Hannes Schilling

Good News

Mawar (Sabree Matming) wird kontrolliert. Foto: © Falco Seliger/ UCM.One
(Kinostart: 22.5.) Gefährliche Versprechungen: Erfolgsdruck treibt einen Freelance-Journalisten zu fragwürdigen Entscheidungen. Der Film von Regisseur Hannes Schilling zerlegt das Klischee vom hartgesottenen Auslandsreporter: Stringent in Schwarzweiß erzählt, beleuchtet er die Grauzonen des Medienbetriebs.

Leo (Ilja Stahl) ist Journalist und recherchiert im Süden von Thailand über eine Rebellengruppe, die sich im Urwald verschanzt hat. Diese Reportage soll ihm dazu verhelfen, an frühere Erfolge anzuknüpfen, oder sogar den langersehnten beruflichen Durchbruch einbringen. Dafür hat er Frau und Tochter in Deutschland zurückgelassen. Seine Familie ist jedoch seine häufige Abwesenheit leid, und Leo will eigentlich lieber heute als morgen zurück nach Hause.

 

Info

 

Good News

 

Regie: Hannes Schilling,

75 Min., Thailand/ Deutschland 2024;

mit: Ilja Stahl, Sabree Matming, Dennis Scheuermann 

 

Weitere Informationen zum Film

 

Nicht zu Unrecht fürchtet er, dass er sonst seine Familie verlieren wird. Gegen eine Heimreise spricht allerdings, dass er mit seinem Auftrag nicht vorankommt: Es gelingt ihm nicht, die Rebellen zu treffen, um sie zu interviewen. Zwar hat ihn sein Freund und lokaler Verbindungsmann Mawar (Sabree Matming) mit Kontakten versorgt. Allerdings findet sich niemand, der im nächsten Schritt bereit wäre, seine Bemühungen zu unterstützen.

 

Berechtigte Ängste der Helfer

 

Zu groß scheint die Gefahr, die von den Rebellen ausgeht, als dass es sich lohnen würde, Leo bei der Suche nach ihnen zu helfen. Denn während Leo nach seinem Interviewtermin flugs wieder nach Europa entschwinden wird, müssen alle Vermittler mit Konsequenzen rechnen – durch die Guerilla selbst oder durch die Regierung, die sie jagt. Also schreibt Leo seinen Artikel, ohne mit den Rebellen gesprochen zu haben.

Offizieller Filmtrailer


 

Druck erzeugt erste Risse

 

Damit wird er Opfer seines Erfolgs: Er hat nicht damit gerechnet hat, dass die Redaktion von seinem Bericht begeistert ist und sofort den Fotografen Julian (Dennis Scheuermann) zu ihm schickt, um den Text mit Bildmaterial zu untermauern. Julian braucht diese Aufnahmen genauso dringend für seine Karriere wie Leo die Anerkennung für seine Reportage; also macht er Druck. Doch unter dem wachsenden Druck seines Kollegen trifft Leo immer verhängnisvollere Entscheidungen für sich und seine Umgebung.

 

Regisseur Hannes Schilling inszeniert seinen Filmhochschul-Abschlussfilm in brillantem Schwarzweiß als Reflexion darüber, wie weit man für den eigenen Erfolg gehen darf. Stehen am Anfang Bilder vom weithin unbekümmert wirkenden Reporter-Dasein, ergeben sich bald erste Risse im vermeintlich unbeschwerten Arbeitsalltag von Leo in den Tropen.

 

Aus guten Absichten werden Forderungen

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Tausend Zeilen" über die Hochstapler-Affäre um den Starreporter Claas Relotius von Michael Bully Herbig mit Elyas M'Barek

 

und hier eine Besprechung des Polit-Thrillers "Im toten Winkel"  über ein Dokumentarfilm-Team zwischen den Fronten im Kurden-Konflikt von Ayşe Polat

 

und hier eine Kritik des Films "Die Lügen der Sieger" – prägnanter Thriller über Medien-Manipulation von Christoph Hochhäusler

 

und hier einen Beitrag über den Film "Die Augen des Engels" – intelligentes Medien-Psycho-Drama von Michael Winterbottom

 

und hier einen Bericht über den Film "Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis" – fesselndes Porträt eines Katastrophen-Paparazzo von Dan Gilroy.

 

In Impressionen vom Baden im Meer, dem Herumalbern mit Mawar und Sichvergnügen mit Prostituierten mischen sich zunehmend Aufnahmen, in denen der Reporter gehetzt wirkt. Er muss feststellen, dass er sowohl im Job als auch privat zu hoch gepokert hat. Zudem wird ihm bewusst, dass er sich für den Durchbruch, den nun auch Julian von ihm fordert, in Gefahr begeben muss. Leos Dilemma führt der Film in ruhig gleitenden Einstellungen vor: Sie zeigen immer wieder, wie schmal der moralische Grat ist, auf dem er sich bewegt.

 

Einerseits versichert er mit lauteren Absichten Mawar seiner Freundschaft und verspricht ihm, er werde ihm nach Deutschland und dort beim Aufbau einer neuen Existenz helfen. Andererseits übt er mit diesen Versprechungen auch Druck auf seinen Kompagnon aus; bald werden daraus konkrete Forderungen. So überredet er den zögerlichen Mawar, dass sie „nur ein bisschen herumfahren und gucken“. Doch selbst das erweist sich als gefährlicher als gedacht.

 

Wie weit willst du gehen?

 

In diesem stringent mit wachsender Spannung erzählenden Film stolpern die Protagonisten in Richtung eines ungewissen Finales im Herzen der Finsternis. Dabei gelingt es dem Regisseur, am Beispiel seiner überzeugend charakterisierten Figuren nicht nur die moralischen Fallstricke eines Journalismus vorzuführen, der auf Spektakel angewiesen ist.

 

Vielmehr taugt die Handlung auch als Fallbeispiel, wie sehr Menschen bereit sind, andere für ihre Ambitionen ausnutzen, ohne die Folgen zu bedenken. Solche Betrachtungen setzt Schilling in einen dichten und handwerklich gelungenen Debüt-Spielfilm um: Er belehrt nicht, sondern verlässt sich zu Recht darauf, dass der Zuschauer sich in die Figuren ein- und mit ihnen mitfühlt.