
Um 1900 war Riga eine der modernsten Hauptstädte Europas. Wie viele osteuropäische Völker pochten auch die Letten auf Selbstbestimmung und Autonomie im Zarenreich. Ihr seit Mitte des 19. Jahrhunderts erstarktes Nationalbewusstsein fand Ausdruck in ehrgeizigen Bau-Programmen: Mit Jugendstil-Ornamenten reich verzierte Neubauten füllten die Innenstadt.
Info
Der Symbolismus
in Lettland
02.12.2010 - 27.03.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr im Musée national d'histoire et d'art, Marché aux Poissons, Luxembourg
Katalog 20 €
Delikate Arrangements + fahles Kolorit
Die meist in Petersburg ausgebildeten Künstler orientierten sich an Strömungen, die damals in Westeuropa aktuell waren. Doch sie wurden dem lokalen Temperament und Geschmack angepasst. Exaltierte Visionen, schwülstige Erotik und orientalische Dekors à la Gustave Moreau oder Franz von Stuck findet man hier nicht. Dafür delikate Arrangements, eher fahles Kolorit und ein feines Gespür für die Valeurs des bleichen Sonnenlichts im Norden.
Impressionen der Ausstellung
Eigener Stil voller Raffinessen
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Besprechung der Ausstellung "Architekturträume des Jugendstils" mit Werken von Joseph Maria Olbrich in der Kunstbibliothek, Berlin
und hier eine kultiversum-Rezension des Films "Poll" von Chris Kraus über den Untergang der Welt der Deutschbalten.
Johann Walter pflegte eine flächige, tonige Malweise, die ihn in die Nähe der französischen Nabis-Gruppe rückt. Die Grafikerin Alice Dimitrijew schuf so reduzierte wie dekorative Arbeiten im Geist des Art Nouveau.
Die lettischen Symbolisten kopierten keine Vorbilder, sondern fanden zu ihrem eigenen Stil, dessen Raffinesse seinesgleichen sucht. Das hat eine auf Westeuropa fixierte Kunstgeschichte lange ignoriert. Diese Lücke schließt die Schau: Eine gute Gelegenheit, mit einem Tagesausflug eine kaum bekannte Bildsprache zu entdecken – ohne nach Riga reisen zu müssen.