Das iranische Kino ist hierzulande vor allem bekannt für komplexe moralische Dramen wie zuletzt „A Hero“ von Regisseur Asghar Farhadi oder mehr oder weniger explizite politische Kritik wie bei Jafar Panahi („Taxi Teheran“ 2015). Dagegen kommen Filme aus Vorderasien über und für Kinder und Jugendliche hierzulande selten auf die Leinwand.
Info
Sun Children
Regie: Majid Majidi,
99 Min., Iran 2020;
mit: Rouhollah Zamani, Shamila Shirzad, Javad Ezzati
Weitere Informationen zum Film
Stehlen, um zu überleben
Bereits die ersten Szenen bieten einen ungefilterten Blick auf die harten Seiten von Teheran: In einem Armenviertel hält sich eine Clique um den 12-jährigen Ali (Rouhollah Zamani) mit kleinen Diebstählen, Handlanger-Arbeiten in Werkstätten oder als Straßenhändler über Wasser. Alis Mutter kann sich nicht um ihn kümmern, weil sie wegen seines gewalttätigen Junkie-Vaters im Krankenhaus gelandet ist; im Nachbarland von Afghanistan ist mehr als eine Million Menschen heroinabhängig. Daher muss sich der Junge allein durchschlagen. Sein Freund Abofazl (Abofazl Shirzad) wird als afghanischer Flüchtling nur geduldet; dabei muss er zum Lebensunterhalt seiner Familie beitragen.
Offizieller Filmtrailer
Auftrag vom Unterweltkönig
In ihrem heruntergekommen Viertel kennen sich die Heranwachsenden aus; die engen Gassen, schäbigen Kleinbetriebe, unübersichtlichen Ladenzeilen und der malerisch unaufgeräumte Schrottplatz des lokalen Unterweltkönigs sind ihr Revier. Er hat einen verlockenden Auftrag für die Jungen: Sie sollen einen Schatz für ihn heben, der in einem Tunnel unter der gemeinnützigen „Sun School“ versteckt ist.
Um an ihn heranzukommen, müssen sich die Straßenkinder in der Schule anmelden – gesagt, getan. Damit fangen ihre Schwierigkeiten aber erst an: Sie müssen sich unbemerkt zu den vermeintlichen Preziosen durchgraben. Dieses gefährliche Unterfangen stellt allmählich auch die Freundschaft der Jungen auf die Probe. Umso größer ist ihre Enttäuschung, als sie die wahre Natur des Schatzes erkennen.
Gangsterfilm der gemütlichen Art
Ihre Schatzsuche inszeniert Majidi wie einen Gangsterfilm der gemütlichen Art – gedreht wurde an Originalschauplätzen. Das gibt ihm eine dokumentarische Anmutung und entwirft ein präzises Bild der kargen Lebensumstände seiner Protagonisten. Majidi beschönigt sie nicht; aber die lichtdurchfluteten, mitunter traumhaften Bilder machen sie für die Zuschauer erträglicher.
Hintergrund
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Am Ende ein leeres Haus
Die Sympathien liegen eindeutig bei den Kindern, die in der Schule neue Perspektiven für ihre Zukunft entwickeln oder alte Ambitionen wieder entdecken – dank des Umstands, dass ihre Lehrer sich ehrlich darum bemühen, jeden Schüler zu fördern. Einen der Freunde, der offenbar ein Mathe-Talent ist, wollen sie sogar auf eine weiterführende Schule schicken. Darüber hinaus thematisiert der Film beiläufig auch gesellschaftliche Probleme wie das Elend von Straßenkindern, Ressentiments gegen afghanische Flüchtlinge oder Drogenkriminalität.
Die raue Realität bricht auch über die Schule selbst herein: Sie ist für ihren Betrieb auf Spenden angewiesen, die aber zu spärlich tröpfeln. Daran ändert auch ein Schulfest für mögliche Mäzene nichts, dass die Kinder mit viel Herzblut ausrichten. Sie wollen alles dafür tun, dass dieser Ort, an dem sie sich sicher und verstanden fühlen, erhalten bleibt – was man ihnen sehnlich wünscht. Die letzte Einstellung jedoch zeigt das leere Schulhaus: Dieser stumme, bittere Kommentar transportiert mehr als nur das traurige Ende der Handlung.