Louis Garrel

Saint-Exupéry – Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen

Antoine de Saint-Exupéry (Louis Garrel) will sich auf die Suche nach seinem Freund machen. Foto: © Cheyenne Federation / Studiocanal / Frakas Productions
(Kinostart: 29.5.) Tollkühne Männer in fliegenden Kisten: Das erste Biopic über den französischen Dichter-Piloten und Nationalhelden beeindruckt mit spektakulären Naturaufnahmen und authentischer Technik. Doch die Verknüpfung von Leben und Werk gelingt Regisseur Pablo Agüero nur teilweise.

„Man sieht nur mit dem Herzen gut“: Dieser Satz aus „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry ist mittlerweile fast sprichwörtlich geworden. Das Kinderbuch wurde mehrmals verfilmt, zuletzt vor zehn Jahren als Animationsfilm. Zur wechselhaften Biografie des Autors und professionellen Piloten gibt es dagegen nur einige Dokumentarfilme. Mysteriös ist bis heute sein Tod geblieben: Er verschwand 1944 spurlos während eines Aufklärungsflugs über dem Mittelmeer.

 

Info

 

Saint-Exupéry - Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen

 

Regie: Pablo Agüero,

98 Min., Frankreich/ Belgien 2024;

mit: Louis Garrel, Vincent Cassel, Diane Kruger 

 

Weitere Informationen zum Film

 

In seinem Spielfilm konzentriert sich Regisseur Pablo Agüero auf eine weniger bekannte Episode aus Saint-Exupérys Leben und verwebt sie mit fiktionalen Elementen. 1930 ist der Pilot bei einem französischen Luftpostdienst in den argentinischen Anden angestellt. Mit seinem Freund und Kollegen, dem in Frankreich legendären Flugkapitän Henri Guillaumet (Vincent Cassell), wetteifert er um immer bessere und kürzere Flugrouten über die Anden.

 

Rennen gegen die Zeit

 

So wollen sie ihrer Firma gegenüber der Eisenbahn einen Wettbewerbsvorteil als Postdienst verschaffen. Bei einem dieser Flüge stürzt Guillaumet in den verschneiten Bergen ab. Sofort macht  sich Saint-Ex (Louis Garrel), wie er von allen genannt wird, gemeinsam mit Guillaumets Frau Noëlle (Diane Kruger) auf die Suche nach dem Vermissten. Es wird ein Rennen gegen die Zeit, das ihm nicht nur körperlich alles abverlangt, sondern durch unverhoffte Begegnungen auch seine Einbildungskraft beflügelt.

Offizieller Filmtrailer


 

Spektakuläre Originalschauplätze

 

Zum Schauplatz seines biografisch inspirierten Films hat Regisseur Agüero einen persönlichen Bezug. Er wurde am Fuß des Berges Aconcagua in West-Argentinien nahe der Grenze zu Chile geboren, den seine Helden regelmäßig überqueren. Liebevoll inszeniert Agüero die karge Berglandschaft und hügelige Weiten mit spektakulären Sonnenauf- und Untergängen.

 

Die Suche nach Guillaumet in den sturmgepeitschten, verschneiten Anden-Höhen lässt die unwirtliche Natur nachempfinden; dafür wurde auch an schwer zugänglichen Schauplätzen gedreht. Inmitten dieser rauen Natur steht die etwas kulissenhaft wirkende Luftpost-Station, wo Saint-Ex in einem Notizbuch seine Erlebnisse mit Zeichnungen und schriftlichen Einträgen festhält.

 

Verweise auf das literarische Werk

 

Manche sehen darin eine Inspirationsquelle für das zehn Jahre später erscheinende Buch „Der kleine Prinz“. Insbesondere Menschen, die ihm bei der Suche nach dem vermissten Freund begegnen: zum Beispiel ein einsames Kind auf einem reichen Gutshof oder die Männer in einem Wirtshaus mit Tingeltangel-Bühne in der nächstgelegen Stadt. Wer mit dem Buch vertraut ist, wird vieles wiedererkennen. Auch Schafe, eine Schlange und ein Fuchs kommen vor.

 

Hintergrund

 

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Daneben gibt es aber auch Anspielungen und Bezüge auf das weitere Leben und Werk Saint-Exupéry; beispielsweise auf seinen autobiografischen Roman „Nachtflug“ (1931), in dem ein Postflieger von seinem Chef zu riskanten Flugmanövern angetrieben wird. Der Ansatz, biografische Fakten mit Fiktion zu verbinden, ist vielversprechend, doch gelingt diese Symbiose dramaturgisch nur bedingt.

 

Wenig Spielraum für Hauptdarsteller

 

So werden durch die Verdichtung auf eine Woche im Leben der Hauptfigur zu viele Ereignisse in die Erzählung gepresst. Leider lässt das den exzellenten Hauptdarstellern wenig Spielraum. Spektakulär sind dagegen die Szenen in den klapprigen Flugzeugen ohne Verdeck, die an alte Actionfilme wie „Höllenflieger“ (1930) von Howard Hughes erinnern – demselben Jahr, in dem auch der Film spielt.

 

Auf technische Korrektheit bei den Flugmaschinen wurde offensichtlich viel Wert gelegt. Die gleiche Sorgfalt wäre aber auch der Geschichte zu wünschen gewesen: Sie ist so sehr auf Saint-Ex’ strapaziöse Heldenreise fokussiert, dass sie kaum etwas über den Menschen hinter einem der populärsten Bücher der Welt zu erzählen vermag.

 

Versprechen nur teilweise eingelöst

 

Ein paar angedeutete Querverweise zu den Charakteren im Buch und die Darstellung seiner manischen Schreib- und Zeichen-Leidenschaft reichen da nicht aus. Der kurze Epilog mit Verweis auf Saint-Exupérys weiteres Schicksal kann es am Ende auch nicht mehr richten; somit löst der Film sein Versprechen nur teilweise ein.