Javier Bardem

Der perfekte Chef

Julio Blanco (Javier Bardem) glaubt der perfekte Chef zu sein. Foto: © Alamode Film
(Kino-Start: 28.7.) Neueste Management-Methoden auf Spanisch: Um einen Preis der Bezirksregierung zu gewinnen, tut Javier Bardem als Firmenboss wirklich alles. Die Unternehmensführungs-Satire von Regisseur Fernando León de Aranoa gleitet ins Düstere ab – trotz ihres überragenden Hauptdarstellers.

Ein perfekter Auftritt: „Der Perfekte Chef“ hat sechs Goyas gewonnen, die wichtigsten spanischen Filmpreise. Dazu passt gut, dass es auch im Film um eine Auszeichnung geht. Zum Auftakt ruft Vollblut-Unternehmer Julio Blanco (Javier Bardem) seine Angestellten eindringlich auf, in den nächsten Tagen beste Arbeit zu leisten und jedem, der fragt, nur Positives über die Firma zu berichten.

 

Info

 

Der perfekte Chef 

 

Regie: Fernando León de Aranoa, 

120 Min., Spanien 2021;

mit: Javier Bardem, Almudena Amor, Manolo Solo

 

Weitere Informationen zum Film

 

Das soll sich rentieren: Die Industriewaagen-Fabrik befindet sich im Wettbewerb der Bezirksregierung zur Kategorie „Business-Exzellenz“ in der Endauswahl. Nun steht noch eine letzte verdeckte Prüfung an, bevor unter den drei Finalisten der Gewinner gekürt wird. Doch häufen sich ausgerechnet jetzt die Probleme.

 

Ein Ärger jagt den nächsten

 

Der jüngst entlassene José (Óscar de la Fuente) sorgt erst für Unfrieden in der Firma und protestiert später hartnäckig vor dem Fabrikgelände gegen seinen Rausschmiss. Auch Produktionsleiter Miralles (Manolo Solo) macht Blanco Sorgen, weil er zurzeit nicht bei der Sache ist und sich die Fehler häufen. Obendrein bittet ihn der langjährige Mitarbeiter Fortuna (Celso Bugallo) um Hilfe, weil sein Sohn kürzlich verhaftet worden ist.

Offizieller Filmtrailer


 

Haifischgrinsen mit silbergrauem Haar

 

Um all das und noch viel mehr kümmert sich Blanco persönlich: Er betrachtet sein Personal gern als große Familie, die er mit seiner Frau Adela (Sonia Almarcha) selbst nicht hat. Ständig ist er dabei, Dinge zu regeln und ins Lot zu bringen; dabei hält er stets die Zügel fest in der Hand. Dass er sich mitunter auch tief ins Privatleben seiner Angestellten einmischt, ist Teil seines Selbstverständnisses: Er ist fraglos der Boss, und die Firma steht über allem.

 

Offenkundig zieht Javier Bardem in diesem Film alle Fäden. Souverän und mit Haifischgrinsen präsentiert er sich als großzügiger und verständnisvoller Chef, allzeit im Einsatz – zugleich nutzt er genüsslich jede Gelegenheit, die Vorrechte eines Firmen-Patriarchen auszuspielen. Da mag Blanco noch so strahlend lächeln oder der neuen Praktikantin Liliana den Hof machen: Stets geht von seiner randlosen Brille und dem gepflegt silbergrauen Haar ein Hauch von Hinterlist und Bedrohung aus.

 

Erste Kooperation bei „Montags in der Sonne“

 

Leider ist Bardems beeindruckende Leistung das Einzige, was diese solide, aber vorhersehbare Satire über Firmenlenker, Korruption und Management-Strategien zum Kinoerlebnis macht. Dagegen sind weder Drehbuch, Regie oder Schnitt preiswürdig. Das fällt umso mehr auf, wenn man auf „Montags in der Sonne“ (2002) zurückblickt: In diesem Film, mit dem Regisseur Fernando León de Aranoa seinen internationalen Durchbruch erlebte, stand Bardem zum ersten Mal für ihn vor der Kamera.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "A Perfect Day" – brillante Entwicklungshilfe-Tragikomödie von Fernando Léon de Aranoa

 

und hier eine Besprechung des Films "Wege des Lebens – The Roads not taken" – realistisches Demenz-Drama von Sally Potter mit überragendem Javier Bardem

 

und hier einen Beitrag über den Film "Offenes Geheimnis" - komplexes Familien-Drama mit Javier Bardem von Asghar Farhadi.

 

Damals gelang es Aranoa, mit klug gezeichneten Figuren und herrlich leichtfüßiger Handlung voller kleiner Dramen und komischer Momente, verschiedene Aspekte von Arbeitslosigkeit zu veranschaulichen. Dieses Kunststück kann er hier nicht wiederholen.

 

Waage für Gewicht austricksen

 

„Manchmal muss man die Waage austricksen, um das genaue Gewicht zu ermitteln“, bemerkt Blanco einmal – und setzt das sogleich um. Diese Metapher wird jedoch derart überstrapaziert, dass der Film selbst zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät.

 

Durch die dunklen Machenschaften des Firmenchefs mit vermeintlich weißer Weste trübt sich die Komödie gegen Ende mit einer bitter-düsteren Note ein, die weder Bardem noch Regisseur Aranoa mit diversen Plot-Wendungen erfolgreich austarieren können. Dafür entschädigt allenfalls die Musik von Zeltia Montes.