Lange zeichnete das Mainstream-Kino ein eher rosiges Bild des Altwerdens; frustrierende Aspekte wie etwa der, dass betagten Menschen nicht mehr viel Lebenszeit bleibt, wurden recht stiefmütterlich abgehandelt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert; man denke an den übellaunigen Witwer Carl im herzerwärmenden Trickfilm „Oben“ (2009) von Pete Docter. Oft geht es dabei um nicht realisierte Lebensträume und die Frage: Muss man seine Ambitionen im Alter begraben? Oder ist es gerade in dieser Lebensphase wichtig, sich noch einmal neuen Aufgaben zu stellen?
Astronaut Regie: Shelagh McLeod, 97 Min., Kanada 2019; mit: Richard Dreyfuss, Lyriq Bent, Krista Bridges Info
Den Kinder eine Last
Dem von Dreyfuss gespielten Pensionär Angus Stewart geht es nicht gut: Nach dem Tod seiner demenzkranken Frau sitzt er auf einem Berg Schulden. Auch gesundheitlich baut er immer mehr ab: Er scheint seiner Tochter Molly (Krista Bridges) und ihrem ohnehin wenig einfühlsamen Ehemann Jim (Lyriq Bent) vor allem eine Last zu sein. Einzig sein Enkel Barney (Richie Lawrence) interessiert sich aufrichtig für den früheren Straßenbauingenieur, dessen Leidenschaft das Weltall ist; am liebsten wäre Angus Astronaut geworden.
Offizieller Filmtrailer
Per Lotterie in die Galaxie
Gleich zu Anfang des Films entstaubt er sein altes Teleskop. In seinem Umfeld teilt jedoch nur Barney seine Leidenschaft fürs Sternegucken. Als Angus schließlich in eine Pflegeeinrichtung umziehen muss, zerrt der eintönige Alltag schnell an seinen Nerven. Soll das wirklich alles gewesen sein? Auch Barney findet: Auf keinen Fall! Er ermuntert seinen Großvater, an einer ungewöhnlichen Lotterie teilzunehmen. Ein Milliardär namens Marcus Brown (Colm Feore), ein blasser Verschnitt des exzentrischen Unternehmers Elon Musk, verlost nämlich einen Platz für einen zivilen Weltraumflug.
Die Altersgrenze missachtend, meldet sich Angus an – und schafft es wider Erwarten in die Vorauswahl. Ausgerechnet ihm fällt bald ein grober Planungsfehler dieses so ambitionierten wie kostspieligen Projekts auf: Deutlich prangert der Film an, dass alte Menschen oft einfach abgeschoben werden. Dem setzt Regisseurin McLeod eine Geschichte entgegen, die dem sympathischen, wenn auch etwas naiven Prinzip gehorcht: Folge Deinen Träumen!
Dramaturgisches Stottern
In „Astronaut“ stecken fraglos gute Absichten; die Botschaft der 60-jährigen Neuregisseurin ist durchaus sympathisch. Wenig gelungen wirkt jedoch, wie sie diese im Detail umsetzt. Obwohl McLeod mit Richard Dreyfuss einen versierten Darsteller engagieren konnte, wirkt ihr Protagonist einfach nicht interessant genug. Hier und da blitzt zwar das Charisma des Altstars auf, doch das Drehbuch liefert ihm kaum Vorlagen, um zu glänzen.
Hintergrund
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Plump ausformuliert
Dramaturgisch kommt der Film bereits im Mittelteil ins Stottern: Familiäre Konflikte, die anfangs eingeführt wurden, spielen plötzlich keine Rolle mehr. Ohne Dringlichkeit plätschert die Handlung ihrem vorhersehbaren Ende entgegen und wirkt passagenweise wenig glaubwürdig. Die charmante Grundidee hätte mehr erzählerische Raffinesse verdient.
Mit seinen nicht gerade fantasievollen Bildern wirkt „Astronaut“ auch visuell holprig. Dass sich McLeod in einer Szene zudem bemüßigt fühlt, ihre Botschaft explizit auszuformulieren, sagt eigentlich schon alles über den Einfallsreichtum dieser uninspirierten Erbauungsgeschichte aus.