
Die Malerei wird seit Jahrzehnten tot gesagt, und ist doch quicklebendig. Jedenfalls in Ausstellungen, die sie wahlweise feiern, wiederentdecken, neu bewerten, auf den Prüfstand stellen oder sonstwie in Bewegung halten. Wie in der Baseler Ausstellung „Painting on the Move“, die vor 14 Jahren Kunstmuseums-Direktor Bernhard Mendes Bürgi an drei Orten organisierte.
Info
Sculpture on the Move 1946–2016
19.04.2016 - 18.09.2016
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr,
donnerstags bis 20 Uhr
im Kunstmuseum Basel, St. Alban-Graben 16 + im Kunstmuseum Basel Gegenwart, St. Alban-Rheinweg 60
Das unvermeidliche Calder-Mobile
Es geht los mit Nachkriegs-Abstraktion und Post-Surrealismus: Hans Arp macht mediterran Archaisches, Max Bill flicht ein Möbiusband in harten Granit, und ein unvermeidliches Mobile von Alexander Calder flattert unter der Decke. Dieser Reigen endet dann mit zeitgenössischen Werken von Urs Fischer, Monika Sosnowska oder einem Bauteil der Kopie der Freiheitsstatue in New York namens „We the People“ von Danh Vo.
Impressionen des Neubaus; © Kunstmuseum Basel
Podeste als störendes Zweckmobiliar
Das neue Parkett des Erweiterungsbaus erweist sich als dankbarer Untergrund für minimalistische Werke aus den 1960/70er Jahren: Darauf fühlt sich die Auslegeware von Carl Andre oder Richard Long ausgesprochen wohl. Zwischen den rechteckig arrangierten Steinbrocken der „Stone Line“ (1977) von Long scheint das Holzboden-Raster durch; für Andres quadratische Eisenplatten „10 x 10 Altstadt Square“ (1967) bildet es einen streng geometrischen Rahmen. Dagegen erscheint Ellsworth Kellys Knick- und Wippskulptur „Blue Red Rocker“ (1963) viel origineller, geradezu verspielt.
Diese Bildhauer setzten ihre Werke selbstbewusst auf den Boden, ohne Sockel oder Podest. Davon hatten sich schon Künstler wie Constantin Brancusi, Alberto Giacometti oder Louise Bourgeois emanzipiert, indem sie ihren Arbeiten selbst einen Fuß verpassten. Dass hier ihre Plastiken auf weiße Trockenbau-Podeste gesetzt wurden, ist keine gute Idee: Zwischen die Verbindlichkeit von Architektur und Kunstwerken drängt sich nun störendes Zweckmobiliar.
Erfrischende white cubes mit Eichenboden
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Film-Porträts "Eva Hesse" - solide Doku über die 1970 verstorbene US-Künstlerin von Marcie Begleiter
und hier eine Besprechung der Ausstellung „Louise Bourgeois – Strukturen des Daseins: Die Zellen“ – große Retrospektive der franko-amerikanischen Bildhauerin im Haus der Kunst, München
und hier einen Bericht über die Ausstellung "Alberto Giacometti: Der Ursprung des Raumes" – Retrospektive des reifen Werkes im Kunstmuseum Wolfsburg
und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Richard Long: Berlin Circle & Land Art" – Retrospektive + Auftragsarbeiten im Hamburger Bahnhof, Berlin.
Innen wie außen präsentiert sich diese Trutzburg in überwältigendem Grau in Grau. Das wirkt außen stolz und gravitätisch, tendiert aber im Inneren zum Fetischismus. Der kalte Grauton, der alle Räume beherrscht, verströmt gleichermaßen etwas Großartiges wie Beklemmendes: Decken und Wände sind eisengrau verputzt. Fußböden und die massige Treppe sind aus mittelgrau geädertem Carrara-Marmor. Handläufe, Türen, Fenster und Läden bestehen aus glänzend feuerverzinktem Stahl. In diesem Umfeld wirken die Ausstellungsräume als white cubes mit Eichenboden wie eine Erfrischung.
Eva Hesse tanzt
Und manche Exponate ebenso: Eva Hesses Plastiken werden im Kunstbetrieb gern mit feierlichem Ernst gewürdigt, weil die früh verstorbene Künstlerin als Vorläuferin feministischer Konzeptkunst gilt. Ihre große unbetitelte Arbeit aus ihrem Todesjahr 1970 wirkt hier nun aber ungemein beschwingt, ohne von kunsthistorischem Überbau beschwert zu sein: Die äußerst fragilen Fiberglas-Polyester-Skulpturen scheinen förmlich aus dem Saal tanzen zu wollen.