Nicolas Cage

Renfield

Renfield (Nicholas Hoult). Foto: © 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.
(Kinostart: 25.5.) Die gute alte Tradition der Dracula-Filme beerbt Regisseur Chris McKay mit einem Genre-Mix aus Horror- und Gangsterfilm. Die Geschichte des Gehilfen Renfield ist zwar nicht besonders innovativ, unterhält aber mit Spielfreude, Zitatenlust und jeder Menge Blut.

Seit Bram Stoker in seinem Roman „Dracula“ eine historische Figur aus dem Mittelalter mit einem noch älterem Volksglauben verquickte, ist der gute alte Vampir aus der Populärkultur nicht mehr wegzudenken. Der Figur nach unzähligen Verfilmungen noch etwas Neues abzugewinnen, ist nicht einfach. Das personifizierte blutsaugende Böse ist für viele der Fiesling des Vertrauens, da Marotten und Schwächen bekannt und variierbar sind. Das macht ihn aber auch ein wenig langweilig. Warum also nicht in seinem Umfeld nach einem geeigneten Kandidaten schauen, mit dem man die immer gleiche Geschichte vom nach Blut dürstenden Monster anders erzählen kann?

 

Info

 

Renfield

 

Regei: Chris McKay,

93 Min., USA 2023;

mit: Nicolas Cage, Nicholas Hoult, Awkwafina, Ben Schwartz, Adrian Martinez

 

Weitere Informationen zum Film

 

Die Wahl fiel diesmal auf Draculas Gehilfen Renfield. Der wurde bisher gern als verhaltensgestörter Irrer mit furchterregender Lache und großem Appetit auf Insekten dargestellt – besonders eindrücklich von Tom Waits in Francis Ford Coppolas Adaption von 1992. In diesem Film dagegen hat der Handlanger alle Sinne sehr gut beisammen. Allerdings ist er nach fast hundert Jahren im Außendienst für seinen immer hungrigen Chef reichlich ausgelaugt. Der ist nach einer längeren Durststrecke noch nicht wieder ganz er selbst, weshalb Renfield im nächtlichen New Orleans ständig neue wandelnde Blutreserven zum Aussaugen anschleppen muss.

 

Neunzig Jahre Knechtschaft

 

Das lässt ihm keine Zeit selbst zur oberflächlichsten Pflege, weshalb er seit gut neunzig Jahren denselben, inzwischen verschlissenen Anzug trägt. Es ist der Anzug, den er trug, als Dracula (Nicholas Cage) ihn einst gegen seinen Willen in Dienst stellte. Seitdem muss er zum eigenen Lebenserhalt gelegentlich ein paar Ratten den Lebenssaft aussaugen oder, wenn’s brenzlig wird, Insekten naschen. Dann werden übernatürliche Kräfte und Kampfkunst-Fähigkeiten entfesselt, denen kein Sterblicher etwas entgegensetzen kann.

Offizieller Filmtrailer


 

Renflieds Vorgeschichte erzählt Regisseur Chris McKay in einer Schwarzweiß-Sequenz, die sich respektvoll ironisch vor den alten Dracula-Filmen mit Bela Lugosi verneigt. Es folgt ein Sprung in die triste Gegenwart. In einer Selbsthilfegruppe für toxische Beziehungen trifft der äußerlich immer noch junge Renfield (Nicholas Hoult, mit irrer Lache) auf Menschen, die vor allem mit Energievampiren Erfahrungen gesammelt haben. Langsam reift in ihm der Wunsch nach Unabhängigkeit von seinem Boss. Nur wie er das anstellen soll, ist ihm noch nicht klar. 

 

Eine neue Aufgabe

 

Erst als er auf die Polizistin Rebecca (Awkwafina) trifft, eröffnet sich für ihn ein Ausweg. Nun hat er eine neue Aufgabe, denn die ambitionierte junge Frau hat der mächtigsten Verbrecherfamilie von New Orleans den Kampf angesagt und nichts gegen die Hilfe eines äußerst fähigen Mitstreiters einzuwenden. So sieht sich Renfield mit zwei Herausforderungen konfrontiert: sich von seinem rachsüchtigen Chef abzunabeln und Rebecca zu beeindrucken.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension  der Ausstellung "Phantome der Nacht – 100 Jahre Nosferatu" – schön schaurige Themenschau zum Uraufführungs-Jubiläum des ersten Vampirfilms in der Sammlung Scharf-Gerstenberg, Berlin

 

und hier eine Besprechung des Films "Only Lovers Left Alive" – satirische Vampir-Liebesgeschichte von Jim Jarmusch mit Tilda Swinton

 

und hier einen Beitrag über den Film "5 Zimmer Küche Sarg" - Vampir-Doku-Komödie von Jemaine Clement + Taika Waititi

 

und hier einen Bericht über den Film "Abraham Lincoln Vampirjäger" - History-Fantasy-Spektakel von Timur Bekmambetov.

 

Diese im Grunde klassische Coming-of-Age-Konstellation bettet McKay in der Folge in einen zwischen Gangsterfilm und Horrorkomödie changierenden Plot, der sich aus beiden Genres lustvoll bedient. Auch die allmähliche Emanzipation des jungen Mannes von der dominanten Vaterfigur inszeniert er schön sichtbar, indem der verschlissene altmodische Tweed-Anzug einer sauber pastellfarbenen Garderobe weicht, die auch noch zur Wohnungseinrichtung passt. Währenddessen stapeln sich im dunklen verließartigen Quartier Draculas die Leichen, und immerfort surren die Fliegen.

 

Blutige Schauwerte

 

Blutig geht es in dem Film allemal zu, nicht nur wegen Draculas Ernährungsgewohnheiten. Die machtgierigen Mafiosi haben ebenfalls keine Angst vor abgetrennten Armen oder anderen Amputationen. Für schwache Nerven ist das nichts, wobei wie in alten Horrorfilmen absichtlich wenig Wert auf anatomische Genauigkeit gelegt wird. Im Vordergrund steht stets der Schauwert. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die Geschichte an sich wenig innovativ und etwas platt daherkommt.

 

Das Zusammenspiel von Nicholas Hoult und Nicolas Cage, der als würdiger Nachfolger der überzogen agierenden Dracula-Darsteller Bela Lugosi oder Christopher Lee brilliert, tröstet darüber hinweg und macht großen Spaß. Weniger gelungen ist allerdings die Besetzung der Polizistin Rebecca: Die sinoamerikanische Rapperin Awkwafina wirkt neben den tonangebenden Herren etwas blass.

 

Bei aller Spielfreude und Zitatenlust bleibt auch die wenig konsistente Story irgendwann auf der Strecke, was wiederum gut in den Kanon der nicht ganz ernst gemeinten Dracula-Filmen passt. Auch wenn diese meistens als alberne B-Movies galten, waren sie dennoch stilbildend. Gut unterhalten wird man in diesem Genre-Mix allemal. Und den Abspann sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.