Trier + Stuttgart

Ein Traum von Rom – Römisches Stadtleben in Südwestdeutschland

Bacchus-Mosaik: Triumph des Bacchus mit Tiger und Leopard. Foto: Thomas Zühmer, Rheinisches Landesmuseum Trier
Die Ausstellung als Aperitif: Das Rheinische Landesmuseum zeigt, wie das antike Trier zur Metropole der Superlative wurde – und macht damit Appetit auf seine ständige Sammlung sensationell gut erhaltener römischer Reliefs und Mosaiken von Weltrang.

Austern, Spargel + Pfeffer schmausen

 

Gallische Tuche galt im „Weltmarkt Römisches Reich“ als robust und wetterfest – genau das Richtige für die unwirtlichen Nordprovinzen. Ebenso beliebt war Glanzton-Keramik: Bunt bemalte Weinkannen und -becher mit Trinksprüchen, die in einer nachgebauten antiken Krämergasse präsentiert werden. Mit solchen Exportartikeln wurde die Handelsstadt an der Mosel rasch wohlhabend.

 

Ihre führenden Kreise konnten sich Delikatessen leisten: Man hat Austernschalen, bronzene Spargelköpfe und Beutel für Pfeffer gefunden, der aus dem fernen Indien importiert wurde. Festmahle fanden in üppig dekorierter Umgebung statt. Hauswände waren im pompeijanischen Stil bemalt, die Böden mit teuren Mosaiken gepflastert. Sie zeigten zum Raum passende Motive, etwa im Speisesaal den Wein-Gott Bacchus samt Gefolge.

 

Wald gigantischer Steingrabmäler

 

Größe und Wohlstand der Stadt erreichten ihren Höhepunkt wohl in der Kaiser-Zeit des 4. Jahrhunderts. Als Hof und Verwaltung 402 nach Mailand und Arles verlegt wurden, begann der Niedergang von Treveris. Mehrmals wurde es von Franken geplündert und 470 endgültig erobert. Den restlichen Einwohnern blieb nur recycling: Sie schmolzen Bleirohre der stillgelegten Wasserversorgung ein und schlachteten Prachtbauten als Steinbrüche aus. Diese Endphase symbolisiert die Schau drastisch mit einem Schutthaufen: „Aus der Traum“.

 

Doch eine Etage tiefer darf der Besucher weiter vom Glanz der Antike träumen. Dort breitet das Museum mehr als 4.000 Objekte aus, darunter einzigartige Stücke von Weltrang – und man kommt aus dem Staunen kaum heraus. Kein Sammelsurium von Bruchstücken: Hier steht ein ganzer Wald gigantischer Steingrabmäler, deren Reliefs hinreißend lebensnahe Alltagsszenen zeigen.

 

Größte Mosaiken-Sammlung nördlich der Alpen

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Pompeji - Leben auf dem Vulkan" in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung “Antike Welten” mit Meisterwerken der griechischen + römischen Kunst im Alten Museum, Berlin

 

und hier einen Bericht über die Ausstellung  "Rom sehen und sterben…" - über Perspektiven auf die Ewige Stadt in der Kunsthalle Erfurt.

 

Ein meterlanger Grabaufsatz zeigt ein ganzes Schiff mit vollplastischen Fässern und Besatzung; der darunter bestattete Weinhändler war wohl so reich wie Krösus. Ein anderes Relief kennen die meisten Lateinschüler aus ihrem Lehrbuch: als Beispiel für antiken Unterricht. In bequemen Sesseln sitzen zwei Schüler mit Schriftrollen und ihr Lehrer; er begrüßt einen Nachzügler, der gerade mit einem Bündel von Wachstäfelchen eintritt.

 

Solche Wohnkultur veranschaulicht der nächste Saal: Er ist rundum mit Mosaiken bedeckt – die größte Kollektion nördlich der Alpen. Das Spektrum reicht von burlesken Szenen wie einem Früchte naschenden Bären bis zu meterlangen Kompositionen, die mythologische Themen und geometrische Ornamentik formvollendet verbinden. Treverer, die derlei in Auftrag gaben, hatten genauso viel Geld und Stil wie die Eliten in Rom und Konstantinopel.

 

Größter römischer Goldschatz der Welt

 

Es muss nicht immer ein kompletter Bodenbelag sein: Aufwändig geformte und verzierte Bronze-, Ton- und Glasgefäße zeugen vom verfeinert teuren Geschmack, den sich manche antiken Einwohner leisten konnten. Das Museum beherbergt sogar den größten römischen Goldschatz, der je gefunden wurde: 2.600 Münzen mit 18,6 Kilo Gesamtgewicht.

 

Diese Unmenge spektakulärer Exponate macht das Haus zweifellos zu einem der wichtigsten Archäologie-Museen in Deutschland – das nicht annähernd so viel Beachtung findet, wie es verdient hätte. Als wirke der Fluch der Franken-Einfälle vor 1500 Jahren immer noch nach: Nie wieder wurde Trier zum Handelszentrum, geschweige denn zur Hauptstadt. Heutige Mosel-Reisende erfreuen sich mehr an Weinschenken als an Bacchus-Mosaiken.