Brad Pitt

F1

Rennfahrer Sonny Hayes (Brad Pitt) versucht sein Comeback. Foto: © 2025 Warner Bros. Pictures / Apple Original Films
(Kinostart: 26.6.) Der letzte der großen Pisten-Rüpel: Brad Pitt spielt einen abgehalfterten Formel-1-Rennfahrer mit der Chance auf ein Comeback beim Underdog-Team. Das inszeniert Regisseur Joseph Kosinski als rasantes und amüsantes PS-Spektakel – gedreht wurde bei echten Grand-Prix-Rennen.

Vor 30 Jahren setzte ein Crash der kurzen Formel-1-Karriere von Sonny Hayes (Brad Pitt) ein Ende. Seitdem fährt der Amerikaner in allen Disziplinen, in denen man ihm einen Wagen anvertraut; vom 24-Stunden-Rennen bis zur Wüsten-Rally. Dass er keinem Team angehört, gibt ihm ein Gefühl der Freiheit, auch wenn er dafür praktisch in seinem Auto leben muss.

 

Info

 

F1

 

Regie: Joseph Kosinski,

155 Min., USA 2025;

mit: Brad Pitt, Javier Bardem, Kerry Condon

 

Weitere Informationen zum Film

 

Trotzdem spürt ihn eines Tages sein alter Rennkollege aus F1-Jahren auf. Ruben Cervantes (Javier Bardiem) leitet nun selbst einen Formel-1-Rennstall, doch für sein Apex-Team läuft es nicht gut. Wenn seine Wagen in der zweiten Saisonhälfte keine Punkte holen, also nicht wenigstens einmal unter den ersten zehn landen, ist Ruben seinen Job los. So bietet sich für Hayes endlich die Gelegenheit, nachzuholen, was ihm vor seinem Unfall versagt war: ein Grand-Prix-Rennen zu gewinnen.

 

US-Axt im europäischen Wald

 

Bei seiner ersten Testfahrt in England fährt Hayes das Fahrzeug zwar zu Schrott, überzeugt aber auch alle Zweifler damit, wie schnell er dabei war. Diesen Widerspruch muss sein Umfeld von nun an aushalten, denn auch sonst verhält sich der US-Amerikaner meist wie die Axt im europäischen Wald. Im Handumdrehen düpiert er damit seinen jungen Teamkollegen Joshua Pearce (Damson Idris) und weckt das erotische Interesse der Konstrukteurin Kate (Kerry Condon).

Offizieller Filmtrailer


 

Macho-Relikt, dem der Sieg recht gibt

 

Als Rennfahrer agiert Brad Pitt so, wie er schon seine Hauptrollen in „Es war einmal in Hollywood“ (2019) und „Babylon – Rausch der Ekstase“ (2022) gespielt hat: als moderner John Wayne – ein Macho-Relikt, dem niemand böse sein kann, denn er hat ja immer noch dieses unverschämt charmante Lachen. Unverkennbar ist er aber auch ein Nachfahre von Pete „Maverick“ Mitchell, dem von Tom Cruise gespielten Piloten in „Top Gun“ (1986), der alle mit seinen Regelbrüchen nervte, bis der Sieg ihm am Ende aber doch recht gab.

 

Maverick wie Hayes sind typische Figuren in der Welt des Blockbuster-Produzenten Jerry Bruckheimer; ihm kann es gar nicht schnell, laut und krachig genug zugehen. Dafür hat er Regisseur Joseph Kosinski engagiert, der 2022 die Top-Gun-Fortsetzung „Top Gun: Maverick“ inszeniert hat. Kosinski eröffnet „F1“ mit entsprechendem Stahlgewitter – allerdings noch keinem Formel-1-Rennen, sondern einem Spektakel, das dem US-Publikum eher vertraut ist: Zum Hardrock von „Led Zeppelin“ donnert Hayes durch das 24-Stunden-Rennen von Daytona.

 

Gefühl der idealen Runde

 

In England ändert sich das Arbeitsklima: Der Cowboy muss sich nun mit einem Profi-Team zusammenraufen und vor allem die Hackordnung mit seinem jüngeren Kollegen Joshua Pearce klären. Im Prinzip wiederholt Kosinski damit Story von „Top Gun:Maverick“; der erprobte Spannungsbogen knirscht zwar bedenklich, aber er hält bis zum Schluss. Das Gefühl, auf dem Asphalt eine ideale Runde zu drehen, so dass Zeit und Raum sich dehnen und Muskel-Gedächtnis und Maschine nahtlos zu einem Ganzen verschmelzen, kommt am Ende erfolgreich rüber.

