Ridley Scott

Gladiator II

General Acacius (Pedro Pascal) in der Kampfarena. Foto: Paramount Pictures Germany
(Kinostart: 14.11.) Kampf im Kolosseum auf Leben und Tod, zweite Runde: Regisseur Ridley Scott setzt seinen „Gladiator“-Welterfolg 24 Jahre später fort. Mit einer geschickt an den Vorgängerfilm anknüpfenden Handlung und spektakulären Schauwerten – nur die Darsteller überzeugen weniger als damals.

Sir Ridley Scott ist nicht zu stoppen. Mit 80 Jahren ist der Brite als Produzent und Regisseur produktiver als je zuvor. Dabei wird längst nicht mehr alles zu Gold, was er anfasst, doch nun greift er mit „Gladiator II“ auf einen seiner größten kommerziellen Erfolge zurück: „Gladiator“ mit Russell Crowe in der Hauptrolle wurde im Jahr 2000 nicht nur zum Überraschungserfolg. Dieser Film machte auch fast im Alleingang das totgesagte Genre des Historienfilms als Ausstattungsorgie wieder populär und profitabel.

 

Info

 

Gladiator II

 

Refie: Ridley Scott,

150 Min., USA/ Großbritannien 2024;

mit: Paul Mescal, Pedro Pascal, Denzel Washington

 

Weitere Informationen zum Film

 

Angelehnt an das Drehbuch des an der Kinokasse gefloppten Monumentalfilms „Der Untergang des römischen Reichs“ (1964) von Regisseur Anthony Mann erzählte „Gladiator“ die Geschichte eines römischen Generals, der im 2. Jahrhundert n.Chr. fern der Heimat einer Intrige zum Opfer fällt, versklavt wird und als Gladiator nach Rom zurückkehrt. In der Arena gewinnt er die Gunst des Volkes und vollbringt einen politischen Umsturz.

 

Auf der anderen Front-Seite

 

„Gladiator II“ erzählt die gleiche Geschichte noch einmal. Der neue Film ist quasi eine Spiegelung des Originals und gleichzeitig seine Fortsetzung – ein Baukasten-Prinzip, das ja auch auf die komplette „Alien“-Reihe auszeichnet, die Ridley Scott 1979 ins Leben rief. Erneut kämpft zum Auftakt die römische Armee gegen tapfere Barbaren, die besiegt werden. Mit dem Unterschied, dass diesmal der Held der Geschichte die Schlacht auf der anderen Seite der Front miterlebt: Hanno (Paul Mescal) lebt glücklich verheiratet in einer nordafrikanischen Hafenstadt, als die römische Kriegsmaschine mit aller Gewalt zuschlägt.

Offizieller Filmtrailer


 

Findelkind gerät in Palastintrige

 

Ridley Scott stürzt das Publikum mitten hinein in eine amphibische Invasion mit Rudergaleeren, Bogenschützen, schwimmenden Belagerungstürmen und brennendem Pech. Als der Rauch sich legt, ist Hannos Frau tot, weshalb sein weiteres Leben von einem einzigen Gedanken bestimmt wird: sich am befehlshabenden General Marcus Acacius (Pedro Pascal) zu rächen.

 

Zunächt wird Hanno an den Gladiatoren-Händler Macrinus (Denzel Washington) verkauft. Den Spuren des Vorgängerfilms folgend, kommt Hanno schließlich nach Rom, wo sich seine geheimnisvolle Herkunft als Findelkind enthüllt und er sich, so wie einst Russell Crowe in der Rolle des Maximus, im Mittelpunkt einer Palastintrige wiederfindet. Recht geschickt verknüpft das Drehbuch nun Hannos Geschichte mit den Ereignissen des ersten Teils.

 

Mörder-Paviane + Seeschlacht in Arena

 

Zwei Jahrzehnte nach Maximus‘ Tod in der Arena wird Rom von zwei tyrannischen Kaisern beherrscht, Geta und Caracalla; sie werden als so dekadent wie debil gezeichnet, was mit der historischen Realität wenig zu tun hat. Für die Rückkehr zur römischen Republik kämpfen nach wie vor der greise Senator Gracchus und Lucilla (Connie Nielsen), Tochter des weisen Kaisers Mark Aurel; sie sind als einzige Überlebende des ersten Teils wieder mit von der Partie. Lucilla hat damals ihren Sohn Lucius vor seinen Feinden in Sicherheit gebracht und mittlerweile General Acacius geheiratet.

 

Scott nimmt sich hier wie üblich genau so viele historische Freiheiten, wie er für seine Geschichte braucht. Das funktioniert auch eine Weile sehr gut, auch dank einiger Neuerungen wie mörderischen Pavianen in der Arena und einer Seeschlacht im gefluteten Kolosseum. Nur im letzten Drittel weist der Film Symptome eines klassischen imperialen Problems auf: Überdehnung. Das liegt vor allem an der Besetzung, angefangen bei den Bösewichten. Das kaiserliche Brüderpaar taugt nur als Archetyp des Niedergangs: verweichlicht, weibisch, politisch unfähig und vom Wahnsinn bzw. der Syphilis angefressen.

 

Unglaubwürdige Charakter-Entwicklung

 

Hintergrund

 

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und hier einen Beitrag über den Film "Exodus – Götter und Könige"Bibel-Epos über Moses + den Auszug aus Ägypten von Ridley Scott.

 

Leider kann auch Hauptdarsteller Paul Mescal nicht mit dem Charisma eines Russell Crowe mithalten. Körperlich füllt er seine Rolle als Kampfmaschine in der Arena voll aus, mimisch fällt es ihm jedoch schwer, die Entwicklung seines Charakters nachvollziehbar zu machen. Vom Anti-Imperialisten auf persönlichem Rachefeldzug verwandelt er sich flugs in einen idealistischen Kämpfer für den „römischen Traum“, was immer das sein soll. Da weiß man nicht so recht, wie das vonstatten geht.

 

Als General Acacius erst Gegenspieler, dann Verbündeter durch Familienbande, kann Pedro Pascal seinen Rollentausch ebenfalls kaum glaubwürdig gestalten. Da muss der gerissene und machthungrige Gladiatoren-Händler Denzel Washington als einzige schillernde Figur für Spannung sorgen, sobald der Machtkampf voll entbrennt.

 

Mischung aus sequel und remake

 

Optisch knüpft „Gladiator II“ nahtlos an seinen Vorgänger an und übertrumpft ihn, wo immer die CGI es ermöglicht: bei aufwändigen Schlachten und Spektakeln in der Arena, aber auch der detailreichen Darstellung antiker Urbanität. Derweil fällt die Handlung etwas komplexer, aber mangels moralischer Grauzonen weniger interessant aus. So bleibt eine unterhaltsame Mischung aus sequel und remake, die aber dramatisch und darstellerisch an das Original nicht herankommt.