
Warum interessiert Sie die Folksong-Bewegung in den USA der 1960er Jahre so sehr, dass Sie ihr diesen Film widmen?
Joel: Wir teilen beide den gleichen Enthusiasmus für diese Musik. Als wir noch Kinder waren, hörten wir die Songs im Radio rauf und runter. Bob Dylan wurde zum Aushängeschild dieser Bewegung, die aber schon vor seinem Auftreten existierte – und genau diese Zeit davor wollen wir in unserem Film beleuchten.
Llewyn Davis ist jedoch eine fiktive Figur.
Info
Inside Llewyn Davis
Regie: Ethan + Joel Coen,
105 Min., USA/ Frankreich 2013;
mit: Oscar Isaac, Justin Timberlake, Carey Mulligan
George Clooney machte lipsync
Wie haben Sie Oscar Isaac für die Hauptrolle gefunden?
Ethan: Wir wollten zuerst die Rolle von einem richtigen Sänger spielen lassen, weil im Film sehr viel live gesungen werden sollte. Das Problem war nur, dass wir keinen Sänger finden konnten, der auch gut schauspielert. Also gingen wir den umgekehrten Weg. Doch erst als Oscar zum casting erschien, waren wir uns sicher, jemanden gefunden zu haben, dem man abnimmt, singen zu können.
Joel: Natürlich hätte man auch einen Schauspieler nehmen können, der nur so tut, als ob er singt, während die Stimme vom Band kommt. So sind wir mit George Clooney in „O Brother, Where Art Thou?“ verfahren: Er musste einen Song vortragen, den er aber nicht selbst sang. Doch hier hätte das nicht funktioniert: Dafür steht die Figur von Llewyn Davis zu sehr im Mittelpunkt des Geschehens.
Offizieller Film-Trailer von "Inside Llewyn Davis"
Eine Woche Zeit für Justin Timberlake
Wie haben Sie Pop-Ikone Justin Timberlake dazu überredet, hier als Jim einen Folksong zu singen?
Ethan: Das ist eigenartig, aber genau das amüsierte uns daran, und auch Justin gefiel die Idee, sich im Film als Folksänger auszugeben.
Joel: Er ist eben Musiker und will sich nicht nur auf eine Stilrichtung festlegen lassen; er hat seine Sache großartig gemacht. Vor den Dreharbeiten ließen wir ihm eine Woche zum Proben. Justin hat sich in dieser Woche wirklich reingekniet, um herauszufinden, wie die Songs zu klingen haben.
Viele Fotos von Manhattan 1961
War es schwierig, das New York der 1960er Jahre auf der Leinwand wieder zum Leben zu erwecken?
Ethan: Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es natürlich, in New York einen Film zu drehen, der in der Vergangenheit spielt. Die Stadt hat sich verändert, auch wenn Teile der Architektur geblieben sind. Mit heutiger Digital-Technologie ist es allerdings möglich, Hintergründe entsprechend zu verändern. Für manche Szenen haben wir in Straßen gedreht, die dem damaligen look noch am nächsten kommen.
Joel: Unsere Design-Abteilung hat viel recherchiert. Glücklicherweise existieren aus dem Jahr 1961 besonders viele Fotografien, die zeigen, wie es damals in Manhattan ausgesehen hat.
Wir haben nichts gegen blockbuster
Ihr letzter Film „True Grit“ war ein Kassenschlager. Jeder nahm an, Sie würden wahrscheinlich weiter auf der Mainstream-Schiene bleiben. Warum überraschen Sie stattdessen mit einem neuen arthouse-Film?
Hintergrund
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Generell denken wir aber nicht so, dass unser nächster Film den Erfolg des vorherigen noch überflügeln müsste. „Inside Llewyn Davis“ ist mit einem kleineren Budget entstanden. Wir stehen nicht unter finanziellem Druck, glauben aber dennoch, dass der Film auf seine Weise ein Erfolg wird.
Ein geringeres Budget bedeutet auch: eine kleinere Story. Ist das nicht ebenso ein Wagnis?
Joel: Das stimmt. Es geht um eine Figur, der nichts besonders Aufregendes oder Furchtbares passiert, sondern die sich mehr oder weniger treiben lässt; das ist die Story. Um sie interessant zu erzählen, muss man sich emotionale Situationen ausdenken, die das Publikum für wichtig genug hält, um der Figur weiterhin folgen zu wollen. Das war die große Aufgabe, die wir uns mit diesem Film gestellt haben; und ich glaube, es ist uns gelungen.