 

Etwas übertrieben wird jedoch Hayes unsportlicher Charakter: Der Typ drängelt, rempelt, schubst, verursacht absichtlich Schäden und nutzt dabei sämtliche Schlupflöcher des Regelwerks aus. Das führt zu einem Übermaß an taktischen Diskussionen im laufenden Wettbewerb; sie sind für Sportarten wie Basketball oder Baseball typisch, wirken bei Autorennen aber eher bizarr.

 

Quasselnde Sportreporter nerven

 

Damit die endlosen Tricksereien um Reifentemperatur und Rennabbrüche nachvollziehbar bleiben, sorgen sich zwei fiktive Sportreporter bei jedem Rennen ausschließlich um das Abschneiden des abgeschlagenen Apex-Teams, obwohl vorne echte Champions wie Lewis Hamilton und Max Verstappen um den Weltmeister-Titel fahren.

 

Diese beiden Quasselstrippen verwässern die eigentlich originelle Idee, die Geschichte eines underdog-Teams zu erzählen. Sehr sympathisch ist dagegen die Familie des jungen Talents Joshua Pearce, die einen westafrikanischen Hintergrund hat – offensichtlich eine Referenz an den siebenfachen Weltmeister Lewis Hamilton aus Großbritannien, dessen Eltern von der Karibik-Insel Grenada stammen.

 

Autorennen + Kino als Brüder im Geiste

 

Hamilton hat den Film koproduziert und dadurch ermöglicht, dass Hollywood und Formel-1 bei diesem Projekt eng zusammenarbeiten: Immerhin sieht man tatsächlich Originalfahrzeuge und -rennfahrer. Aber nicht zwei Titelkandidaten beim Kampf um die Spitze, sondern einen hasbeen und einen rookie: Das fiktive Apex-Team durfte bei echten Formel-1-Rennen starten und authentische Grand-Prix-Stimmung erhaschen – aber bitteschön ganz hinten.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Babylon – Rausch der Ekstase" – opulente Ausstattungsorgie über die Anfänge der US-Filmindustrie von Damien Chazelle mit Brad Pitt

 

und hier eine Besprechung des Films "I, Tonya" – originell packendes Eiskunstlauf-Drama von Craig Gillespie mit Margot Robbie

 

und hier einen Beitrag über den Film "Zeit für Legenden - Race" – gelungener Sport-Historienfilm über Jesse Owen + die Olympiade 1936 in Berlin von Stephen Hopkins

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung "Mythos Olympia – Kult und Spiele in der Antike" im Martin-Gropius-Bau, Berlin.

 

Autorennen und Kino sind Brüder im Geiste: ungefähr gleich alt und versessen auf Geschwindigkeit, Rekorde und Skandale. Dabei verschlingen sie gewaltige Ressourcen, inspirieren zu Träumen, schaffen viele Arbeitsplätze und mitunter satte Profite. Und offenkundig helfen sie einander in schlechten Zeiten. Dem Rennsport fehlt es seit einiger Zeit an Stars und jungem Publikum; das Kino sucht nach dem Verblassen der Superhelden-Formel dringend neue Jungbrunnen.

 

Product placement ohne Nostalgie

 

Das Ergebnis ist ein zweieinhalbstündiges product placement – so groß, dass darin Platz ist für eine halbwegs amüsante Geschichte und noch mehr product placement. Da wird jede Einstellung ohne Werbeflächen zur Erholung. Im Gegensatz zum Film„Rush – Alles für den Sieg“ (2013) über die Konkurrenz zwischen James Hunt und Niki Lauda und dem Dokumentarfilm „Senna“ (2011) über den dreifachen Formel-1-Weltmeister Ayrton Senna zehrt „F1“ jedoch nicht vom Nostalgiebonus.

 

Beide genannten Filme waren aber besser – allein schon deshalb, weil der Formel-1-Zirkus noch so spannend war, dass nicht viel hinzuerfunden werden musste. Heute leidet er daran, dass eine überlegene Fahrer/Fahrzeug-Kombination jahrelang die Rennen dominiert; dafür steht ironischerweise auch der siebenfache Weltmeister Lewis Hamilton.

 

Sterile Zone ohne kantige Typen

 

Die neue Formel-1-Ära sieht aus wie im Film das Apex-Trainingszentrum und der „Grand Prix von Abu Dhabi“: eine sterile Zone, in der noch nicht einmal eine Mechanikerin schmutzige Finger hat. Typen wie Senna, Niki Lauda oder James Hunt tauchen darin einfach nicht mehr auf. Deshalb musste Hollywood einen erfinden.