Scarlett Johansson + Channing Tatum

To the Moon

Kelly Jones (Scarlett Johansson) und Cole Davis (Channing Tatum) genießen die Aussicht auf Raketen vor Sumpflandschaft . Foto: Sony Pictures Germany
(Kinostart: 11.7.) Fehlstart mit altbackener Verschwörungstheorie: Regisseur Greg Berlanti wärmt das Gerücht wieder auf, dass die Apollo-Mondlandung von 1968 eine Simulation gewesen sei. Dazu hat er trotz viel Getöse nicht Neues beizutragen. Diese überflüssige Weltraumoper taugt allenfalls als PR-Stunt.

Ende der 1960er Jahre arbeitet die adrette Amerikanerin Kelly Jones (Scarlett Johansson) für eine Werbeagentur; sie setzt bei der Kundengewinnung alle Tricks ein, die ihr zu Verfügung stehen. Dass sie es so weit gebracht hat, verdankt sie einer „Ausbildung“ als Juniorpartnerin ihrer Mutter, einer erfolgreichen Trickbetrügerin. Der Werbe-Job ist nicht die erste bürgerliche Existenz, die sich Kelly nach dem Motto „Fake it until you make it“ ertrickst hat.

 

Info

 

To the Moon 

 

Regie: Greg Berlanti,

132 Min., USA/ Großbritannien 2024;

mit: Scarlett Johansson, Channing Tatum, Woody Harrelson

 

Website zum Film

 

Sie wird von ihrer Vergangenheit eingeholt, als der undurchsichtige Regierungsagent Moe Berkus (Woody Harrelson) sie auffliegen lässt. Er schätzt ihr Talent zur Manipulation und will sie für sein eigenes Projekt gewinnen: Als PR-Strategin soll sie das Image der von Pleiten, Pech und Pannen verfolgten Apollo-Mission aufpolieren. Seit Jahren liefern sich die USA mit der Sowjetunion ein Wettrennen zum Mond und hatten dabei bisher das Nachsehen

 

Romanze auf Schleuderkurs

 

Wie zu erwarten, macht Kelly ihre Arbeit gut. So gut, dass der ihr auf den ersten Blick verfallene NASA-Funktionär Cole Davis (Channing Tatum) sich nach ein paar ihrer PR-Stunts wieder entliebt. Das ehemalige Flieger-As wäre selbst gern zum Mond geflogen und leidet noch immer unter dem Tod seiner Kameraden von Apollo 1, die bei einem Test in ihrer Kapsel verbrannten. Nun leitet Cole die Abschuss-Station in Cape Canaveral. Die wieder aufkeimende Romanze zwischen ihm und Kelly wird auf die Probe gestellt, als der Start von Apollo 11 kurz bevorsteht und Moe seine neue Strategie vorstellt.

Offizieller Filmtrailer


 

Verschwörungstheorie als Aufhänger

 

Weil dem weltweiten Live-Publikum bei einer Panne keine sterbenden Astronauten zugemutet werden können, besteht er auf einen Plan B: Egal, ob die Mission gelingt oder nicht, die offiziellen Live-Bilder von der Landung sollen in einem Studio auf dem Gelände produziert werden. Projektname: Artemis. Gut, dass Kelly aus Werbetagen noch einen begabten Regisseur kennt, der Anonymität gewohnt ist. So legen sie gemeinsam die Grundlage für eine der hartnäckigsten Verschwörungstheorien unserer Zeit.

 

Die Idee der Drehbuchautorin Rose Gilroy, die filmisch schon vielfach aufbereitete Mär von der gefälschten Mondlandung noch einmal aufzuwärmen, klingt zunächst vielversprechend. Tatsächlich bietet die Autorin eine recht plausible Erklärung für die Entstehung des ansonsten längst widerlegten Gerüchts auf. Nur stimmt sie leider nicht. Es gibt keine Hinweise auf die Existenz eines Projekts Artemis, so gut der Name auch klingt. Aber wozu dann der ganze Aufwand?

