
Keine andere deutsche Kunsthalle trägt so schwer an der Last der Vergangenheit wie das Haus der Kunst (HdK) in München. Im übertragenen wie im Wort-Sinne: Jeder weiß, dass dieses Gebäude von den Nazis zur Selbstbeweihräucherung errichtet wurde – so gigantisch und bautechnisch unsolide, dass der Koloss häufig repariert werden muss.
Info
Geschichten im Konflikt: Das Haus der Kunst
und der ideologische Gebrauch von Kunst 1937-1955
10.06.2012 — 13.01.2013
täglich 10 bis 20 Uhr,
donnerstags bis 22 Uhr im
Haus der Kunst,
Prinzregentenstraße 1, München
Begleitheft kostenlos,
Katalog Anfang 2013
Hitler war sein bester Kunst-Kunde
Für den Möchtegern-Maler Adolf Hitler war dies ein Herzensanliegen: Als Vorsitzender der GDK-Jury entschied er persönlich, welche Gemälde und Skulpturen gezeigt werden sollten. Wobei er zugleich sein bester Kunde war: Von den mehr als 12.000 auf den GDK ausgestellten Werken wurde etwa die Hälfte verkauft – davon erwarb Hitler allein rund 800.
Impressionen der Ausstellung
Neun-Meter-Modell für Fest-Umzüge
Der Architekt Paul Ludwig Troost entwarf das Gebäude bereits 1932: als Ersatz für den im Vorjahr abgebrannten Glaspalast von München. Als die NSdAP 1933 die Macht übernahm, wurden ab Oktober die Pläne umgesetzt – und währenddessen propagandistisch ausgeschlachtet: Bei Fest-Umzügen zum Gedenken an «Glanzzeiten deutscher Kultur» trugen NS-Aktivisten ein neun Meter langes Modell durch die Stadt.
Dessen nüchtern-monumentaler Neoklassizismus war damals europaweit gängig. Der Bau fand durchaus internationale Anerkennung: Auf der Pariser Weltausstellung von 1937, bei der Pavillons der beiden Diktaturen Sowjetunion und Drittes Reich nebeneinander standen, wurde ein Modell des Hauses mit dem «Grand Prix» ausgezeichnet.
Export-Schauen + Faschings-Bälle
Seine Funktion als NS-Werbeträger endete 1945: Die US-Militärregierung richtete dort einen Offiziers-Klub mit Restaurants und Tanz-Sälen ein. Umbenannt in «Haus der Kunst», wurden hier seit 1946 wieder Gemälde aus den zerstörten Pinakotheken gezeigt – im Wechsel mit «Bayerischen Export-Schauen», um die Ausfuhr regionaler Erzeugnisse anzukurbeln.
Ab 1949 folgte ein Reigen von Ausstellungen mit Meisterwerken der klassischen Moderne, damit die Bundesrepublik Anschluss an die zeitgenössische Weltkunst finde: als Vorläufer des kulturellen Rehabiliations-Programms, das 1955 die documenta in Kassel übernahm. Zudem wurde das HdK zur Faschings-Hochburg mit alljährlichen Bällen – demonstrativer konnte seine Entnazifizierung kaum ausfallen.
GDK-Datenbank seit 2011 online
Den turbulenten ersten 18 Jahren seiner Existenz widmet nun das Haus eine Ausstellung. Fast ebenso lange beschäftigt es sich systematisch mit der eigenen Geschichte: 1996 stellte man im Flur des Gebäudes Vitrinen zum Thema auf. Nach mehreren Publikationen und der Öffnung des historischen Archivs 2005 wurde im Vorjahr die Datenbank «GDK Research» im Internet freigeschaltet: Sie macht alle auf den NS-Ausstellungen gezeigten Werke online jedermann zugänglich.