Emily Blunt + Ryan Gosling

The Fall Guy

Jody Moreno (Emily Blunt) mit ihrem ehemaligen Geliebten Colt Seavers (Ryan Gosling). Foto: © Universal Studios. All Rights Reserved.
(Kinostart: 2.5.) Bekannt aus Funk und Fernsehen: Vor 40 Jahren jagte Stuntman Colt Seavers im ZDF-Vorabendprogramm flüchtige Bösewichte. Der Kinofilm zum Thema feiert altmodisches Stunt- und Filmhandwerk – er modernisiert die TV-Serie mit Ironie und einem idealbesetzten Ryan Gosling.

Einmal mehr würdigt Hollywood eine TV-Serie aus den 1980er Jahren mit einer filmischen Aufarbeitung. „3 Engel für Charlie“ und das „A-Team“ haben es vorgemacht. Die jüngste Renovierung gilt der TV-Serie „The Fall Guy“, die in der Bundesrepublik unter dem Namen „Ein Colt für alle Fälle“ ab 1983 im ZDF ausgestrahlt wurde. Ihre Hauptfigur war der von Lee Majors gespielte Stuntman Colt Seavers, der sich als Kopfgeldjäger etwas dazuverdiente: Zwischen seinen Filmproduktionen spürte er flüchtige Delinquenten auf, die auf Kaution entlassen worden waren.  

 

Info

 

The Fall Guy

 

Regie: David Leitch,

126 Min., USA 2024;

mit: Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Taylor-Johnson

 

Weitere Informationen zum Film

 

In seinem Neffen Howie hatte er einen gutmütigen, aber schlagkräftigen Gehilfen; und mit Jody eine Art Sekretärin, deren Aufgabe vornehmlich darin bestand, im Bikini gut auszusehen. Dass es dieses Stellenprofil nicht in die Filmversion geschafft hat, versteht sich. Überhaupt sind vom Vorbild eigentlich nur der Name des Protagonisten und seine Hauptbeschäftigung als Stuntman übriggeblieben.

 

Aus der Versenkung

 

Gerade lässt er wieder durch die Ausübung seiner Tätigkeit den Action-Star Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson) gut aussehen, als am Set ein Unfall passiert. Der Job muss pausieren, und auch die aufblühende Romanze mit Kamerafrau Jody Moreno (Emily Blunt) findet ein jähes Ende. Selbstmitleidig verschwindet Colt (Ryan Gosling) in der Versenkung, um 18 Monate später von der durchtriebenen Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham) aufgespürt zu werden.

Offizieller Filmtrailer


 

Blockbuster in Gefahr

 

Sie hat einen Auftrag für ihn: Die teuren Dreharbeiten für einen Science-Fiction-Blockbuster stehen auf dem Spiel. Regie führt dabei erstmals seine alte Bekannte Jody Moreno. Die Chance auf ein Wiedersehen mit ihr lockt den Mann aus seinem Jammertal. Am Filmset in Australien angekommen, muss er jedoch feststellen, dass weder sie noch sonst jemand händeringend auf ihn wartet. Auch soll er gar nicht wie üblich vor der Kamera seine Knochen hinhalten.

 

Stattdessen erfährt er, dass die Produktion ein Problem hat: Hauptdarsteller Tom Ryder ist spurlos verschwunden, was mit allen Mitteln verschleiert werden muss. Die Hoffnung, ihn zu finden, ruht da auf Colt, weil er Ryder dank ihrer langen Zusammenarbeit sehr gut kennt. Beim Dreh wird versucht, das Fehlen des Action-Stars mit allen zu Verfügung stehenden Tricks zu kompensieren. Wenn CGI nicht hilft, springt Colt auch mal als Double ein. Abseits vom Set legt er sich derweil mit allerhand Bösewichten an und kommt dabei einer Verschwörung auf die Spur.

