Diese Tragödie fasziniert bis heute: Der Untergang der antiken Städte Pompeji und Herculaneum im Jahr 79 n. Chr. ist die wohl bekannteste und am besten untersuchte Naturkatastrophe aller Zeiten. Wem schaudert nicht beim Anblick der berühmten Gipsabdrücke von vergeblich Fliehenden aus Pompeji?
Info
Pompeji & Herculaneum –
Leben und Sterben unter dem Vulkan
11.11.2023 - 12.03.2023
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr,
donnerstags bis 20 Uhr
im smac - Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz,
Stefan-Heym-Platz 1, Chemnitz
Begleitheft 5 €
Weitere Informationen zur Ausstellung
Vorbeben ab 62 n. Chr.
Es kam nicht aus heiterem Himmel. Bereits im Jahr 62 n. Chr. hatte die Erde gebebt und viele Gebäude in Pompeji beschädigt, darunter einen Tempel. Doch weder diese Erschütterungen noch mehrere Nachbeben konnten die Bewohner aus der Stadt vertreiben; dafür war ihre Lage an der Küste zu günstig und die umliegende Gegend zu geeignet für Landwirtschaft. Zudem hatten die Pompejianer keine Vorstellung davon, was auf sie zukam.
Feature über die Ausstellung "Pompeji auf dem Vulkan" in München: © ARD Mittagsmagazin
450 Grad heiße Lawine tötet alles
Am Morgen des 24. August wackeln zunächst nur die Dachziegel auf den Häusern. Am Mittag beginnt der Ausbruch des Vulkans; seine 14 Kilometer hohe Aschewolke wirkt zunächst noch weit entfernt. Doch wenig später fällt ein Regen aus Asche und Bimsstein auf die Stadt herab, dazu kommen bis zu 30 Zentimeter große Felsbrocken; diese Schicht wächst stündlich um 10 bis 15 Zentimeter.
Am Abend stürzen die ersten Gebäude in sich zusammen; zahllose Menschen fliehen aus der Stadt. In der Nacht rast eine so genannte pyroklastische Lawine aus Glut, Asche, Gas und Steinen, die bis zu 450 Grad heiß ist, erst über Herculaneum, dann auch Pompeji: Sie tötet alles Leben. Etwa 24 Stunden nach Beginn des Ausbruchs ist die Stadt unter einer sechs Meter hohen Schicht vulkanischen Materials begraben. Von den geschätzt 20.000 Einwohnern können sich wohl die meisten retten, doch bis zu 4000 sterben. Es dauert mehr als 1600 Jahre, bis 1748 die ersten systematischen archäologischen Ausgrabungen beginnen.
Tönerner Müll aus dem Hafenbecken
Nach diesem dramatischen Auftakt schlägt die Ausstellung einen geruhsameren Ton an. Sie erläutert, welche Bedeutung die Region am Golf von Neapel rund um Pompeji und Herculaneum in der Antike hatte. Die fruchtbare Vulkanerde ermöglichte bis zu drei Ernten im Jahr, natürliche Hafenbuchten beförderten den Handel. Hinzu kamen ein ganzjährig angenehmes Klima; viele reiche Römer bauten in dieser schönen Gegend ihre Sommervillen.
Das Modell eines römischen Transportschiffes vom Typ horeia, dessen Wrack im Golf von Neapel gefunden wurde, sowie Schutt aus verschiedenen Tongefäßen, die damals ins Hafenbecken von Neapel geworfen worden waren, bilden die Höhepunkte dieses Abschnitts. Außerdem gibt es einen kurzen Videoexkurs zur Unterwasser-Archäologie im nahen Küstenort Baiae; allerdings wirkt er ohne Zusammenhang mit dem Thema der Ausstellung recht unvermittelt.
Antikes Streetfood aus der Garküche
Dann wandert man hinein in die antike Welt von Pompeji und Herculaneum: Fotoprojektionen lassen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten beider Orte und ausgewählte Wandmalereien im heutigen Zustand anschaulich werden. Außerdem sind Nachbildungen des Speiseraums in einer Villa sowie einer öffentlichen Garküche zu sehen. In den Schanktisch des so genannten thermopolium waren Terrakotta-Gefäße eingelassen; sie enthielten Mittagstisch-Gerichte für die arbeitende Bevölkerung. Streetfood gab es also schon im römischen Reich.
Auch reale Artefakte werden ausgestellt: etwa ein verkohlter Brotlaib oder versteinerte Feldfrüchte wie Getreide oder Feigen. Wie und warum diese Objekte den Feuersturm überstanden haben, erfährt man leider nicht genau. Bei drei fragilen Glasobjekten fragt man sich ebenso unwillkürlich, ob sie tatsächlich aus Pompeji stammen – wie trotzten sie der Gewalt des Ausbruchs? Sie waren in einer Truhe versteckt oder wurden durch umgefallene Regale geschützt, erläutert Kuratorin Yvonne Schmuhl.
Plinius d. Ä. starb bei Rettungsmission
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Pompeji – Leben auf dem Vulkan" - prächtige Präsentation in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München
und hier eine Besprechung der Doppel-Ausstellung "Pompeji – Nola – Herculaneum: Katastrophen am Vesuv" - mit Funden aus Pompeji im Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) + pompejianischer Gestaltung im Gartenreich von Wörlitz
und hier einen Bericht über den Film "Pompeii (3D)" – antikes Action-Spektakel über den Vesuv-Ausbruch von Paul W.S. Anderson
und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Samnium + die Samniten – Roms letzter Rivale" in den Staatlichen Antikensammlungen, München.
Als roter Faden ziehen sich die Schicksale von Plinius dem Älteren (ca. 23-79 n. Chr.) und seinem Neffen Plinius dem Jüngeren (61/62-113/115 n. Chr.) durch die Ausstellung. Der Ältere war Geschichtsschreiber, Beamter und Offizier; zum Zeitpunkt des Ausbruchs befehligte er die römische Flotte, die im nahen Misenum stationiert war. Schon am 24. August befahl er, auszulaufen, um möglichst viele Menschen zu retten; bei dieser Mission kam er am Folgetag ums Leben. Sein Neffe hat in Briefen der Nachwelt den zeitlichen Ablauf der Katastrophe überliefert.
Hohlräume mit Gips ausgegossen
Den dramatischen Abschluss der Schau bilden die eingangs erwähnten Gipsadrücke der Toten. Die pyroklastischen Ströme verbrannten in Herculaneum, das näher am Vesuv lag, im Nu sämtliches organisches Material. Dagegen töteten sie in Pompeji zwar alle Lebewesen, zerstörten aber ihre Körper nicht.
Menschen und Tiere wurden von Asche und Lava bedeckt; im Lauf der Zeit vergingen ihre Körper und hinterließen Hohlräume. Diese gossen die Archäologen später aus – so entstanden die Gipsabdrücke. In den Ruinen von Pompeji sind sie an den Orten platziert, an denen sie ursprünglich gefunden worden waren.