Anstelle obskurer Neo-Tempelritter hätte sich Anders Behring Breivik besser dieser Terror-Truppe angeschlossen: Sechs Industrial Musicians blasen ihrer Muzak-verseuchten Umwelt den Marsch und bringen mit überfallartigen Gastspielen die Verhältnisse zum Tanzen. Ihr Motiv: beleidigte Künstler-Ehre.
Info
Sound of Noise –
Die Musik-Terroristen
Regie: Ola Simonsson + Johannes Stjärne Nilsson, Schweden 2010, 102 min.;
mit: Sanna Halapi, Bengt Nilsson, Magnus Börjeson
Slide-Guitar unter Hochspannung
Aus Rache führt das Sextett eine «Music for one city and six drummers» in vier Sätzen auf. Mit einprägsamen Titeln wie «Doctor, Doctor, gimme some gas (in the ass)»: Das Stück wird auf dem Bauch eines mit Helium aufgepumpten Klinik-Patienten gespielt. Oder «Money 4 U Honey» in einer Bank-Filiale: Zum Takt von PC-Tastatur und Registrierkasse setzen raschelnde Geldscheine, die im Aktenvernichter zerschnipselt werden, akustische Akzente. Höhepunkt ist «Electric Love»: Slide-Gitarre auf Hochspannungsleitungen, mit und ohne Stromausfall. Vorher hat die Band noch die halbe Philharmonie in Trümmer gelegt.
Offizieller Filmtrailer (Original mit englischen Untertiteln)
Allerdings sind die grandiosen Jam Sessions nicht abendfüllend. Als Conferencier springt während der Umbaupausen Polizei-Kommissar Amadeus Warnebring ein. Er verfolgt die Terroristen mit absolutem Gehör: Alles, was sie berührt haben, bleibt für ihn mucksmäuschenstill. So macht er sie dingfest und verdonnert sie zur Höchststrafe: als Unterhaltungs-Kapelle Cha Chas in Ferien-Clubs spielen. Das ist schlimmer als lebenslänglich.
Extended Version eines Kurzfilms
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Die Rahmenhandlung um den Melodien hassenden Polizisten ist eine recht bemühte Parodie auf Schweden-Krimis; ihre Gags zünden ähnlich langsam wie bei «Leningrad Cowboys Go America» von Aki Kaurismäki. Allerdings sind Musiker selten für ihr komisches Talent bekannt. Sie sollen ihren Instrumenten faszinierende Klänge entlocken. Das gelingt den sechs Hardcore-Drummern, indem sie die ganze Stadt zum Scheppern bringen: mit Rhythmus, bei dem jeder mit muss.