Ethan Coen

Honey Don’t!

Die Ermittlerin MG Falcone (Aubrey Plaza) würde gerne mit Honey O’Donahue (Margaret Qualley) zusammen arbeiten. Foto: © 2025 Focus Features LLC
(Kinostart: 11.9.) Honey und MG tun es: Der zweite Teil der lesbischen B-Movie-Trilogie von Regisseur Ethan Coen ist rundum gelungen. In dieser Neo-Noir-Krimikomödie stimmt die Chemie zwischen der famosen Margaret Qualley als Hauptfigur und dem Personal einer trostlosen Wüsten-Kleinstadt.

Neben der Landstraße in der kalifornischen Wüste liegt ein verbeultes Autowrack. Im Inneren hängt eine tote Frau im Gurt; ihr Wagen hat sich überschlagen. Schon bald stellt sich heraus, dass das keineswegs die Todesursache gewesen ist. Wie Polizeikommissar Marty Metakawich (Charly Day) herausfindet, wurde das Opfer erstochen und der Unfall anschließend arrangiert.

 

Info

 

Honey Don't! 

 

Regie: Ethan Coen,

89 Min., USA/ Großbritannien 2025;

mit: Margaret Qualley, Aubrey Plaza, Charlie Day, Chris Evans 

 

Weitere Informationen zum Film

 

Von den ersten Einstellungen an fühlt man sich stilistisch an Filme der Brüder Joel und Ethan Coen erinnert, etwa an „Fargo“ (1996) oder mehr noch „No Country for Old Men“ (2007). Nur dass hier starke Frauen den Ton angeben; allen voran die Privatdetektivin Honey O’Donahue (Margaret Qualley), die mit rauchiger Stimme, aufrechtem Gang und skeptischem Blick in stets gebügelter Garderobe die Szenen dominiert.

 

Margaret Qualley ist zurück

 

Bei „Honey Don’t!“ handelt es sich um den zweiten Teil einer von Regisseur Ethan Coen geplanten B-Movie-Trilogie mit Protagonistinnen, die Frauen lieben; er ist mit dem Vorgänger „Drive-Away Dolls“ von 2024 lose verknüpft. Das Drehbuch schrieb Coen abermals gemeinsam mit seiner Ehefrau Tricia Cooke. Wieder steht Margaret Qualley als lesbische Antiheldin im Zentrum des Geschehens. Doch ansonsten ist alles auf wohltuende Weise anders als beim Vorgängerfilm.

Offizieller Filmtrailer


 

Der Vorgänger enttäuschte

 

In „Drive-Away Dolls“ war ein ungleiches Frauenpaar Ende der 1990er Jahre auf der Flucht aus Pennsylvania in den Süden der USA. Alles drehte sich um einen Koffer voller überdimensionierter Dildos als MacGuffin, hinter dem alle her sind. Doch die hysterisch-klamaukigen Episoden, die einander jagten, rundeten sich nicht zum stimmigen Ganzen. Der Regisseur war so sehr damit beschäftigt, frühere Werke der Coen-Brüder zu zitieren, dass darunter die Originalität des Films stark litt. Nur Qualley machte eine starke Figur.

 

Diva alter Schule

 

Ebenso in „Honey Don’t“: Bisweilen wirkt es, als schwebe sie wie eine Hollywood-Diva alter Schule durch die atmosphärisch dichte Neo-Noir-Krimikomödie, die nun in der Gegenwart spielt. Wobei sie ihre zeitgemäßen Ansichten entschieden vertritt: etwa, wenn sie einen frauenprügelnden Schurken schmerzhaft in die Schranken weist und anschließend seinen „Make America Great Again“-Autoaufkleber mit queer-feministischen Stickern überklebt.

 

Es hilft nichts: Als running gag des Films scheinen alle Männer, die sie anmachen, ihre jedes Mal geäußerte Entgegnung, dass sie nun mal Frauen bevorzuge, zu überhören. Dafür findet die Polizistin MG Falcone (Aubrey Plaza), die in den Tiefen des Polizeiarchivs arbeitet, schon das Klackern ihrer hohen Schuhe betörend – so werden beide, wenigstens für einige Nächte, ein Paar. Nebenbei beschafft MG für Honey Informationen über die Tote aus der Wüste. Sie führen zur evangelikalen Sekte von Reverend Drew Dewlin (Chris Evans).

 

Kleinstadt im Niedergang

 

Der telegene Prediger ist der Star einer durchchoreografierten Religions-Show; wobei er seine Stellung hauptsächlich dazu nutzt, um bedürftige weibliche Gemeindemitglieder für SM-Spielchen ins Bett zu bekommen. Außerdem ist er in Drogenhandel und andere kriminelle Machenschaften verstrickt, was weitere, teils groteske Fälle von Mord und Totschlag nach sich zieht.

 

So weit, so genreüblich. Doch zugleich werden alle Figuren sehr glaubhaft in eine gottverlassene Kleinstadt mitten in der Wüste eingebettet. Hier bleibt außer TV-Religion, Süchten und Waffenfetischismus nicht viel, um vom Niedergang des schäbigen Gemeinwesens abzulenken. Nur wenigen Bewohnern gelingt es, nicht in der einen oder anderen Form abzustürzen.

 

Charakter wie aus Chandlers Romanen

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Drive-Away Dolls"Roadmovie-Krimigroteske über ein lesbisches Paar mit Margaret Qualley von Ethan Coen

 

und hier eine Besprechung des Films "Love Lies Bleeding" – lesbischer Kleinstadt-Thriller von Rose Glass 

 

und hier eine Kritik des Films "The Substance" – Body-Switch-Horror von Coralie Fargeat mit Margaret Qualley

 

und hier einen Beitrag über den Film "Kinds of Kindness" – komplex verrätselter Episodenfilm von Giorgos Lanthimos mit Margaret Qualley.

 

Honey selbst ist als Charakter wie ein Detektiv aus einem Roman des Noir-Krimi-Autoren Raymond Chandler und seiner Nachfolger angelegt. Bei ihren Ermittlungen hat sie viel Gespür für die Hoffnungen und Ängste der Menschen, die in die Fälle verwickelt sind. Dabei verhält sie sich genauso moralisch wie desillusioniert. Potenziellen Klienten rät sie schon mal von Nachforschungen ab, wenn sie ahnt, dass Aufklärung nur zu noch mehr Ärger führen würde – was sich dann umgehend grausig bewahrheitet.

 

Wie im klassischen Film Noir bleiben verschiedene Handlungsstränge konsequent nebeneinander stehen, ohne dass eine Lösung notwendigerweise alle Details miteinander verbindet. Wobei der eigentliche Nährboden der gewalttätigen Verwicklungen das Milieu ist, in dem sich die Figuren bewegen.

 

Enttäuschung + Hoffnung

 

Nicht alles darin wird von allen durchschaut; manchmal täuscht man sich gerade in denjenigen, die einem besonders nah sind. Doch immer wieder entsteht neue Hoffnung, zumindest auf ein wenig vergnügliche Zweisamkeit.