Ein Ritter erscheint in einem lichten Wald. Eine Frau stirbt in Beisein ihres Mannes. Ein Vater nimmt seinen Jungen und macht sich mit ihm auf eine Reise. „The Dead Don’t Hurt“ beginnt mit einer Aneinanderreihung symbolisch aufgeladener Szenen. Bis sich daraus eine nachvollziehbare Handlung zusammensetzt, dauert es eine Weile.
Info
The Dead Don't Hurt
Regie: Viggo Mortensen,
129 Min., USA/ Mexiko 2023;
mit: Viggo Mortensen, Vicky Krieps, Garret Dillahunt
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Neustart in der Wildnis
Vivienne, die mit einem Bourgeois liiert ist, begegnet Olsen (wie er von ihr genannt werden will) im San Francisco der 1860er Jahre. Verglichen mit dem Rest des weiten Landes hat sich hier bereits eine urbane Gesellschaft entwickelt. Dennoch lässt Vivienne von einem Tag auf den anderen ihr wohl eingerichtetes Leben hinter sich und folgt ihrem neuen Freund in die Wildnis. In einer selbst gezimmerten Holzhütte möchte der seinen Traum vom freien Leben verwirklichen.
Offizieller Filmtrailer
Korrupte Männer ziehen die Strippen
Auf ihre Frage, was er dort genau zu tun gedenke, lautet seine Antwort gleich nach der Ankunft in der eher unwirtlichen neuen Umgebung: „So wenig wie möglich.“ Also ist es zunächst vor allem Vivienne, die die Initiative ergreift und anpackt. Nach dem ersten Erschrecken stellt sich allerdings auch heraus, dass sie und Olsen nicht nur als Partner, sondern auch als Paar gut harmonieren. Gemeinsam verwandeln sie ihren staubig-schattenlosen Grund und Boden in ein ansprechendes, von Grün und Blumen umgebenes Zuhause.
Olsen erweist sich außerdem als begabter Zimmermann, und so erhält er schon bald Aufträge zum Scheunenbau von den Bewohnern einer nahegelegenen Kleinstadt. Sie ist das Einfallstor in ein neuerschlossenes Bergbaugebiet und wird von einer Bande korrupter Männer dominiert. Farmer Alfred Jeffries (Garret Dillahunt) und Bürgermeister Rudolph Schiller (Danny Huston) ziehen im Hintergrund die Strippen – mit dem Ziel, sich auf Kosten der erwarteten Glücksucher zu bereichern.
Aus Überzeugung an die Front
Dagegen hat Alfreds Sohn Weston vor allem Spaß daran, seine Umwelt ganz offen zu tyrannisieren. Insbesondere der Klavierspieler im örtlichen Saloon hat unter ihm zu leiden. Doch Westons Fokus verlagert sich, als Vivienne entscheidet, dass sie als selbständige Frau ebenfalls einen Job und eigenes Geld braucht. Dafür heuert sie im Saloon an. Fortan richtet sich Westons Begehren vor allem auf sie.
Die Lage spitzt sich zu, als Olsen sich bei Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 freiwillig für die Unionisten meldet, also die Armee der Nordstaaten. Genau wie Vivienne kann er nicht anders, als seinen Überzeugungen zu folgen – auch wenn er sieht, welchen Kummer er ihr damit bereitet. Mit dem Versprechen, bald zurück zu sein, verlässt er Frau und Hof, um für die Sache zu kämpfen, an die er glaubt.
Eine ungewöhnliche Beziehung
Tatsächlich werden jedoch mehrere Jahre vergehen, bis er desillusioniert aus dem Krieg heimkehrt. Zu Hause findet er Vivienne zwar noch vor, aber zu seiner Überraschung hat sie nun einen Sohn, Vincent. Bis sie und Olsen wieder das gute Team werden, das sie vor seinem Aufbruch waren, bedarf es äußerer und innerer Kämpfe. Für letztere findet der Film angemessene Bilder in der Landschaft und den Gesichtern seiner Protagonisten.
Hintergrund
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Regisseur traut seiner Fabel nicht
Schade ist allerdings, dass Mortensen bei seiner zweiten Regiearbeit – sein Debut als Regisseur feierte der Schauspieler 2020 mit dem Familiendrama „Falling“ – der Kraft seiner Fabel offensichtlich nicht traut. Statt sie vom Kennenlernen der Liebenden bis zum Neuanfang der übriggebliebenen Patchwork-Restfamilie konsequent voranzutreiben, baut das von ihm selbst verfasste Drehbuch gleich am Anfang den Tod von Vivienne ein; eine völlig unnötige Vorwegnahme.
Zum anderen sorgen zahlreiche weitere Rückblenden und Parallelhandlungen für Verwirrung. Statt der Geschichte mehr Tiefe zu verleihen, hemmen sie den Erzählfluss. Zumal das Bild vom edlen Ritter, der Vivienne immer wieder erscheint, um sie an ihren verschwundenen Vater und ihre von der Mutter geerbte Verehrung für Jeanne D’Arc zu erinnern, kaum origineller ist als der shoot-out am Ende.