Gabriel Byrne

Death of a Ladies‘ Man

Samuel O`Shea (Gabriel Bryne) und Charlotte Lafleur (Jessica Paré). Foto: Jonathon Cliff © 2022 Doalm Ontario Inc.,
(Kinostart: 7.4.): Die unerträgliche Leichtigkeit der Egozentrik: Trinker und Frauenhelden sind aus der Mode. Daran krankt dieses Akademiker-Psychogramm von Regisseur Matt Bissonette – ein von sich selbst besoffener Egotrip, untermalt von Songs des kanadischen Nationalbarden Leonard Cohen.

Whisky, Weib und Gesang: In der kanadischen Metropole Montreal lebt der Poesie-Professor Samuel O’Shea (Gabriel Byrne) das feuchtfröhliche Leben eines Trinkers und Frauenhelden. Doch die Anzeichen mehren sich, dass es bald zu Ende gehen wird: Nach einer Routine-Sauftour diagnostiziert seine Ärztin Alkoholismus und einen inoperablen Gehirntumor.

 

Info

 

Death of a Ladies‘ Man

 

Regie: Matt Bissonnette,

101 Min., Kanada/ Irland 2020;

mit: Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson

 

Weitere Informationen zum Film

 

Beides tut der überzeugte Zyniker mit einem Achselzucken ab. Doch auch er muss zugeben, dass es nicht besonders gut läuft: Nachdem er seine zweite Frau bei einem Seitensprung erwischt hat, ist er wieder Single, obwohl er sich insgeheim nach Zweisamkeit sehnt. So treibt er sich auf Partys herum, für die er eigentlich viel zu alt ist, führt imaginäre Gespräche mit seinem verstorbenen Vater und kann kaum noch die Realität von seinen Halluzinationen unterscheiden.

 

Schwuler Sohn + Tochter liebt Literaten

 

Im wirklichen Leben eröffnet ihm sein Sohn, dass er Männer liebt, während seine Tochter sich – ausgerechnet! – einen Möchtegern-Schriftsteller geangelt hat. Herrje: Die Frauen werden immer jünger, und selbst das Flirten macht irgendwie keinen Spaß mehr. Alles gute Gründe für ihn, erstmal ein Schlückchen zu kippen.

Offizieller Filmtrailer


 

Alki-Prof-Sinnsuche lässt kalt

 

Endlich entscheidet er sich, in seine irische Heimat zurückzukehren, um dort endlich das Buch zu schreiben, das in ihm steckt. Dort scheint er dank einer – natürlich weitaus jüngeren – Frau zur Ruhe zu kommen. Doch dann ruft ihn seine dysfunktionale Restfamilie zurück nach Montreal, wo sich schließlich sein Schicksal erfüllt.

 

Die Hauptrolle eines melancholischen Hedonisten ist Gabriel Byrne wie auf den Leib geschrieben. Auch das übrige kanadische Schauspieler-Ensemble agiert passabel. Daran liegt es nicht, dass diese Sinnsuche eines gealterten Professors den Zuschauer eher kalt lässt. Vielleicht interessiert der Abgesang auf einen akademisch-versoffenen Lebensstil nicht mehr, weil dieses Milieu von Autoren wie John Irving in „Garp und wie der die Welt sah“ (1978) oder Philip Roth in „Der menschliche Makel“ (2000) bereits ausführlich geschildert und werkgetreu verfilmt worden ist.

 

Cohen als allgegenwärtiger Stichwortgeber

 

Überdies wird nie recht deutlich, was Sam im Angesicht des Todes außer einer gewissen Sinnleere eigentlich umtreibt und was sich am Ende für ihn klärt – abgesehen von eingebildeter Anerkennung seines Vaters. Zudem greifen die Elemente von Drama, Komödie und Musical in diesem Film längst nicht so nahtlos ineinander wie bei den Gefühlsprofis aus Hollywood. Dass die Handlung in Montreal und im ländlichen Irland spielt, schafft immerhin Abwechslung beim Lokalkolorit.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "The Guard – Ein Ire sieht schwarz"  – schwarzhumorige Krimi-Komödie aus Irland von John Michael McDonagh

 

und hier eine Besprechung des Films "Laurence Anyways" – romantisches Transsexualitäts-Drama aus Kanada von Xavier Dolan mit Suzanne Clément

 

und hier ein Bericht über den Film "I, Anna" – spannender Psychothriller über Opfer-Täterin von Barnaby Southcombe mit Gabriel Byrne

 

und hier ein Beitrag über den Film "Am Sonntag bist Du tot - Calvary" – schwarzhumorige irische Sitten-Tragikomödie von John Michael McDonagh.

 

Wie in seinem ersten Film, der Loser-Komödie „Looking for Leonard“ (2002), benutzt Regisseur Matt Bissonette den kanadischen Nationalbarden Leonard Cohen als omnipräsenten Stichwortgeber. Die Charaktere lesen seine Bücher („Beautiful Loser“, 1966) und zitieren seine Texte. Berühmte Cohen-Songs wie „Bird on a Wire“ und „Halleluja“ laufen im Off; zum Teil in bearbeiteten Versionen, die eher die Handlung untermalen als zur Erbauung seiner Fans dienen.

 

Als Junkie nach drei Minuten clean

 

Ähnlich eigenwillig bleibt die Bildebene: Samuels teilweise halluzinierte Erfahrungen bleiben zu speziell, bizarr und konstruiert, als dass sich irgendjemand außer trinkfesten College-Professoren damit identifizieren könnte. Wenn es dagegen wirklich dramatisch wird, traut sich der Film nicht unter die Oberfläche. Um seine Tochter von ihrer Heroinsucht zu kurieren, braucht Samuel kaum drei Filmminuten – nur ein kurzer Schlenker auf dem langen Weg eines Egozentrikers zu sich selbst.

 

Dass Samuel seine schwer erträgliche Ichbezogenheit gegen Ende etwas eindämmt, sich in die Fürsorge der Anonymen Alkoholiker begibt und sich damit wenigstens die Vergebung seiner Familie sichert – das ist alles, was sich „Death of a Ladies’ Man“ an Katharsis leisten mag. Der Film erweist sich damit als ebenso von sich selbst besoffen wie sein Protagonist.