Auftragskiller gibt es nicht. Sie sind eine Erfindung der Populärkultur. Das behauptet zumindest Gary (Glen Powell), der sich selbst nur als Mörder auf Bestellung ausgibt. Im Auftrag der Polizei hilft er so, die Leute zu überführen, die seine Dienste buchen wollen: Auftraggeber, die ihre Ex-Liebschaften oder Geschäftspartner aus dem Weg geräumt wissen wollen. Erfindung oder nicht – die Nachfrage ist enorm.
Info
A Killer Romance
Regie: Richard Linklater,
96 Min., USA 2023;
mit: Glen Powell, Adria Arjona, Austin Amelio
Weitere Informationen zum Film
Für ein paar Stunden ein Anderer
Gary trägt dabei ein verstecktes Mikrofon, so dass die Polizei-Kollegen alles mithören können; sobald der Auftrag zum Mord ausgesprochen ist, klicken die Handschellen. Dafür verwandelt Gary sich mal in einen Hinterwäldler mit vergammelten Zähnen, dann wieder in einen aalglatten Gangster. Der im Alltag eher brave Pädagoge entwickelt ein Faible für die Verstellung und genießt es spürbar, für ein paar Stunden ein ganz anderer zu sein.
Offizieller Filmtrailer
Wendung durch rehäugige Kundin
Auch Regisseur Richard Linklater hat offensichtliches Vergnügen bei der Inszenierung von Garys Verwandlungen. Doch obwohl die Verkleidungsnummern zweifellos Unterhaltungswert haben, bringen sie doch auch Längen und Redundanzen mit sich. Schließlich ist es nur die Ausgangsituation der Geschichte, die hier mit etwas zuviel Liebe zum Detail ausgebreitet wird.
Die Ereignisse nehmen eine erste Wendung, als Gary auf die attraktive Madison (Adria Arjona) trifft, die ihren gewalttätigen Ehemann loswerden will. Nur für sie verwandelt sich Gary sich in den abgebrühten Killer Ron. Tatsächlich ist die Chemie zwischen den beiden bemerkenswert und sorgt nun für weitere Hakenschläge in der Handlung. Gary will verhindern, dass die rehäugige junge Frau im Knast landet. Beim Treffen in einem Diner versucht „Ron“, Madison die Sache auszureden.
Unterhaltsamer Genre-Mix
Damit hat er zwar Erfolg, sorgt aber auch für Irritationen bei seinen Vorgesetzten von der Polizei. So kommt die Sache auch seinem suspendierten Vorgänger zu Ohren, der seinen Job gerne wieder hätte. Wie sich herausstellt, hat aber auch Madison nicht alle Karten auf den Tisch gelegt. Trotzdem werden sie und „Ron“ einander natürlich wiedersehen. Das bedeutet für Gary, dass er seine Maskerade fortsetzen muss. Er hat allerdings auch schon Gefallen an der Rolle des coolen Killers gefunden.
Aus dieser Konstellation entwickelt sich eine spannungsreiche, unterhaltsame Mischung aus Film Noir, Action-Thriller und romantischer Screwball-Komödie. Die wartet mit reichlich Verwicklungen auf, kippt aber nur selten in Richtung Slapstick. Angereichert wird das Ganze mit einer Prise True Crime – das Drehbuch basiert lose auf der Reportage „Hit Man“ des Journalisten Skip Hollandsworth, erschienen in der Monatszeitschrift „Texas Monthly“.
Humor mit Tiefgrund
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Boyhood" - über das Drama einer Kindheit von Richard Linklater
und hier eine Besprechung des Films "Before Midnight" von Richard Linklater über eine unendliche Liebesgeschichte
und hier einen Beitrag über den Film "Bis ans Ende der Nacht" - komplexer Gender-Drogen-Krimi über ein Lockvogel-Paar von Christoph Hochhäusler.
Es gelingt ihnen darin, die humorvolle und tiefgründige Ebene miteinander zu verflechten; zudem überzeugt das Script mit intelligenten Dialogen. Es gibt hübsche Details, wie die Namen von Garys Katzen: „Ego“ und „Id“ („Ich“ und „Es“), angelehnt an Sigmund Freuds Strukturmodell der Psyche. Und es gibt Meta-Kommentare über die Schauspielkunst, über das Befreiende an der Verkleidung oder auch die Frage, inwiefern das Sein das Bewusstsein bestimmt.
Leichtfüßig nach der Sinnsuche
Der Tonfall oszilliert dabei zwischen sarkastisch und charmant. Mit seinem trockenen Humor erinnert der Film mitunter an Regie-Arbeiten der Coen-Brüder, vor allem aber an den Wortwitz, der Linklaters gesamtes Werk durchzieht. Höchste Anerkennung bekam der texanische Independent-Filmemacher freilich durch sinnsuchende Werke wie seine „Before“-Filmtrilogie (1993-2013) oder das Coming-of-Age-Drama „Boyhood“ (2014). Schön, dass er wieder eine so doppelbödige wie leichtfüßige Komödie aus dem Hut gezaubert hat.