Armin Müller-Stahl+ Manfred Krug

Fünf Patronenhülsen

Foto: Filmmuseum Düsseldorf
Sengende Sonne, kein Wasser: Den Überlebenskampf von fünf Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Faschisten inszenierte DEFA-Regisseur Frank Beyer 1960 wie einen packenden Western – das Filmmuseum Düsseldorf zeigt ihn am 12. Dezember.

Kommunistischer Widerstand gegen den Faschismus: Das erscheint als ein Leitmotiv des Kinos von DEFA-Regisseur Frank Beyer (1932-2006), insbesondere bei seinen drei frühen Filmen „Fünf Patronenhülsen“ (1960), „Königskinder“ (1962) und „Nackt unter Wölfen“ (1963). Eine wichtige Rolle spielt dabei der Zusammenhang der sujets mit der noch jungen DDR. „Fünf Patronenhülsen“ erzählt seine politische Botschaft mit einer spannenden Geschichte und gewissem Pathos: als Abbild des Zeitgeistes in vielen DEFA-Filmen der Epoche.

 

Info

 

Fünf Patronenhülsen

 

Regie: Frank Beyer,

88 Min., DDR 1960;

mit: Erwin Geschonneck, Armin Müller-Stahl, Manfred Krug

 

Weitere Informationen

 

Vorführung im Filmmuseum Düsseldorf

 

Beyers dritter Spielfilm behandelt eine Episode aus dem Spanischen Bürgerkrieg im Jahr 1936. In den Internationalen Brigaden gegen die Franco-Truppen sind dem deutschen Kommissar Witting (Erwin Geschonneck) sechs Freiwillige unterstellt: ein Pole, Russe, Bulgare, Franzose, Spanier und ein Deutscher. Als Witting schwer verwundet wird, erteilt er fünf seiner Kameraden einen Auftrag, um sie in Sicherheit zu bringen.

 

Leben durch Zusammenbleiben

 

Eine wichtige Meldung soll durch die feindlichen Linien gebracht werden. In fünf leeren Patronenhülsen versteckt, bekommt jeder der fünf einen Teil der Nachricht, die nur zusammen einen Sinn ergeben. Dadurch wird das Quintett angespornt, zusammenzuhalten und sich gemeinsam durchzuschlagen. Am Ende erreichen die fünf Interbrigadisten das Quartier ihres Stabes. Dort erfahren sie, was auf den Zetteln in den Patronenhülsen stand: Bleiben sie zusammen, dann werden Sie leben – es war das Credo des Kommissars Witting.

Eröffnungssequenz des Films


 

Besungen von Ernst Busch

 

In der Eröffnungssequenz des Films werden Atmosphäre und Stimmung des Films bereits deutlich: Mit zügigen Schnitten manövriert Regisseur Beyer den Zuschauer in die karge und felsige Landschaft der spanischen Sierra. Die Sonne brennt; schwer erträgliche Hitze scheint körperlich spürbar. Gitarrenklänge und Trommelschläge deuten Abenteuer und Gefahr an, aber auch Aufbruch und Tatendrang.

 

Arbeiterkampflied-Sänger Ernst Busch (1900-1980) intoniert ein Lied über Solidarität, Gemeinschaft und Widerstand. Die Protagonisten werden einzeln ins Bild gerückt, teils im Schützengraben liegend. So wird bereits zu Beginn offensichtlich, dass der Film nicht zwingend als typisches Antikriegs-Drama gelten muss, sondern eher als eine Form von Western verstanden werden kann.

 

Harz-Felsen mit Farbe bespritzt

 

Tatsächlich reisten Beyer und sein Team für die Außenaufnahmen ins bulgarische Balkangebirge, um die spanische Sierra nachzuahmen. Sowie in den Harz; dort wurden Felsen mit Farbe bespritzt, um sie authentischer aussehen zu lassen. Ansonsten überzeugt der Film weniger mit überzeichneter action als vielmehr mit stilisiertem Drama. Dabei legt Beyer besonderen Wert auf die Zeichnung der Charaktere und deren persönlichem Kampf mit den widrigen Umständen.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "La Guerre est finie - Der Krieg ist vorbei" – Polit-Drama über einen spanischen Widerstandskämpfer gegen Franco von Alain Resnais mit Yves Montand

 

und hier eine Besprechung des Films "Lied der Ströme" – episch-poetisches Panorama der Arbeiterbewegung in 32 Ländern von Joris Ivens

 

und hier einen Beitrag über den Film "Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod" – groteske Parabel über Spanien in der Endphase der Franco-Diktatur von Alex de la Iglesia.

 

Die wenigen Wasserstellen in der Sierra sind von der faschistischen Guardia Civil besetzt. So wird die karge Landschaft zur Tortur für die Protagonisten: Sie dürsten inmitten von trostlosen und steilen Berghängen. Der Franzose Pierre (Armin Mueller-Stahl) wird von einem Schuss getroffen, weil er den schützenden Felsen verlässt und zum Brunnen vordringen will. Der Russe Wasja (Ulrich Thein) verfällt dem Wahnsinn; der Pole Oleg (Manfred Krug) verflucht den Himmel und die Sonne. Bald scheint es, als ob die Gruppe weniger vom faschistischen Feind bedroht wird als durch die lebensfeindliche Umgebung.

 

Ein Hoch auf die Solidarität

Mit Ernst Busch hatte Regisseur  Beyer eine Person für die Filmmusik gewonnen, die den Spanischen Bürgerkrieg aus eigener Anschauung kannte: Dort war er 1937 als Sänger vor den Internationalen Brigaden aufgetreten. Auf ihrer Seite hatte auch Drehbuchautor Walter Gorrish 1936 mitgekämpft. Er immigrierte nach Frankreich, wurde im Zweiten Weltkrieg ans Dritte Reich ausgeliefert, lief aber zur Roten Armee über und kehrte mit ihr 1945 als Offizier nach Ostdeutschland zurück.

 

Zwar beschwört der Film dramatisch den internationalen Kampf der Kommunisten gegen die faschistische Ideologie. Doch zugleich konzentriert er sich auf die Entwicklung der Figuren: Der Zusammenhalt unter Kameraden stellt ihre widerstandsfähige Gruppendynamik als vorbildlich dar. In diesem Sinne bleibt der Film wie das gesamte Schaffen von Frank Beyer zeitlos: Es geht ihm vor allem um die Solidarität der Protagonisten, die keine nationalen Grenzen kennt.

 

Ein Gastbeitrag von Thomas Ochs, Filmmuseum Düsseldorf