Speyer

Caesar & Kleopatra

Szenenbild aus "Cleopatra" (1963) von Joseph L. Mankiewicz mit Elizabeth Taylor in der Titelrolle. Fotoquelle: Historisches Museum der Pfalz, Speyer
Zweierlei Untergang: Mit dem Tod des berühmtesten (Liebes-?) Paares der Antike endeten auch die Römische Republik und das Reich der Ptolemäer-Dynastie in Ägypten. Die legendäre Mesalliance verknüpft das Historische Museum der Pfalz mit einer eindrucksvollen Darstellung dieser Zeitenwende.

Pomp and Circumstances: Wer je die Bilder im Monumentalfilm „Cleopatra“ (1963) vom Einzug der ägyptischen Pharaonin in Rom gesehen hat, wird sie nicht mehr vergessen. Da thront Elizabeth Taylor in vollem Ornat auf einem haushohen Prunkwagen in Form einer Sphinx, der von Dutzenden Sklaven gezogen wird; eine unübersehbare Menschenmenge verbreitet jubelnd ohrenbetäubenden Lärm.

 

Info

 

Caesar & Kleopatra

 

13.04.2025 - 26.10.2025

täglich außer montags 10 bis 18 Uhr

im Historischen Museum der Pfalz, Domplatz 4, Speyer

 

Katalog 24,90 €

 

Weitere Informationen zur Ausstellung

 

In Wirklichkeit dürfte die Ankunft von Kleopatra VII. in Rom im Spätsommer des Jahres 46 v. Chr. nicht ganz so spektakulär abgelaufen sein. Aber unbemerkt blieb sie auch nicht: Immerhin mischte sie sich in die Machtkämpfe in der Endphase der Römischen Republik ein, indem sie sich als Verbündete und Geliebte von Gaius Julius Caesar präsentierte – mit dessen Billigung.

 

Staats- + Familienbesuch

 

Ihre Visite war eine Mischung aus Staatsbesuch, bei dem ein Bündnis- und Freundschaftsvertrag abgeschlossen wurde, und Familienzusammenführung: Kleopatra dürfte ihren kaum ein Jahr alten Sohn Ptolemaios XV. Kaisar mitgebracht haben. Er war im September 47. v. Chr. zur Welt gekommen – zehn Monate nach ihrem ersten Zusammentreffen mit Caesar.

Trailer zur Ausstellung © Historisches Museum der Pfalz


 

Zweigleisig angelegte Ausstellung

 

Damit hatte dieser nach dem frühen Tod seiner Tochter Iulia sieben Jahre zuvor wieder einen legitimen Nachkommen – was unerlässlich ist, wenn man dynastische Pläne verfolgt. Dagegen hoffte die Pharaonin, gemeinsam mit Roms Alleinherrscher ein römisch-ägyptisches Weltreich gründen und regieren zu können; daraus wurde bekanntlich nichts.

 

Die berühmteste intime Beziehung der Antike wird vom Historischen Museum der Pfalz geschickt als Aufhänger für seine umfassende Ausstellung über die mediterrane Welt Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. genutzt. Sie ist zweigleisig angelegt: Einerseits erzählt sie die Geschichte der Liaison zweier Potentaten als machtpolitisch bestimmte Episode in der Endphase der Römischen Republik und der letzten Pharaonen-Dynastie. Ob bei der Affäre von Caesar und Kleopatra auch romantische Gefühle im Spiel waren, muss offen bleiben.

 

Griechen beherrschten Ägypten

 

Andererseits wird diese Zeitenwende zum Epochen-Panorama erweitert, indem zwei unterschiedliche Staatsgebilde ausführlich dargestellt werden. Im Westen das Römische Reich, das längst den gesamten Mittelmeerraum kontrolliert und teils weit darüber hinausgreift – wobei die Institutionen der Republik unter der imperialen Überdehnung ächzen und bald ausgehöhlt oder abgeschafft werden. Im Osten Ägypten unter den Ptolemäern: wirtschaftlich prosperierend, aber politisch im Niedergang begriffen. Kleopatras Initiative war der vergebliche Versuch, die Eigenständigkeit zu bewahren.

 

Für das hiesige Publikum ist dieser Erzählstrang wohl der interessanteste: Anders als das antike Rom wird die letzte Phase des alten Ägyptens hierzulande weder im Latein-Unterricht noch in Asterix-Comics behandelt. So dürfte wenig geläufig sein, dass die Ptolemäer eigentlich Griechen waren. Nach dem Tod von Alexander dem Großen wurde sein riesiges Reich unter seinen Feldherren aufgeteilt, den Diadochen. Einer von ihnen war Ptolemaios I. Soter, dem Ägypten zufiel.

 

160-Meter-Leuchtturm als Weltwunder

 

Der Begründer der Ptolemäer-Dynastie war ein sehr fähiger Herrscher. Er verbündete sich mit der mächtigen ägyptischen Priesterschaft und ließ sich als Pharao identifizieren, damit er von der lokalen Bevölkerung akzeptiert wurde. Zugleich baute er das noch von Alexander selbst gegründete Alexandria an der Mittelmeerküste zur Residenz und kosmopolitischen Metropole aus, die Kaufleute und Gelehrte aus der gesamten damals bekannten Welt anzog. Über ihren Hafen wurde vor allem Getreide verschifft, dessen Export Ägypten wohlhabend werden ließ.

 

Dem antiken Alexandria gilt das besondere Augenmerk der Schau; etwa mit einem Modell der antiken Stadt samt öffentlichen Prunkbauten und der berühmten Bibliothek im damaligen Museion. Oder einem Nachbau des Leuchtturms auf der Insel Pharos, der bis zu 160 Meter hoch gewesen sein soll. Sein weithin sichtbares Leuchtfeuer erlaubte Schiffen, gefahrlos die Passage zum Hafen anzusteuern – ein wahres Weltwunder.

