Deutsch-deutsche Kunst-Geschichte seit der Nachkriegszeit zeichnet das Albertinum anhand von rund 120 Werken nach: vorwiegend aus eigenem Bestand und mit Schwerpunkt auf Künstlern aus Dresden. Dieses Konzept ähnelt der aktuellen Sammlungspräsentation der Neuen Nationalgalerie in Berlin: «Der geteilte Himmel» zeigt Werke der hauseigenen Kollektion, die zwischen 1945 und 1968 entstanden.
Info
geteilt | ungeteilt: Kunst in Deutschland 1945 bis 2010
07.02.2012 - 25.08.2013
täglich außer montags
10-18 Uhr in der Galerie
Neue Meister im Albertinum, Georg-Treu-Platz + Brühlsche Terrasse, Dresden
Kunst als politischer Zankapfel
An Kunst als Zankapfel der politischen Systeme erinnern Schautafeln im Vorraum. 1946 hatte der Kritiker Willi Grohmann in Dresden die «Erste Allgemeine Deutsche Kunstausstellung» initiiert; sie sollte in Ostdeutschland die von den Nazis als «entartet» verfemten Vorkriegs- Avantgarden rehabilitieren. Die Verpflichtung der Künste auf den «Sozialistischen Realismus» war jedoch bereits im Gang; im Folgejahr setzte sich Grohmann nach West- Berlin ab.
Impressionen der Ausstellung
«Tod von Dresden» unter Formalismus-Verdacht
1953 setzte die SED ihr Dogma mit der «Dritten Deutschen Kunstausstellung» im Albertinum unter der Losung «Die Kunst gehört dem Volk» endgültig durch – was in Dresden besonders spürbar wurde. Die Stadt hatte im Krieg ihre völlige Zerstörung erlebt; diese tabula rasa prägte auch die Kunstproduktion.
Doch ein expressives Gemälde wie Wilhelm Lachnits «Tod von Dresden» von 1945, auf dem eine Mutter mit Kind die in grelles Rot getauchte Trümmerwüste beweint, stand bei DDR-Kritikern unter Formalismus-Verdacht; es wurde erst 1957 von den Staatlichen Kunstsammlungen angekauft.
Zweigeteilte Ausstellungs-Architektur
Die Zweiteilung der Welt im Kalten Krieg stellt die Ausstellungs-Architektur kongenial nach: mit einer Doppelreihe aus Kojen, die im Laufe des Parcours nach und nach öffnet – in dem Maße, wie auch der Eiserne Vorhang durchlässiger wurde. Die Formensprachen der Künste in Ost und West näherten sich rascher einander an als die politischen Diskurse.
Kurator Ulrich Bischoff hat vor allem Werke ausgewählt, die lange im offiziellen Kunstgeschehen wenig beachtet wurden; teils sind sie erstmals seit Jahrzehnten zu sehen. Schon in den unmittelbaren Nachkriegsjahren malte Hans Heinrich Palitzsch in Dresden menschenleere Landschaften, die von Picasso und De Chirico beeinflusst waren – mit Flugzeugen, die wie von Bildern des Westdeutschen Franz Radziwill übernommen scheinen.
DDR-Abstraktion im Verborgenen
Auf der anderen Seite der Mauer widersetzten sich Richard Oelze und Eugen Schönebeck der herrschenden Tendenz zur Abstraktion. Ihre surrealen oder grotesk figurativen Motive stechen zwischen dem Informel eines Karl Otto Götz und Ernst Wilhelm Nay oder der Farbfeld-Malerei von Joseph Albers deutlich hervor.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Besprechung der Ausstellung "Geschlossene Gesellschaft" zur Entwicklung der Fotokunst in der DDR in der Berlinischen Galerie, Berlin
und hier eine Besprechung der Ausstellung “Der geteilte Himmel: Die Sammlung 1945–1968” mit Kunst aus der Nachkriegszeit in der Neuen Nationalgalerie, Berlin
sowie hier einen Beitrag über die Ausstellung “Bernhard Heisig: Das große Welttheater” zum Werk des Doyens der «Leipziger Schule» im Kunst-Raum des Bundestags, Berlin.
Neue Themen nach dem Mauerfall
Mit dem Mauerfall erledigte sich System-Opposition in den Künsten endgültig; stattdessen traten neue Themen in den Vordergrund. Katharina Sieverding kopierte 1992 die Schlagzeile «Deutschland wird deutscher» auf ein großformatiges Foto-Porträt: Ihr Kopf ist mit Schleiern verhüllt und von Wurfmessern umringt. Cornelia Schleime malte nach der Lektüre ihrer Stasi-Akte einen «Verräter», dem ein schwarzes Rinnsal ins Ohr und aus dem Mund quillt.
Doch auch im ungeteilten Deutschland lassen sich noch spezifisch ostdeutsche Mal-Traditionen ausmachen: etwa in den schrundig deformierten Gestalten von Ralf Kerbach oder im flächigen Ausschnitt-Realismus seines Dresdner Meisterschülers Eberhard Havekost. Ihre Werke führt die Ausstellung im Kopf-Saal mit denen westdeutscher Zeitgenossen zusammen: als Bilder-Geschichte einer Nation, die das Albertinum umfassend dokumentiert.