
Mit seinen aktuellen Sonderausstellungen betreibt das Leipziger Museum Systemopposition – Opposition nicht gegen das, sondern mit System. Während die opulente Retrospektive von Michael Triegel bildungsbürgerliche Träume von einer Rückkehr nach Alteuropa bedient, steht Horst Janssen gegenüber für eine originellere Variante.
Info
Horst Janssen: Spiel
mit der Meisterschaft
28.10.2010 - 06.02.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr im Museum der bildenden Künste, Katharinenstr. 10, Leipzig
Grafiken für Millionen «Zeit»-Leser
Stattdessen werkelte er unermüdlich an seinem unüberschaubaren Oeuvre: Es wird auf Tausende von Zeichnungen, Radierungen und Aquarelle geschätzt. Für ihre Verbreitung sorgte vor allem «Die Zeit»; dort war er eine Art Haus-Illustrator. So lernten Millionen ihrer Leser diesen zeitgenössischen Grafiker kennen.
Ansonsten verließ sich Janssen auf wenige Getreue. Darunter war der Hannoveraner Galerist Hans Brockstedt, der für diese Schau 54 Blätter zur Verfügung stellt. Sie zeigen alle Facetten dieser Bildwelt: gespenstische Szenerien, surreale Kombinationen und deformierte Gestalten irgendwo zwischen Richard Oelze und Jean Dubuffet. Aber auch Gelegenheitsarbeiten von heiterer Gebrauchsgrafik bis zu monströsen Selbst-Porträts.
Obsessionen und Ängste der alten Bundesrepublik
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Kritik der Ausstellung "Verwandlung der Götter" mit Werken von Michael Triegel im Museum der bildenden Künste, Leipzig
und hier eine Besprechung der Ausstellung "Das große Welttheater" mit Werken von Bernhard Heisig im Kunst-Raum des Bundestags, Berlin.
Doch in der Ausdruckswut des manischen Zeichners, der gerne das betrunkene Genie gab, erkannte sich die Aufbaugesellschaft wieder. Mit seiner motivischen und technischen Bandbreite ist Janssen dem blutleeren Renaissance-Kopisten Michael Triegel turmhoch überlegen.