungen durchaus wirkungsvoller einsetzen können. Das hingeschluderte Finale bestätigt einmal mehr den enttäuschenden Gesamteindruck: „Body Cam – Unsichtbares Grauen“ ist ein uninspiriert zusammengebastelter Möchtegern-Schocker, der ein hochaktuelles Thema – willkürliche Polizeigewalt – leichtfertig verschenkt.