
In dieser Ausstellung sind Werke Alter Meister einmal zweitrangig. Weltberühmte Gemälde wie das «Selbstporträt im Pelzrock» von Dürer oder die «Alexanderschlacht» von Altdorfer hängen nur als Kontrastfolie an der Wand. Denn es geht um Schwarzweiß-Fotos, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber den Meisterwerken täuschend ähneln.
Info
Drunter und Drüber - Altdorfer, Cranach und
Dürer auf der Spur
07.07.2011 - 18.09.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, dienstags bis 20 Uhr in der
Alten Pinakothek, München
Katalog 10 €
Hunderte Infrarot-Aufnahmen für ein Bild
Um ein Bild vollständig zu untersuchen, werden mehrere Hundert Infrarot-Aufnahmen angefertigt, am Computer zusammengesetzt und optisch korrigiert. So entsteht eine originalgetreue Fotografie im gleichen Format – nicht des Gemäldes, sondern der darunter liegenden Zeichnung. Blickt man genauer hin, entdeckt man zahlreiche Abweichungen: Änderungen der Komposition oder nachträgliche Korrekturen.
Etwa die Akzente, die Lucas Cranach d.Ä. in seiner «Kreuzigung» von 1503 setzte: Er verkleinerte Marias Auge, damit sie Christus konzentriert anblickt, und führte den Arm von Johannes unter ihrem durch, um sie zu stützen – in der Zeichnung hatte er noch seine gefalteten Hände auf ihren Unterarm gelegt. Die Symbolik ist eindeutig: Sie betont die gegenseitige Fürsorge.
Impressionen der Ausstellung
Bettler durch Selbstporträt ersetzt
Manchmal änderte ein Maler in der Ausführung seine ganze Konzeption. Wie Hans Holbein d.Ä. auf einem Flügel des «Sebastianaltars» von 1516: Zu den Füßen der Heiligen sind zwei Bettlergestalten gezeichnet. Holbein ersetzte sie im fertigen Gemälde durch ein Selbstporträt und das Bildnis seines Sohnes.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Das Jahrhundert Vasaris" über Florentiner Zeichner des Cinquecento in der Gemäldegalerie, Berlin.
und hier eine Besprechung der Ausstellung "Meister der Dürerzeit" über Hans Baldung, gen. Grien, in der Gemäldegalerie, Berlin
und hier einen Beitrag zur Ausstellung "Die Graue Passion in ihrer Zeit" über Hans Holbein d.Ä. in der Staatsgalerie Stuttgart.
Allzumenschliche Korrekturen
Die hin- und herflutenden Massen der streitenden Heere hat Altdorfer minutiös vorgezeichnet und dabei Hunderte von Figuren präzise angelegt. Dagegen entwarf er den grandiosen Panoramablick aus der Stratosphäre über das östliche Mittelmeer nur summarisch: skizzierte Wolkenbänder und Meeresküsten haben mit der endgültigen Ausführung wenig zu tun.
So revolutioniert diese kleine Kabinett-Schau mit acht Gemälden und ebenso vielen Aufnahmen zwar nicht unser Verständnis altdeutscher Malerei, doch sie demonstriert deutlich unterschiedliche Malstile: Manchen Meistern gelang alles im ersten Anlauf, andere mussten sich menschlich-allzumenschlich öfter selbst verbessern.