Die Geschichte beginnt vor 18 Jahren. Die Französin Celine (July Delpy) und der Amerikaner Jesse (Ethan Hawke) lernen sich in einem Zug kennen. Die beiden verbringen einen Tag in Wien miteinander, unterhalten und verlieben sich, und porträtieren dabei lässig ihre Zeit und das Lebensgefühl der Generation X.
Info
Before Midnight
Regie: Richard Linklater,
108 Min., USA/Griechenland 2013;
mit: Ethan Hawke, Julie Delpy
Before Sunset
Neun Jahre später zeigten uns Linklater, Delpy und Hawke, wie es mit Celine und Jesse weiterging: In «Before Sunset» treffen sich die beiden, nun Anfang 30, in Paris 2004 wieder und haben, nach einem weiteren gemeinsamen Tag, erneut die Chance zu entscheiden, ob sie es diesmal mit ihrer Liebe versuchen wollen. Es ist immer noch ein Flirt, aber an Stelle ihrer unbekümmerten Jugend ist Erfahrung und mehr Reife getreten.
Offizieller Filmtrailer
Wieder entsteht das präzise Portrait einer Generation, die alle Freiheiten hat und sich deswegen schwer entscheiden und festlegen kann. Jesse bleibt in Paris, doch der Film endet an dieser Stelle. Wieder sind sich die Romantiker sicher, dass nun die wahre Liebe beginnt; alle Zyniker begreifen diese Entscheidung als Anfang vom Ende.
Before Midnight
Weitere neun Jahre später setzt «Before Midnight» ein. 2013 sind Celine und Jesse ein Paar Anfang 40 und verbringen die Ferien mit ihren Kindern in Griechenland. Wieder haben sie einen Tag und eine Nacht, um ihre Beziehung zu verhandeln, zu überprüfen und uns Zuschauern die Dynamik einer Liebesgeschichte zu spiegeln.
Beide sind erwachsen geworden. Alltag und Verpflichtungen lasten schwer auf ihrer Beziehung; selbst im Urlaub bröckelt die Fassade des scheinbar perfekten Paares. In langen Einstellungen begleitet die Kamera Delpy und Hawke, die immer in Bewegung sind und sich verbal so lange umkreisen, bis sie die Essenz der Probleme auf den Tisch packen.
Wie dokumentarische Langzeitstudie
Regisseur Linklater gelingt es erneut, den Zeitgeist und das Lebensgefühl in diesem Lebensabschnitt einzufangen. Die Dialoge kommen präzise und doch wie improvisiert daher; man spürt die große Vertrautheit von Delpy und Hawke, die viel Persönliches in diese Filme einfließen lassen.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "2 Tage New York" - geistreich pointierte Komödie von Julie Delpy
und hier einen Bericht über den Film "Celeste & Jesse" - originelle Liebes-Komödie von Lee Toland Krieger
und hier eine Rezension des Films "Medianeras" - Argentinischer Liebesfilm von Gustavo Taretto
Realistischer und trauriger als Vorgänger
«Before Midnight» ist härter, realistischer und auch trauriger als seine beiden Vorgänger – ein gelungenes und wahrhaftiges Konzept, das wohl alle ansprechen wird, die gemeinsam mit Celine und Jesse gealtert sind. «Es ist schön, dass die Zeit vergeht; was zählt, ist die Liebe zum Leben», stellt Celine fest; Jesse entgegnet: «Das ist gut, mit dem Leben komme ich zurecht.»
Alle Romantiker freuen sich, dass die beiden es versuchen und an die wahre Liebe glauben, auch wenn sie vom Alltag manchmal verdeckt wird. Alle Zyniker freuen sich, dass sie Recht hatten: Die Liebe ist Arbeit und der Zauber des Verliebtseins nur eine Illusion, die wieder vergeht.
Damit ist der Film für kein Beziehungsdrama, sondern dessen Analyse geworden. So kann sich jeder – je nach persönlichen Erfahrungen – an irgendeiner Stelle wieder finden und bestätigt fühlen. Und wie geht es mit Celine und Jesse weiter? Hoffen wir einfach, dass wir sie 2022 wieder sehen dürfen!