
Goethes opus magnum ist heute praktisch unbekannt. Außer ein paar Fachleuten liest niemand mehr die 1.400 Seiten der «Farbenlehre», die 1810 erschienen ist. Dabei war der Olympier überzeugt, sie sei seine Meisterleistung: «Auf alles, was ich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein. (…) Daß ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der einzige bin, der das Rechte weiß, darauf tue ich mir etwas zugute, und ich habe daher ein Bewusstsein der Superiorität über viele.» Hier irrte Goethe.
Info
Augengespenst und Urphänomen - 200 Jahre Goethes Farbenlehre
19.06.2010 - 19.06.2011
täglich außer montags 9 bis 16 Uhr im Goethe-Nationalmuseum, Frauenplan 1, Weimar
Goethe suchte Farben im Urphänomen
Dafür entwarf er zahllose Experimente. Die Schau führt sie vor; meist kann der Besucher sie selbst ausprobieren. Oft geht es um alltägliche Phänomene: Etwa das Nachleuchten der Komplementärfarbe auf der Netzhaut nach dem Betrachten einer Farbe. Dass diese «Augengespenster» normale Reaktionen sind, erkannte Goethe als erster. Allerdings zog er aus richtigen Beobachtungen teils falsche Schlüsse: Die Farben entstanden für ihn aus dem Zusammentreffen von Licht und Dunkelheit im Trüben, dem «Urphänomen».
Impressionen der Ausstellung
Seit 1810 hat die Schulphysik über Goethes ganzheitliche Naturbetrachtung gesiegt. Dagegen begründete er die Farbpsychologie, indem er die Rolle des Betrachters eingehend untersuchte. Das stellt die Ausstellung erschöpfend ausführlich dar. Durch ihren hohen Mitmach-Faktor eignet sich die Schau gut für einen Familienausflug. Doch danach sehnt man sich nach der schwarz-weißen Winterwelt draußen.