 

Eine Art antikes Hongkong

 

In der Bevölkerung von Alexandria, das als Planstadt mit rechtwinkliger Straßenführung angelegt wurde, war der Anteil von griechischen Einwanderern, aber auch von Juden, sehr groß. Öffentliche Bauten und die alltägliche Lebensführung waren eindeutig hellenistisch geprägt; Ägyptisches spielte eine untergeordnete Rolle. Man darf sich die Stadt wohl als eine Art antikes Hongkong (vor 1999) vorstellen, vergleichbar auch in ihrem Reichtum.

 

„Das Rom der späten Republik muss eine eindrucksvolle Stadt gewesen sein, die sicherlich auch Kleopatra beeindruckte. Mit der multikulturellen, prächtigen Metropole Alexandria aber war das republikanische Rom wohl noch nicht zu vergleichen“, betont die Ausstellung – Prunkbauten wie das Colosseum oder die Triumphbögen entstanden dort erst in der Kaiserzeit. Dagegen hatten beide Städte wohl mehr Einwohner als jede andere im Mittelmeerraum: Man schätzt sie auf etwa eine halbe Million in Alexandria.

 

Antiquiertes Zeitungs-Café

 

In seiner Darstellung des Ptolemäerreichs beschränkt sich die Schau nicht auf Exponate aus seiner Endphase, sondern präsentiert solche aus dem gesamten Zeitraum seines Bestehens. Das veranschaulicht, wie stark hellenistische und ägyptische Traditionen miteinander verschmolzen wurden, etwa bei Götterstatuen oder Bekleidung. Bis hin zu Pretiosen, etwa goldenen Schlangen-Armreifen oder Ohrringen in bizarrer „Blutegel“-Form; wohl nach babylonischen oder phönizischen Vorbildern.

 

Dagegen fallen die Ausstellungs-Abschnitte zur Römischen Republik etwas unüberraschend aus, geprägt durch Marmorköpfe, -friese, Waffen und Gemmen. Nur einer gerät sehr launig: mit dem Nachbau eines italienischen Cafés, in dem ausliegende Pseudo-Zeitungen über die Rivalität zwischen Caesar und seinen Widersachern informieren. Im Smartphone-Zeitalter wirkt diese Inszenierung fast so antiquiert wie die Sache selbst. Doch vermutlich ist es kaum möglich, das wichtigste Staatswesen der Antike auf derart gedrängtem Raum umfassend zu charakterisieren – zumal die Besucher durchaus Vorwissen mitbringen dürften, anders als im Fall Ägyptens.

 

Eher Bettwäsche-Sack als Teppich

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Kleopatra. Die ewige Diva" – facettenreiche Schau über den Imagewandel der antiken Herrscherin in der Bundeskunsthalle, Bonn

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung "Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann" – grandios inszenierte Ausstellungs-Trilogie in drei Trierer Museen

 

und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Ein Traum von Rom" – exzellente Überblicks-Schau über Städtebau im römischen Reich in Trier + Stuttgart

 

und hier einen Bericht über den Film "Seneca" – brillant groteskes Porträt des antiken Philosophen vor seinem Freitod von Robert Schwentke mit John Malkovich.

 

Die dortige Herrschaft der Ptolemäer erwies sich als vergleichsweise stabil: Sie regierten fast 300 Jahre lang, länger als jede andere Pharaonen-Dynastie – allerdings mehrfach erschüttert durch heftige interne Machtkämpfe. Ein solcher trieb auch Kleopatra in Caesars Arme: Sie brauchte ihn als Verbündeten im Streit mit ihrem Bruder Ptolemaios XIII.. Dass sie sich zum ersten Rendezvous mit dem römischen Feldherrn heimlich in einen Teppich eingewickelt in den Palast tragen ließ, verweist die Schau allerdings ins Fabelreich; sie lag wohl eher in einem Bettwäsche-Sack.

 

Auch Kleopatras legendäre Nase wird ausgiebig diskutiert: Ihre markantes Profil auf Münzen sollte wahrscheinlich ihre Durchsetzungsstärke symbolisieren. Die wenigen erhaltenen Porträtbüsten, die ihr zugeschrieben werden, zeigen eine anmutige, aber nicht überragend schöne junge Frau. Dagegen heben antike Quellen ihre außergewöhnliche Intelligenz und Bildung hervor. So beherrschte sie sieben Sprachen fließend, darunter auch Ägyptisch – als erster der Ptolemäer-Pharaonen.

 

Eher Gift-Cocktail als Schlangenbiss

 

Wie auch immer es um ihre Qualitäten und Reize bestellt gewesen sein mag, sie halfen ihr letztlich nichts. Nach Caesars Ermordung schlug sie sich im Machtkampf zwischen Octavian und Marcus Antonius auf die falsche Seite. Die verlorene Seeschlacht von Actium war nur eine Niederlage in einer ganzen Kette von Rückschlägen. Im Jahr 30. v. Chr. wählte sie wie Marcus Antonius den Freitod, um nicht vom siegreichen Octavian im Triumphzug als Beute vorgeführt und gedemütigt zu werden.

 

Dass sich Kleopatra dazu von einer Schlange beißen ließ, ist ebenfalls ein Mythos – eine solche Agonie wäre sehr langwierig und qualvoll gewesen. Wahrscheinlich nahm sie einen Gift-Cocktail zu sich. Damit endete die staatliche Eigenständigkeit des alten Ägyptens; Octavian degradierte das Land am Nil zur römischen Provinz.