München

Isaac Julien: Ten Thousand Waves

Mazu, Turning (from: Ten Thousand Waves, detail) | 2010 Endura Ultra Fotografie| 80 x 60.3 cm. Foto: © Isaac Julien
Aufwändig wie ein Hollywood-Film: Die Video-Installation von Isaac Julien verschränkt drei Erzählstränge zu einer überwältigenden Chinoiserie. Bis Jahresende im Museum Brandhorst.

Eine Video-Installation der Superlative: 55 Minuten Spielzeit auf neun Kanälen zugleich mit Star-Schauspielerinnen wie Maggie Cheung und Zhao Tao. Isaac Julien hat daran vier Jahre lang gearbeitet. Solch eine Großproduktion bedarf vieler Geldquellen; die Udo und Anette Brandhorst Stiftung war beteiligt. Dafür ist die Installation neun Monate in ihrem Museum zu sehen.

Info

Isaac Julien -
Ten Thousand Waves

 

29.03.2011 - 31.12.2011

täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr im

Museum Brandhorst, Theresienstraße 35 a, München

 

Weitere Informationen


Ein Look wie bei Hollywood-Filmen: beste Bildqualität, verschwenderische Ausstattung, aufwändige Inszenierung mit Kamerafahrten und –flügen, raffinierte Special Effects wie im Popcorn-Kino. Mit dessen simplen Handlungsmustern hat jedoch «Ten Thousand Waves» trotz aller Opulenz nichts gemein.

 

Shanghai von 1930 bis 2011

 

Die Installation verschränkt drei Erzähl-Ebenen miteinander. Ausgangspunkt ist der Tod von 23 illegal eingereisten Chinesen, die 2005 beim Muschelsammeln an der britischen Küste ertranken. Julien verknüpft dieses Unglück mit einer alten Legende aus ihrer chinesischen Heimatprovinz Fujian. Dort verehrt man die Göttin Mazu, weil sie in Gefahr geratene Seeleute rettet. Im Film wird Mazu von Maggie Cheung verkörpert.

 

Cheung wurde mit «In the mood for love» von Wong Kar-Wai international bekannt. Das stimmungsvoll dekadente Setting dieses Films greift der Künstler ebenso auf: Er kontrastiert Bilder aus Maos China und dem heutigen Wolkenkratzer-Shanghai mit Passagen über die Stadt in den 1930er Jahren – damals ein Zentrum der Kinoindustrie. Das Thema eines Klassikers dieser Epoche – eine junge Arbeitslose wird Prostituierte – wird gleichfalls kurz zitiert.


Impressionen der Neun-Kanal-Video-Installation


 

Fantasy für politische Aussagen

 

All das muss man nicht wissen, um «Ten Thousand Waves» zu genießen. Die freie Hängung von neun Leinwänden im dunklen Saal erzeugt einen einmaligen Projektions-Raum, der zahllose Perspektiven erlaubt. Aus jeder fließt der Bilder-Strom in anderer Mischung zusammen und ruft unterschiedliche Assoziationen hervor.

 

Den Augenschmaus pfeffert Julien kräftig: «Ich benutze Fantasy, um politische Aussagen zu machen», betont er. Traumschöne Panoramen der Guangxi-Landschaft setzt er hart gegen Aufnahmen aus der Betonwüste Shanghai und Doku-Material über die gestorbenen Chinesen. Zudem zeigt er am Ende die Trick-Technik, mit der Göttin Mazu fliegt. Solche Ernüchterung ändert nichts am überwältigenden Gesamteindruck: eine herrliche Chinoiserie.