 

Schwarze Löcher im Drehbuch

 

Aufklären oder einfach nur mit alternativer Geschichtsschreibung spielen? An dieser Unentschiedenheit krankt die ganze Story, sowie an der Unfähigkeit, die vielen Ansätze zu einem Ganzen zu verknüpfen. Zudem verderben auch handwerkliche Mängel den Spaß: Dem Tempo und den nostalgischen Schauwerten von Autos und Raketen zuliebe bleiben Kontinuität und Plausibilität immer wieder auf der Strecke. Ebenso wenig verstecken lassen sich die Löcher im Plot.

 

Wäre Kelly wirklich eine so eine geniale Trickbetrügerin, würde sie dann ihre Verkleidung schon im vollbesetzten Fahrstuhl ablegen? Warum besteht der angeblich so vorausschauende Moe erst auf einer Live-Kamera an Bord der Mondfähre, um dann doch alles in der Sicherheit des heimischen Hangars zu produzieren? Und warum macht er keine Aufzeichnung und riskiert stattdessen eine für Patzer anfällige Live-Inszenierung?

 

Finale an den Haaren herbeigezogen

 

Was das Drehbuch verbockt, kann auch die Regie des spät eingewechselten TV-Profis Greg Berlanti nicht retten. Der Humor soll niemandem weh tun, zum Lachen ist er aber auch nicht. Die Dialoge entwickeln mitunter erst in der Untertitelung unfreiwilligen Humor; so wird eine „card carrying feminist“ zur „Feministin mit Kreditkarte“ erklärt. Die Geschichte prescht aufgedreht voran und braucht doch ewig, bis sie endlich ihr eigentliches Thema findet – um daran krachend zu scheitern. Das an den Haaren herbeigezogene Finale hat weder Spannung noch dramaturgischen Sinn. Für ein Happy End hätte es gereicht, Moe für die Dauer der Landung in einen Abstellraum einzusperren.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Aufbruch zum Mond" – mitreißendes Weltraum-Drama über die Apollo-11-Mission von Damien Chazelle mit Ryan Gosling

 

und hier eine Besprechung des Films "Iron Sky - Wir kommen in Frieden!" – Nazi-Sci-Fi-Trash-Komödie von Timo Vuorensola

 

und hier einen Beitrag über den Dokumentarfilm "Fly, Rocket, Fly - Mit Macheten zu den Sternen" über ein vergessenes deutsch-afrikanisches Raumfahrtprojekt von Oliver Schwehm.

 

Während die als Ko-Produzentin fungierende Scarlett Johansson mit entsprechender Energie durch den Film wetzt, um zu managen und alte weiße Männer alt aussehen zu lassen, bleibt ihre Figur statisch. Die Kollegen bieten ihr auch kaum Reibungsflächen. Woody Harrelson zieht sich auf seinen Standard-Typus zurück, den bekifften Onkel. Channing Tatum schlafwandelt durch den Film, als warte er darauf, dass ihm jemand Regieanweisungen gibt. 

 

Ein Film wie Clickbait

 

Auch er scheint sich zu fragen, in was für einer Sorte Film er gelandet ist: romantische Komödie, tragische Heldenstory, oder doch ein Kommentar über Propaganda, Verführbarkeit und Manipulation? Von allem wird ein bisschen angedeutet, aber durchgeführt wird nichts. Der Film jongliert mit ein paar bewährten Tropen und Motiven und führt – wie ein drittklassiger clickbait – ins Leere. 

 

In Erinnerung bleiben die für den Showdown wichtige schwarze Katze und schöne Landschaftsaufnahmen von Abschussrampen vor Sumpflandschaft.  Der Rest sind déja-vus aus Kitsch und Klischees, product placement von Columbia/Sony und den Herstellern von Coles Strickpullovern. Wenn am Ende das von Frank Sinatra gesungene Lied „Fly Me To The Moon“ erklingt, das dem Film den Original-Titel gibt, ist das der Höhepunkt der Zumutungen, aber auch eine Erlösung.