Das Suchen nach der vergessenen Brille ist hier überflüssig: Diese Bilder würden auch unter der Lupe nicht schärfer. Die Technik der Verwischung hat Gerhard Richter in die Malerei eingeführt. Als Hommage zeigt die Kunsthalle 130 Werke von ihm und 20 weiteren Künstlern, die sein Prinzip der Unschärfe übernommen haben.
Info
Unscharf -
Nach Gerhard Richter
11.02.2011 - 22.05.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr in der Kunsthalle, Glockengießerwall, Hamburg
Katalog 29 €
Zwischen Foto und Abstraktion
Dem verweigerten sich die Impressionisten mit aufgelösten Konturen, die den subjektiven Sinneseindruck betonten. Das fegten die Reproduktionen in den Massenmedien hinweg. Angesichts dieser Bilderflut entschied sich Richter für das unscharfe Abmalen scharfer Vorlagen: Es changiert zwischen dem Realismus eines Fotos und dem Farbenspiel abstrakter Malerei.
Impressionen der Ausstellung
Bewegungs-Wolken und Trug-Bilder
Solche Bilder veranschaulichen Grenzbereiche visueller Wahrnehmung. Richters Serie «S. mit Kind» von 1995 stellt dar, wie ein Neugeborenes seine Mutter und sich selbst sieht. Die «Zwischenraum»-Gemälde von Wolfgang Kessler lösen die Umwelt wie bei hoher Geschwindigkeit in Streifen auf.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Gerhard-Richter-Retrospektive “Panorama” in der Neuen Nationalgalerie, Berlin
und hier ein Kritik des Dokumentarfilms "Gerhard Richter Painting" von Corinna Belz
und hier eine Besprechung der Ausstellung "Gerhard Richter: Bilder einer Epoche" im Bucerius Kunst Forum, Hamburg.
Gegen den Terror des allzu Deutlichen
Was üblicherweise als defizitär gilt, rehabilitiert die Kunsthalle als wichtiges Verfahren in der zeitgenössischen Bildproduktion, dessen Bandbreite exemplarisch vorgeführt wird. Unschärfe ist keine Fehlleistung, sondern Widerstand gegen den optischen Terror des allzu Deutlichen. Ihre Vieldeutigkeit belässt dem Betrachter die Freiheit zur Interpretation und Fantasie: Diese Schau ist ein kleiner Geniestreich.