
Für die Pinakothek der Moderne war es ein Glücksfall, als ihr Anfang 2009 die Stiftung Ann und Jürgen Wilde angegliedert wurde. Zwar soll das 2002 eröffnete Museum auch Fotografie sammeln. Doch zuvor hatte sich die Pinakothek auf Zeitgenössisches beschränkt – ältere Werke haben sich in den letzten Jahren stark verteuert.
Info
Die neue Wirklichkeit - Fotografie der Moderne aus der Stiftung Ann und Jürgen Wilde
26.03.2011 - 26.06.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr in der Pinakothek der Moderne, München
Beiheft 9,90 €
Archive als nationales Kulturgut
Ihre Archive von Karl Blossfeldt und Albert Renger-Patzsch sind als schützenswertes nationales Kulturgut anerkannt. Insgesamt umfasst die Sammlung mehr als 10.000 Original-Abzüge, ebenso viele Negative und Tausende von Fachbüchern; ihr Wert wird auf 120 Millionen Euro geschätzt.
Impressionen der Ausstellung
Urformen der Kunst im Antlitz der Zeit
Nun stellt die Pinakothek den ergatterten Schatz erstmals vor – mit 110 Bildern von neun Avantgarde-Fotografen der 1920er Jahre. Durchweg klassische Arbeiten: Angefangen von Blossfeldt, der 1928 mit Pflanzen-Details als «Urformen der Kunst» berühmt wurde, über die legendären Porträts von August Sander in «Antlitz der Zeit» bis zu Renger-Patzschs Objekt- und Technik-Studien, deren formale Kühnheit und Originalität noch heute verblüfft.
Angesichts der Bedeutung dieser Sammlung verwundert die uninspirierte, fast schon lieblose Präsentation. Die monotone Hängung setzt keinerlei Akzente. Außer Namen und Lebensdaten erfährt man nichts über die gezeigten Koryphäen. Zudem fehlt jeder Hinweis auf Absichten und Ziele damaliger Strömungen wie der Neuen Sachlichkeit.
Begleitheft im Illustrierten-Stil
Wer mehr wissen will, muss das Begleitheft erwerben, das im Stil einer Illustrierten der 1920er Jahre gestaltet ist. Offenbar gehen die Kuratoren davon aus, dass alle Besucher die ausgestellten Werke ohnehin kennen und sich am Wiedererkennungs-Effekt erfreuen. Oder sich mit reiner Anschauung begnügen. Dieser Purismus wird den großzügigen Stiftern, die sich stets um Anerkennung der Fotografie als Kunst bemühten, nicht gerecht.