 

Wortwitz und Action

 

Zudem gilt es, das abrupt beendete Verhältnis mit Jody zu klären, für die Colt immer noch Gefühle hegt. Bis es dazu kommt, wird selbstredend ausgiebig geprügelt, gehen etliche Möbel und Glasscheiben zu Bruch und werden Transportmittel jeglicher Art zur Explosion gebracht. Es ist eben ein Actionfilm. Diese Art von „durchschnittlichem“ Blockbuster-Material hat Regisseur David Leitch auch schon als Folge der „Fast and Furious“ -Serie abgeliefert.

 

Scheinbar hat Leitch – ebenfalls ein ehemalige Stuntman – aber mehr  Spaß an nicht allzu ernst daherkommenden Prügelstreifen wie „Atomic Blonde“ (2017) oder „Deadpool 2“ (2018). So fügt sich auch dieser Film nahtlos ein in das Subgenre ironischer Action-Spektakel mit Wortwitz und einem etwas unperfekten männlichen Hauptcharakter. Dafür ist Ryan Gosling die Idealbesetzung. Er stolpert mitunter etwas unbeholfen durch die Szenerie; es verschlägt ihm sogar die Sprache, als er am Set erstmals wieder auf Jody trifft.

 

Erfahrungen eines Stuntman

 

Die führt das klärende Gespräch mit ihm peinlicherweise vor der gesamten Filmcrew, was an Screwball-Komödien der 1940er-Jahre erinnert. Ironisch wird auch sein nicht gerade die Intelligenz fördernde Beruf als Stuntman thematisiert. Zu viele Schläge auf den Hinterkopf sind nun einmal dem Kombinationsvermögen eher abträglich. So tut Colt sich reichlich schwer, dem Komplott auf die Spur zu kommen, bei dem ihm natürlich die Rolle des „Fall Guys“ auf den Leib geschrieben wurde – des Sündenbocks.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Atomic Blonde" - popkulturell aufgeladener Agententhriller im geteiten Berlin von David Leitch

 

und hier eine Besprechung des Films "Barbie" - Perfekter Kinospaß über die berühmteste Puppe der Welt von Greta Gerwig mit Ryan Gosling

 

und hier einen Beitrag über den Film "Oppenheimer" - brillanter Historienfilm über den Vater der Atombombe mit Emily Blunt von Christopher Nolan.

 

Der Titel enthält, wie man sieht, mehrere Bedeutungen; Colt muss etliche Male buchstäblich (hin)fallen und wieder aufstehen. Da schwingen, wie auch in den Prügelszenen, sicher eigene Erfahrungen des Regisseurs mit. Neben der Grundsympathie für seine Charaktere offenbart David Leitch auch unübersehbar seine Liebe zum Filmemachen. Er zeigt das Filmset als Ort, wo sich eine Menge leidenschaftlicher, auf positive Art Verrückte treffen, um gemeinsam etwas Schönes zu schaffen.

 

Das Kollektiv obsiegt

 

In diesem Fall sind aber nicht die Schauspieler die Helden; tatsächlich ist Ryder ein narzisstischer Drecksack par excellence, den Aaron Taylor-Johnson als eine Mischung aus Johnny Depp und Tom Cruise spielt. Der Film feiert stattdessen alle Gewerke hinter der Kamera, welche die Chose am Laufen halten. In einer spektakulären Choreografie bringen sie am Ende die Bösewichte im Kollektiv zur Strecke

 

Dass auch mal sonst strahlende Helden die Gekniffenen sind, ist durchaus vergnüglich. Während der Film seinem Vorbild mit altmodisch handgemachten Actionsequenzen seine Referenz erweist, hebt er sich von ihm nicht zuletzt dadurch ab, dass alle weibliche Charaktere wesentlich differenzierter auftreten als früher. So gesehen ist diese Kinoversion trotz einiger dramaturgischer Längen insgesamt gelungen – auch Lee Majors, der Colt-Seavers-Darsteller in der TV-Serie, bekommt darin einen verdienten Auftritt.