James Cameron

Avatar: The Way of Water (3D)

Jake Sully (Sam Worthington) und Neytiri (Zoe Saldaña) mit ihrer Familie. Foto: © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.
(Kinostart: 14.12.) Nichts geht über meine Omatikaya-Familie auf dem Pandora-Planeten: Mit der Fortsetzung des SciFi-Blockbusters von 2009 verbreitet Regisseur James Cameron sehr altmodisch traditionelle Werte – verpackt in avancierte Animationstechnik, insbesondere bei spektakulären Unterwasser-Szenen.

Gut Ding will Weile haben: Sage und schreibe fünf Mal verschoben wurde der Starttermin für die Fortsetzung von James Camerons Science-Fiction-Epos von 2009. „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ ist der kommerziell erfolgreichste Film aller Zeiten; er spielte weltweit 2,9 Milliarden US-Dollar ein. Daran anzuknüpfen, es gar zu übertrumpfen, ist schwer: Bei jeder Startverschiebung wurden die Erwartungen weiter angeheizt.

 

Info

 

Avatar: The Way of Water (3D)

 

Regie: James Cameron,

192 Min., USA 2022;

mit: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver

 

Weitere Informationen zum Film

 

Regisseur Cameron wurde Überperfektionismus nachgesagt: Er wolle stets noch spektakulärere 3D-Techniken anwenden. Zwischenzeitlich produzierte er andere SciFi-Filme, etwa „Alita: Battle Angel“ und „Terminator: Dark Fate“ (beide 2019); schließlich kam die Pandemie dazwischen. Nun soll 13 Jahre nach dem ersten Teil das Weihnachtsgeschäft der Fortsetzung, deren Produktion rund 250 Millionen Dollar gekostet haben soll, abermals zu Rekordumsätzen verhelfen. Sie ist sowohl in 2D als auch in 3D zu sehen – und mit 193 Minuten Laufzeit sogar noch eine halbe Stunde länger als der Vorgänger.

 

Na’vi-Indianer lassen Zug entgleisen

 

Dramaturgisch lässt sich das allerdings nicht rechtfertigen, denn erneut variiert Cameron nur einen bekannten Plot. Waren es 2009 unverhohlene Anleihen an den Pocahontas-Mythos von der edlen, friedliebenden Indianerfrau, sind es diesmal allgemeine Schemata des Western-Genres: Zwei frühere Verbündete jagen einander unbarmherzig, von Rachedurst getrieben. Das klingt im Auftakt an: Eine Reiterschar der einheimischen Na’vi lässt einen Versorgungszug der menschlichen Militärs, die sich mittlerweile massenhaft auf dem Planeten Pandora angesiedelt haben, entgleisen.

Offizieller Filmtrailer


 

Fünf Teenager mit Pubertätsproblemen

 

Die eigentliche Handlung setzt zwölf Jahre nach den Ereignissen im ersten Film ein. Jake Sully (Sam Worthington) ist weiterhin Oberhaupt des Omatikaya-Clans und hat eine Familie gegründet, zu der neben drei eigenen auch noch zwei adoptierte Kinder gehören: die Tochter von Forscherin Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver) und der Sohn des Marine-Schleifers Miles Quaritch, der im ersten Teil jämmerlich umkam.

 

Diese Rangen sind allesamt Teenager mit den üblichen Pubertätsproblemen – bei sich selbst, gegenüber ihrer Umwelt und angesichts der an sie gerichteten Erwartungen. Während die Jugendlichen sich ausprobieren, kommt ihnen der brandneue Avatar des toten Marines Quaritch in die Quere: Gemeinsam mit ein paar Erfüllungsgehilfen soll er für die endgültige Vertreibung des Omatikaya-Clans sorgen.

 

Alles prima im unberührten Ozean

 

Was nun folgt, ist leicht vorhersehbar. Familie Sully zieht weiter westwärts an einen Ozean, wo sie bei einem türkisfarbenen Meeresvolk landet; diese Spezies ist mit flossenähnlichen Schwänzen, hübschen Gesichtstätowierungen im Maori-Stil und großem Lungenvolumen zum Unterwassertauchen ausgestattet. Die so genannten Metkayina nehmen die Flüchtlinge freundlich auf und eröffnen ihnen eine neue Sphäre als Lebenswelt, das Wasser.

 

In diesen Szenen bewegt sich die Animationstechnik auf höchstem Niveau, mit täuschend echten Mehrfachspiegelungen von Wasser und anderen reflektierenden Oberflächen. So führt Cameron die Idealversion einer unberührten Hochsee und ihrer Bewohner vor; sie leuchten geheimnisvoll und treiben Schabernack, wie es sich auf dem Märchenplaneten Pandora gehört. Ihnen beigesellt sind hyperintelligente Meeressäuger, die komponieren und eine fast symbiotische Beziehung zu den Metkayina-Landbewohnern unterhalten – ein wenig wie der Wal-Film „Free Willy“ (1993) auf esoterisch.

 

Regressiver Rückzug auf Vertrautes

 

Ganz irdisch, nämlich US-amerikanisch, und traditionell sind dagegen die Wertvorstellungen, die immer wieder beschworen werden: Sully spricht von seiner Familie als Festung und definiert seine Vaterrolle vor allem als Beschützer. Auf den ersten Blick mag dieses Verständnis von Geschlechter- und Sozialbeziehungen arg altmodisch wirken. Dialektisch betrachtet, ließe sich einwenden: Der Film reflektiert den regressiven Rückzug auf Vertrautes in einer turbomodernisierten, unübersichtlichen Welt – als Ausdruck von Sehnsucht nach einer Zeit, wo alles in Ordnung schien und man noch unbeschwert durch kristallklares Wasser mit drolligem Seegetier tollen konnte.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Alita - Battle Angel" - SciFi-Manga-Adaption von Robert Rodriguez, produziert von James Cameron

 

und hier eine Besprechung des Films "Arrival" - faszinierend intelligenter SciFi-Psychothriller über Kommunikation mit Außerirdischen von Denis Villeneuve mit Amy Adams

 

und hier einen Beitrag über den Film "Valerian - Die Stadt der tausend Planeten (3D)" - originelle ScFi-Comic-Action von Luc Besson.

 

Die am und im Wasser spielenden Passagen sind atemberaubend – von Wellen und Gischt über Pflanzen und Tiere bis zur Strömung und einzelnen Tropfen erscheint alles völlig natürlich, obwohl oder gerade weil die Bilder nahezu komplett computergeneriert sind. Solche Schaueffekte sind offenkundig auf Teenager als Zielpublikum zugeschnitten, wie auch die meisten Konflikte: von Geschwistern, die nicht zueinander passen wollen, bis zum ältesten Spross, der fürchtet, den Ansprüchen anderer nicht zu genügen – und sich heldenmutig opfert.

 

Drei Stunden perfekter Eskapismus

 

Solche Versatzstücke aus dem Weltraumoper-Baukasten sollen offenkundig jedem etwas bieten und gefallen – was prompt streckenweise langweilt, bis es zum klassischen Showdown der Kontrahenten mit militärischer Verstärkung kommt. Von der ausgefeilten Animationstechnik abgesehen, fragt man sich bald: wozu das Ganze – außer drei Stunden perfekten Eskapismus zu bieten.

 

Cameron ist offensichtlich davon besessen, sich und seine Mega-Blockbuster selbst überbieten zu müssen: Schon jetzt sind drei weitere Avatar-Sequels angekündigt. Eine davon ist bereits gedreht und muss nur noch mit CGI-Grafik aufgemotzt werden; da bleibt nur noch zu hoffen, dass ihre Story interessanter ausfallen wird.